Zunächst einmal kann man sagen: Sie haben sehr gut verdient in den letzten 30 Jahren. Und es war klar, dass sich diese Zuckermarktordnung sich nicht ewig hält. Das heißt, ich kann nur hoffen, dass die das auch realistisch gesehen haben und Rücklagen gebildet haben. Wenn sie das nicht haben, dann haben sie die Situation an die Wand gefahren.
Buntzel-Cano kommt vom Evangelischen Entwicklungsdienst. Und deshalb freut er sich über den Abbau heimischer Zucker-Privilegien, weil nur so dem Zuckeranbau in den Entwicklungsländern zu helfen ist.
Wir finden, dass die sehr extensiven Exporte, die subventioniert werden müssen – entweder direkt oder indirekt durch die sogenannte Quersubventionierung – dass das der eigentliche Sündenfall der Zuckermarktordnung ist, und dass an der Stelle auf jeden Fall ein Rückziehen von den Weltmärkten passieren muss mit Hilfe von Quotenreduzierung, mit Hilfe des C-Zucker-Exportverbots.
C-Zucker ist Überschuss, der bisher teuer subventioniert auf den Weltmärkten landete. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben: Die Subventionen sollen sinken, sogar ein Exportverbot steht im Raum. Zusammen mit der angepeilten Quotenminderung für den sogenannten A- und B-Zucker, das sind die Kontingente für den heimischen Bedarf, soll künftig Platz für Zuckerimporte aus armen Entwicklungsländern entstehen. Allein im Rahmen des sogenannten EBA-Abkommens sollen Entwicklungsländer bis zu 3,2 Millionen Tonnen Zucker pro Jahr zollfrei in die EU exportieren dürfen. Auch die Ärmsten der Armen – die sogenannten LDC-Länder – erhalten Kontingente von der EU – und das – so Klaus Frohberg – Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung, Bonn, ist aktive Entwicklungshilfe:
Die kleinen Länder haben natürlich große Vorteile auch dadurch, weil teilweise in diesen Ländern, obwohl absolut die Zuckerproduktion niedrig ist, aber der Anteil der Zuckerproduktion an der Landwirtschaft relativ hoch ist. Es wird dadurch die Landwirtschaft gefördert und nicht etwa die Industrie oder der Dienstleistungssektor.
Jedoch: Alles was die Entwicklungsländer finanziell unterstützt, ist nicht automatisch gut für die Menschen, die dort leben. Im Rohrzuckeranbau dominieren Großgrundbesitzer mit riesigen Plantagen, die sich traditionell wenig um gute Arbeitsbedingungen bemühen. Lohndumping, Kinderarbeit: Kein Wunder, dass sich die Zuckerbarone die Gewerkschaften möglichst vom Leib halten. Rudolf Buntzel-Cano vom Evangelischen Entwicklungsdienst würde die Exportkontingente der Entwicklungsländer am liebsten an "Sozialstandards" koppeln. Nur wer die Menschenrechte achtet, darf den Zucker liefern.
Erstmal kann man ja ausmachen, dass ein bestimmter Anteil der Produktion von den Bauern kommen muss. Zweitens aber geht es uns vor allem darum, wir haben diese Forderung zusammen entwickelt mit dem Internationalen Bund der Nahrungsgewerkschaften, die Gewerkschaftsrechte zu stärken. Das heißt also, der Aufbau von Zucker in diesen neuen LDC-Staaten darf auf keinen Fall passieren, ohne dass nicht die Gewerkschaft als ein wichtiger Verhandlungspartner von Anfang an dabei sind und damit die Sozialbedingungen auch mit aushandeln können.
Noch gibt es keine Sozialstandards. Nach den Plänen der EU-Kommission dürfen ab 2009 grundsätzlich alle LDC-Länder in die EU exportieren: Everything but arms – alles außer Waffen – also auch Zucker. Spätestens dann werden Länder wie Mosambik oder Uganda mit dabei sein, deren Zuckerproduktion durch Krieg und Vertreibung völlig am Boden liegt. Mit der neuen Exportmöglichkeit bekommen solche Staaten erstmals wieder eine Chance, ein wirtschaftliches Standbein aufzubauen. Doch nicht alle Entwicklungsländer werden nach Ansicht von Klaus Frohberg profitieren.
Ich glaube, man muss unterscheiden in Länder, die Nettoexporteure sind, weil es nämlich einen Anstieg des Weltzuckermarktpreises geben wird. Der führt in den Exportländern zu einem Vorteil, weil dadurch mehr Zucker produziert und exportiert werden kann. Andererseits müssen die Importländer mehr für den Zucker bezahlen und die Konsumenten haben dadurch Verluste. Also, es hat positive und negative Wirkungen, je nachdem, was ein Land gerade ist, Netto-Exporteur oder –Importeur ist.
Brasilien wird in jedem Fall zu den Gewinnern der EU-Liberalisierung zählen. Brasilianische Plantagen könnten den gesamten europäischen Zuckerbedarf problemlos decken, Rohrzucker ist zudem 30 Prozent billiger als Rübenzucker, und die brasilianische Regierung übt sich täglich im Protektionismus. Und solange dies so ist, wird es eine völlige Liberalisierung der Europäischen Zuckermarktordnung niemals geben können. Die Einfuhren bleiben auf lange Sicht kontingentiert. Aber das dürfte für die deutschen Landwirte nur ein schwacher Trost sein. Alternativen zum Zucker? Vielleicht Bioäthanol, urteilt Jürgen Zeddies – Agrarökonom an der Universität Hohenheim:
Technisch eignet sich die Zuckerrübe hervorragend zur Herstellung von biogenen Kraftstoffen, einem Vergärungsverfahren. Die Erträge bei Zuckerrüben sind sehr hoch pro Hektar, und die Produktionskosten lassen sich auch in einer Größenordnung gestalten, so dass ich die Hoffnung habe, dass in Zukunft auch die Zuckerrübe eine Energiepflanze sein kann. Im Moment ist es allerdings so, dass der Rohstoff Zucker aus der Zuckerrübe mit Getreide konkurriert. Auch Getreide als Stärkepflanze kann man sehr gut nutzen, um Bioäthanol herzustellen, und die Getreidepreise auf dem Weltmarkt sind auch sehr niedrig, so dass dieses eher lohnend ist. Im Moment.
Wie auch immer die Landwirte reagieren: "Soviel wie heute – mit Zucker - werden sie nicht verdienen", so das Urteil von Dietrich Klein, Geschäftsführer der Arbeitsgruppe landwirtschaftliche Biokraftstoffe im Deutschen Bauernverband. Ein Strukturwandel ist in jedem Fall erforderlich. Und da muss der Zuckerrübenbauer, dem die Quoten entschwinden, einfach mal in sich kehren, meint der Bundestagsabgeordnete Hans-Michael Goldmann, Obmann der FDP Fraktion im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
In bestimmten Regionen Deutschlands, oben zum Beispiel bei uns in Norddeutschland, da gab’s früher die Polderfürsten, die haben Getreide produziert. Heute können sie mit Getreide kein Geld mehr verdienen, heute machen sie etwas mit regionaler Vermarktung, machen etwas mit Ferien auf dem Bauernhof, das sind alles keine Riesenmärkte, das weiß ich wohl, aber wenn man jede Nische nutzt, glaube ich, dass man dann auch Alternativen aufzeigt.
Buntzel-Cano kommt vom Evangelischen Entwicklungsdienst. Und deshalb freut er sich über den Abbau heimischer Zucker-Privilegien, weil nur so dem Zuckeranbau in den Entwicklungsländern zu helfen ist.
Wir finden, dass die sehr extensiven Exporte, die subventioniert werden müssen – entweder direkt oder indirekt durch die sogenannte Quersubventionierung – dass das der eigentliche Sündenfall der Zuckermarktordnung ist, und dass an der Stelle auf jeden Fall ein Rückziehen von den Weltmärkten passieren muss mit Hilfe von Quotenreduzierung, mit Hilfe des C-Zucker-Exportverbots.
C-Zucker ist Überschuss, der bisher teuer subventioniert auf den Weltmärkten landete. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben: Die Subventionen sollen sinken, sogar ein Exportverbot steht im Raum. Zusammen mit der angepeilten Quotenminderung für den sogenannten A- und B-Zucker, das sind die Kontingente für den heimischen Bedarf, soll künftig Platz für Zuckerimporte aus armen Entwicklungsländern entstehen. Allein im Rahmen des sogenannten EBA-Abkommens sollen Entwicklungsländer bis zu 3,2 Millionen Tonnen Zucker pro Jahr zollfrei in die EU exportieren dürfen. Auch die Ärmsten der Armen – die sogenannten LDC-Länder – erhalten Kontingente von der EU – und das – so Klaus Frohberg – Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung, Bonn, ist aktive Entwicklungshilfe:
Die kleinen Länder haben natürlich große Vorteile auch dadurch, weil teilweise in diesen Ländern, obwohl absolut die Zuckerproduktion niedrig ist, aber der Anteil der Zuckerproduktion an der Landwirtschaft relativ hoch ist. Es wird dadurch die Landwirtschaft gefördert und nicht etwa die Industrie oder der Dienstleistungssektor.
Jedoch: Alles was die Entwicklungsländer finanziell unterstützt, ist nicht automatisch gut für die Menschen, die dort leben. Im Rohrzuckeranbau dominieren Großgrundbesitzer mit riesigen Plantagen, die sich traditionell wenig um gute Arbeitsbedingungen bemühen. Lohndumping, Kinderarbeit: Kein Wunder, dass sich die Zuckerbarone die Gewerkschaften möglichst vom Leib halten. Rudolf Buntzel-Cano vom Evangelischen Entwicklungsdienst würde die Exportkontingente der Entwicklungsländer am liebsten an "Sozialstandards" koppeln. Nur wer die Menschenrechte achtet, darf den Zucker liefern.
Erstmal kann man ja ausmachen, dass ein bestimmter Anteil der Produktion von den Bauern kommen muss. Zweitens aber geht es uns vor allem darum, wir haben diese Forderung zusammen entwickelt mit dem Internationalen Bund der Nahrungsgewerkschaften, die Gewerkschaftsrechte zu stärken. Das heißt also, der Aufbau von Zucker in diesen neuen LDC-Staaten darf auf keinen Fall passieren, ohne dass nicht die Gewerkschaft als ein wichtiger Verhandlungspartner von Anfang an dabei sind und damit die Sozialbedingungen auch mit aushandeln können.
Noch gibt es keine Sozialstandards. Nach den Plänen der EU-Kommission dürfen ab 2009 grundsätzlich alle LDC-Länder in die EU exportieren: Everything but arms – alles außer Waffen – also auch Zucker. Spätestens dann werden Länder wie Mosambik oder Uganda mit dabei sein, deren Zuckerproduktion durch Krieg und Vertreibung völlig am Boden liegt. Mit der neuen Exportmöglichkeit bekommen solche Staaten erstmals wieder eine Chance, ein wirtschaftliches Standbein aufzubauen. Doch nicht alle Entwicklungsländer werden nach Ansicht von Klaus Frohberg profitieren.
Ich glaube, man muss unterscheiden in Länder, die Nettoexporteure sind, weil es nämlich einen Anstieg des Weltzuckermarktpreises geben wird. Der führt in den Exportländern zu einem Vorteil, weil dadurch mehr Zucker produziert und exportiert werden kann. Andererseits müssen die Importländer mehr für den Zucker bezahlen und die Konsumenten haben dadurch Verluste. Also, es hat positive und negative Wirkungen, je nachdem, was ein Land gerade ist, Netto-Exporteur oder –Importeur ist.
Brasilien wird in jedem Fall zu den Gewinnern der EU-Liberalisierung zählen. Brasilianische Plantagen könnten den gesamten europäischen Zuckerbedarf problemlos decken, Rohrzucker ist zudem 30 Prozent billiger als Rübenzucker, und die brasilianische Regierung übt sich täglich im Protektionismus. Und solange dies so ist, wird es eine völlige Liberalisierung der Europäischen Zuckermarktordnung niemals geben können. Die Einfuhren bleiben auf lange Sicht kontingentiert. Aber das dürfte für die deutschen Landwirte nur ein schwacher Trost sein. Alternativen zum Zucker? Vielleicht Bioäthanol, urteilt Jürgen Zeddies – Agrarökonom an der Universität Hohenheim:
Technisch eignet sich die Zuckerrübe hervorragend zur Herstellung von biogenen Kraftstoffen, einem Vergärungsverfahren. Die Erträge bei Zuckerrüben sind sehr hoch pro Hektar, und die Produktionskosten lassen sich auch in einer Größenordnung gestalten, so dass ich die Hoffnung habe, dass in Zukunft auch die Zuckerrübe eine Energiepflanze sein kann. Im Moment ist es allerdings so, dass der Rohstoff Zucker aus der Zuckerrübe mit Getreide konkurriert. Auch Getreide als Stärkepflanze kann man sehr gut nutzen, um Bioäthanol herzustellen, und die Getreidepreise auf dem Weltmarkt sind auch sehr niedrig, so dass dieses eher lohnend ist. Im Moment.
Wie auch immer die Landwirte reagieren: "Soviel wie heute – mit Zucker - werden sie nicht verdienen", so das Urteil von Dietrich Klein, Geschäftsführer der Arbeitsgruppe landwirtschaftliche Biokraftstoffe im Deutschen Bauernverband. Ein Strukturwandel ist in jedem Fall erforderlich. Und da muss der Zuckerrübenbauer, dem die Quoten entschwinden, einfach mal in sich kehren, meint der Bundestagsabgeordnete Hans-Michael Goldmann, Obmann der FDP Fraktion im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
In bestimmten Regionen Deutschlands, oben zum Beispiel bei uns in Norddeutschland, da gab’s früher die Polderfürsten, die haben Getreide produziert. Heute können sie mit Getreide kein Geld mehr verdienen, heute machen sie etwas mit regionaler Vermarktung, machen etwas mit Ferien auf dem Bauernhof, das sind alles keine Riesenmärkte, das weiß ich wohl, aber wenn man jede Nische nutzt, glaube ich, dass man dann auch Alternativen aufzeigt.