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Die Zugspitze wird abgedeckt

Die Luftaufnahmen vom Kilimandscharo in Afrika zeigen es: Der Schnee wird nur noch für wenige Jahre reichen. Aus China kommt die Meldung: Die Gletscher im Hochland von Tibet, dem so genannten Dach der Welt, gehen jährlich um sieben Prozent zurück. Die Klimaveränderung hat unseren Planeten längst erreicht. Auch auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg mit fast 3.000 Metern ist der Gletscher bedroht.

Von Sabine Wuttke |
    " Gerade im Hochsommer, da plätschert richtig das Wasser, der schmilzt so von unten her ab, das sind richtige kleine Bächlein oder große eigentlich. Schade, er läuft halt wirklich davon. "

    Seit sechs Jahren ist Barbara Schaller Schaffnerin auf der Eibsee-Seilbahn, die auf die Zugspitze fährt. Seitdem kann sie das Schmelzen des Gletschers mit verfolgen. Was sie beobachtet, belegt Ludwig Ries mit Zahlen. Als Messstellenleiter im Schneefernerhaus auf Deutschlands höchstem Berg ist er - geografisch gesehen - der höchste Mitarbeiter des Umweltbundesamtes.

    " Die Eisfläche war hier oben sechs Mal größer, 300 ha, heute haben wir noch knapp 50 ha. An extrem warmen Tagen können bis zu 500.000 Liter abschmelzen, etwa ein Sechstel dessen, was eine Großstadt wie München an einem Tag an Trinkwasser verbraucht. "

    Die weltweite Erwärmung der Atmosphäre ist der Grund dafür. Ursprünglich war der Gletscher auch im Sommer durch den Schnee vor der Sonne geschützt:

    " Die weiße Farbe des Schnees bewirkt, dass 97 Prozent oder mehr zurück gestrahlt werden. Dadurch hält sich einfach der Schnee lange. Wenn jetzt in der warmen Jahreszeit die Hitze sehr überhand nimmt, dann schmilzt der Schnee stark, und dann nehmen einfach auch Stäube, die aus der Atmosphäre dazu getragen werden, überhand. Und dann kann es sogar so sein, dass der Schnee grau wird oder stellenweise sogar auch schwarz. "

    Beides ist für den Gletscher tödlich. Denn der Schnee schützt ihn vor der Sonne, und die dunklen Stäube aus der Atmosphäre werden direkt in Energie umgewandelt, die wiederum das Schmelzen beschleunigt. Die Versuche, zu retten, was noch da ist, sind außergewöhnlich. Er wird mit weißen Planen abgedeckt. Die Planen sind also eine Art kühlender Wickel, stellenweise zumindest. In der weißen Weite erscheint der behandelte Teil oben an der Bergstation des Gletscherseelifts winzig. Frank Huber, Betriebsleiter bei den Bergbahnen nimmt mich mit der Pistenraupe mit zur Bergstation. Der Anblick ist sehr zwiespältig: In dieser großartigen Landschaft ein ca. fußballfeldgroßer Buckel, darüber eine Plane, in viele Felder unterteilt, darüber Seile gezurrt, am Rand dicke, quadratische Holzbalken zum Beschweren. Darunter Schnee, viel Schnee.

    " Das ist ein fortlaufender Prozess, den wir über die Jahre hinweg ja schon betreiben erstens durch gezielte Lawinensprengmaßnahmen, während der Saison durch das so genannte Snowfarming. Das heißt, wir beobachten aus welchen Richtungen der Wind kommt, die Hauptschlechtwetter-Richtung ist bei uns Nordwesten. Von daher wissen wir schon, wo lagert sich der Schnee ab. Wir versuchen dann dort, natürliche Schneezäune zu errichten, einen Schneewall, um den Schnee dort zu binden, und ja, letztendlich zu deponieren und dann später abzudecken. Das fängt beim ersten Schneefall im Oktober vor der Skisaison schon an. Das sind Tausende von Kubikmetern. "

    Ursprünglich wurden einfache LKW-Planen verwendet, jetzt sind es spezielle Gletschermatten.

    " Die Oberseite ist so konstruiert, dass sie die UV-Strahlen reflektiert, und unten ist eine Isolierschicht, damit unter den Matten der Schnee konserviert wird. "

    Eine Methode, die funktioniert, wie auch Ludwig Ries bestätigt:

    " Und in der Tat, am Ende des Sommers, sieht man dort, wo die Folie gewesen ist, eine dickere Schneeauflage, die einfach konserviert wurde dadurch. "

    Die Rechnung der Bergbahnen scheint aufzugehen:

    " Klar, das Ziel ist, auf der einen Seite den Gletscher in dem Bereich zu erhalten, wo wir ihn dringend brauchen, um den Skibetrieb aufrecht zu erhalten. Das ist die eine Seite. Und natürlich auch Kosten zu sparen, weil wir ja genau wissen, tun wir das nicht, müssen wir spätestens im Herbst unendliche viele Stunden, Maschinenstunden mit Pistenraupen, mit Baggern, bis zum Bulldozer müssten wir dann wieder aufwenden, um das abzufangen. "

    Global wird sich die Temperatur um ein Grad erhöhen, speziell in Bayern sogar um zwei Grad, so die Prognosen der Klimaforscher. Für den Fall, dass der Gletscher auf der Zugspitze nicht erhalten werden kann, prophezeit der Leiter des Instituts für Atmosphärische Umweltforschung, Professor Wolfgang Seiler in Garmisch-Partenkirchen...

    "...dass dann der erste Schnee, der da fällt, nicht liegen bleibt. Und das bedeutet, dass dann die Skisaison nicht so früh wie jetzt begonnen werden kann. Und alle wissen, dass diejenigen, die als erstes die Möglichkeit nutzen, um Ski zu laufen, denen ist egal, was sie zahlen. Und, wenn diese Saison nicht auf der Zugspitze erhalten bleibt, dann ist das ein erheblicher finanzieller Verlust für die Bayerische Zugspitzbahn aber auch für die Marktgemeinde. "

    Doch es gibt auch Hoffnung. Der 1.Bürgermeister Thomas Schmid:

    " Ich habe geholfen, vor zwei Jahren einen Agenda 21-Prozess in Garmisch-Partenkirchen aus der Taufe zu heben. Und wir werden so etwas wie einen Luftreinhalteplan haben, das ist in Ausarbeitung mit dem Umweltforschungsinstitut. "