"Es gibt keine großen Leitfiguren mehr in der Philosophie, keine überragenden philosophischen Intellektuellen, und ich glaube, dass das ein Riesenproblem ist, dass wir nicht wissen, wohin die Philosophie sich entwickelt. Und dann fragt man nach der Zukunft, versucht sich anhand dieser Frage selbst zu vergewissern, wohin der Weg führt."
Der Weg in die Zukunft, den der Philosoph Christoph Asmuth von der TU Berlin hier sucht, führt - und das ist kein Ergebnis der Tagung, sondern quasi ihre Vorrausetzung - gradewegs in die Vergangenheit, hin zu den Anfängen der Disziplin, an deren Ursprung erst das Staunen und dann das Nachfragen stand.
"Die Selbstbesinnung, die Selbstvergewisserung der Philosophie auf ihre eigenen Kernkompetenzen, das ist zugleich die Selbstversicherung ihrer eigenen genuinen Themen, und wenn man das sieht, sind es immer noch dieselben Fragen, die schon im antiken Griechenland formuliert wurden, die in der Philosophie geschlummert haben, die manchmal aufgewacht sind, an bestimmten entscheidenden Punkten dann auch neu diskutiert wurden, und das versuchen wir heute auch."
"Anders als etwa in den Erfahrungswissenschaften, wo man sagen könnte, dort und dort ist im Augenblick die Forschung im Gang, muss man sagen, dass Philosophie immer noch ist, was Kant mal sehr auf den Punkt gebracht hat: nämlich vier große Fragen. Die erste: Was kann ich wissen, die zweite: Was soll ich tun, die dritte: Was darf ich, was kann ich hoffen, die vierte und umgreifende: Was ist der Mensch?"
Fasst der Berliner Philosophieprofessor Hans Poser die philosophischen Kerngedanken zusammen. Doch so grundsätzlich und allzeit aktuell diese Fragestellungen sind - die Philosophie steht mit dem Rücken an der Wand, meint zumindest Christoph Asmuth:
"Die Philosophie hat eine Krise, die ist vielleicht nicht neu, es hat was damit zu tun, dass sich die Moderne auf diese Art und Weise entwickelt hat, es hat mit Zersplitterung zu tun, Pluralität und all solchen Dingen, es hat was damit zu tun, das die großen Paradigmen der letzten hundert Jahre eigentlich im Augenblick nicht mehr richtig greifen. Da ist einmal die analytische Philosophie, die amerikanische Tradition, bei der wir im Augenblick beobachten, dass sie selbst krisengeschüttelt ist und das Andere ist sicher für uns Europäer bedeutender: die sogenannte Postmoderne. Da kann man auch sehen, das da kein frischer Wind mehr weht."
Die Philosophie befindet sich nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen intellektuellen Disputs, sondern steht zumindest in Gefahr, von den Naturwissenschaften an den Rand gedrängt und marginalisiert zu werden, meint auch Albert Mues von der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Die Schuld dafür läge allerdings auch bei den Philosophen selbst:
"Was ist in den letzten 200 Jahren nach Kant überhaupt passiert? Was haben die Kantianer gemacht bezüglich der Physik, da brauchen wir jetzt gar nicht mal unbedingt Biologie zu nennen? Was haben die Philosophen gemacht, wo 1858 der Darwinismus aufkommt, der ja nicht falsch ist? Aber das jetzt mal zu sieben und zu sagen: Hier an der Stelle ist der Begriff nicht richtig oder das ist noch falsch, also Darwins Kontinuitätsthese, es geht alles durch und der Mensch ist nichts anderes als ein Produkt von der ersten Amöbe ab, da muss doch mal die Philosophie sagen: Wie verstehst du denn überhaupt Leben. Woher kommst du zum Begriff des Lebens und wie läuft das?"
In seinem brillanten Vortrag stellte Albert Mues die Freiheit des Menschen in den Vordergrund, die dessen Handeln und auch allen theoretischen Bildungen stets vorausgehe, die zweckfrei sei und direkt auf den Kern alles Daseins, einen kritisch reflektieren Begriff des Lebens führe. Dies alles seien Begriffe, die die Naturwissenschaft nur teilweise erklären könne.
"Wenn das Gehirn ein Organ ist, dann ist das Organ nicht identisch mit "ich will" oder mit Freiheit. Aber durch die Freiheit - oder sagen wir - durch das Erkennen kann ich mich beziehen auf das, was ein Organ ist. Also das Organ selbst ist schon ein Begriff, der mich voraussetzt, der diesen Begriff bildet. Was habe ich da gebildet und was habe ich eingesetzt. Ich weiß nicht 1,3 Kilo oder was hat unser Gehirn? Daraus geht nie hervor, dass der Geist 1,3 Kilo oder der Wille 1,3 Kilo schwer ist. Frage an den Gehirnphysiologen - und jetzt an dieser Stelle wirklich scharf werden: Hier implementierst du zuviel. Und umgekehrt darf natürlich der Gehirnphysiologe auch sagen: Na, also wie ihr das macht, geht das nicht. Und jetzt: austarieren."
Für ein selbstbewussteres Auftreten der Philosophie innerhalb der Geisteswissenschaften, für mehr Streitbarkeit und Offenheit auch zwischen den unterschiedlichen philosophischen Strömungen, plädierte Michael Gerten von der Universität Bamberg. Für ihn schließen sich Angewandte Philosophie und die altehrwürdige Prima Philosophia, als die die von Immanuel Kant entwickelte Transzendentalphilosophie auch bezeichnet wird, nicht aus.
"Wenn man jetzt von außen her kommt und denkt, die Philosophie, die soll doch nützlich sein, die Philosophie soll uns Orientierung geben, und sich nicht mit solchen hochspekulativen Fragen beschäftigen, dann teile ich diese Aufgabe. Ich teile die Aufgabe in: dann müssen sich die Philosophen im engeren Kreis ruhig auch öffentlich mit Erstphilosophie beschäftigen, dann aber auch zeigen, wie aus bestimmten Formen von Erstphilosophie eine bestimmte angewandte Philosophie folgt, so dass wir den Nutzen erst in zweiter Instanz haben. Eine bestimmte Prima Philosophia ergibt eine bestimmte angewandte Philosophie und von der Anwendung kommt dann die Orientierung."
In den Naturwissenschaften gehöre Grundlagenforschung, wie sie zum Beispiel an den Max-Planck-Instituten betrieben würde, zum Selbstverständnis dazu. Und auch in der Philosophie müsse diese Grundlagenforschung wieder stärker gefordert und institutionell gefördert werden, meinte Gerten und schlug zu diesem Zwecke die Gründung eines Immanuel-Kant-Instituts vor.
Ein solches Institut wurde während der Berliner Tagung zwar nicht aus der Taufe gehoben, gegründet wurde aber doch und zwar zunächst eine "Internationale Gesellschaft für Transzendentalphilosophie". Hier wollen sich die Wissenschaftler zukünftig auch mit den ethischen Fragen moderner Forschung in allen Disziplinen auseinandersetzen. Denn hier könne grade die Philosophie die gesellschaftliche Diskussion entscheidend bereichern und vorantreiben. Der Gründungspräsident der Gesellschaft, Kai Uwe Gregor:
"Und dann haben wir natürlich über die normativen Fragen, auch über die wissenschaftliche Redlichkeit, mit der Wissenschaft betrieben werden soll, so Regulierungspositionen, die jeder Wissenschaftler eigentlich zugeben würde. Wenn man dann sich mal klar macht, dass das eigentlich jeder voraussetzt, und die Philosophie diese Voraussetzungen nur noch mal betrachtet, also die Selbstverständlichkeiten noch mal auf ihre Struktur prüft, dann kann ich mir eine Wissenschaftslandschaft vorstellen, in der die Philosophie als eine Disziplin unter anderen arbeitsteilig ihren Platz hat und einfach bestimmte Fragen klärt."
Der Weg in die Zukunft, den der Philosoph Christoph Asmuth von der TU Berlin hier sucht, führt - und das ist kein Ergebnis der Tagung, sondern quasi ihre Vorrausetzung - gradewegs in die Vergangenheit, hin zu den Anfängen der Disziplin, an deren Ursprung erst das Staunen und dann das Nachfragen stand.
"Die Selbstbesinnung, die Selbstvergewisserung der Philosophie auf ihre eigenen Kernkompetenzen, das ist zugleich die Selbstversicherung ihrer eigenen genuinen Themen, und wenn man das sieht, sind es immer noch dieselben Fragen, die schon im antiken Griechenland formuliert wurden, die in der Philosophie geschlummert haben, die manchmal aufgewacht sind, an bestimmten entscheidenden Punkten dann auch neu diskutiert wurden, und das versuchen wir heute auch."
"Anders als etwa in den Erfahrungswissenschaften, wo man sagen könnte, dort und dort ist im Augenblick die Forschung im Gang, muss man sagen, dass Philosophie immer noch ist, was Kant mal sehr auf den Punkt gebracht hat: nämlich vier große Fragen. Die erste: Was kann ich wissen, die zweite: Was soll ich tun, die dritte: Was darf ich, was kann ich hoffen, die vierte und umgreifende: Was ist der Mensch?"
Fasst der Berliner Philosophieprofessor Hans Poser die philosophischen Kerngedanken zusammen. Doch so grundsätzlich und allzeit aktuell diese Fragestellungen sind - die Philosophie steht mit dem Rücken an der Wand, meint zumindest Christoph Asmuth:
"Die Philosophie hat eine Krise, die ist vielleicht nicht neu, es hat was damit zu tun, dass sich die Moderne auf diese Art und Weise entwickelt hat, es hat mit Zersplitterung zu tun, Pluralität und all solchen Dingen, es hat was damit zu tun, das die großen Paradigmen der letzten hundert Jahre eigentlich im Augenblick nicht mehr richtig greifen. Da ist einmal die analytische Philosophie, die amerikanische Tradition, bei der wir im Augenblick beobachten, dass sie selbst krisengeschüttelt ist und das Andere ist sicher für uns Europäer bedeutender: die sogenannte Postmoderne. Da kann man auch sehen, das da kein frischer Wind mehr weht."
Die Philosophie befindet sich nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen intellektuellen Disputs, sondern steht zumindest in Gefahr, von den Naturwissenschaften an den Rand gedrängt und marginalisiert zu werden, meint auch Albert Mues von der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Die Schuld dafür läge allerdings auch bei den Philosophen selbst:
"Was ist in den letzten 200 Jahren nach Kant überhaupt passiert? Was haben die Kantianer gemacht bezüglich der Physik, da brauchen wir jetzt gar nicht mal unbedingt Biologie zu nennen? Was haben die Philosophen gemacht, wo 1858 der Darwinismus aufkommt, der ja nicht falsch ist? Aber das jetzt mal zu sieben und zu sagen: Hier an der Stelle ist der Begriff nicht richtig oder das ist noch falsch, also Darwins Kontinuitätsthese, es geht alles durch und der Mensch ist nichts anderes als ein Produkt von der ersten Amöbe ab, da muss doch mal die Philosophie sagen: Wie verstehst du denn überhaupt Leben. Woher kommst du zum Begriff des Lebens und wie läuft das?"
In seinem brillanten Vortrag stellte Albert Mues die Freiheit des Menschen in den Vordergrund, die dessen Handeln und auch allen theoretischen Bildungen stets vorausgehe, die zweckfrei sei und direkt auf den Kern alles Daseins, einen kritisch reflektieren Begriff des Lebens führe. Dies alles seien Begriffe, die die Naturwissenschaft nur teilweise erklären könne.
"Wenn das Gehirn ein Organ ist, dann ist das Organ nicht identisch mit "ich will" oder mit Freiheit. Aber durch die Freiheit - oder sagen wir - durch das Erkennen kann ich mich beziehen auf das, was ein Organ ist. Also das Organ selbst ist schon ein Begriff, der mich voraussetzt, der diesen Begriff bildet. Was habe ich da gebildet und was habe ich eingesetzt. Ich weiß nicht 1,3 Kilo oder was hat unser Gehirn? Daraus geht nie hervor, dass der Geist 1,3 Kilo oder der Wille 1,3 Kilo schwer ist. Frage an den Gehirnphysiologen - und jetzt an dieser Stelle wirklich scharf werden: Hier implementierst du zuviel. Und umgekehrt darf natürlich der Gehirnphysiologe auch sagen: Na, also wie ihr das macht, geht das nicht. Und jetzt: austarieren."
Für ein selbstbewussteres Auftreten der Philosophie innerhalb der Geisteswissenschaften, für mehr Streitbarkeit und Offenheit auch zwischen den unterschiedlichen philosophischen Strömungen, plädierte Michael Gerten von der Universität Bamberg. Für ihn schließen sich Angewandte Philosophie und die altehrwürdige Prima Philosophia, als die die von Immanuel Kant entwickelte Transzendentalphilosophie auch bezeichnet wird, nicht aus.
"Wenn man jetzt von außen her kommt und denkt, die Philosophie, die soll doch nützlich sein, die Philosophie soll uns Orientierung geben, und sich nicht mit solchen hochspekulativen Fragen beschäftigen, dann teile ich diese Aufgabe. Ich teile die Aufgabe in: dann müssen sich die Philosophen im engeren Kreis ruhig auch öffentlich mit Erstphilosophie beschäftigen, dann aber auch zeigen, wie aus bestimmten Formen von Erstphilosophie eine bestimmte angewandte Philosophie folgt, so dass wir den Nutzen erst in zweiter Instanz haben. Eine bestimmte Prima Philosophia ergibt eine bestimmte angewandte Philosophie und von der Anwendung kommt dann die Orientierung."
In den Naturwissenschaften gehöre Grundlagenforschung, wie sie zum Beispiel an den Max-Planck-Instituten betrieben würde, zum Selbstverständnis dazu. Und auch in der Philosophie müsse diese Grundlagenforschung wieder stärker gefordert und institutionell gefördert werden, meinte Gerten und schlug zu diesem Zwecke die Gründung eines Immanuel-Kant-Instituts vor.
Ein solches Institut wurde während der Berliner Tagung zwar nicht aus der Taufe gehoben, gegründet wurde aber doch und zwar zunächst eine "Internationale Gesellschaft für Transzendentalphilosophie". Hier wollen sich die Wissenschaftler zukünftig auch mit den ethischen Fragen moderner Forschung in allen Disziplinen auseinandersetzen. Denn hier könne grade die Philosophie die gesellschaftliche Diskussion entscheidend bereichern und vorantreiben. Der Gründungspräsident der Gesellschaft, Kai Uwe Gregor:
"Und dann haben wir natürlich über die normativen Fragen, auch über die wissenschaftliche Redlichkeit, mit der Wissenschaft betrieben werden soll, so Regulierungspositionen, die jeder Wissenschaftler eigentlich zugeben würde. Wenn man dann sich mal klar macht, dass das eigentlich jeder voraussetzt, und die Philosophie diese Voraussetzungen nur noch mal betrachtet, also die Selbstverständlichkeiten noch mal auf ihre Struktur prüft, dann kann ich mir eine Wissenschaftslandschaft vorstellen, in der die Philosophie als eine Disziplin unter anderen arbeitsteilig ihren Platz hat und einfach bestimmte Fragen klärt."