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Die Zukunft der Wechseljahre

Medizin. – Zum Problemthema Wechseljahre und Hormontherapie erhielten Frauen in den letzen Jahren widersprüchliche Informationen. Anfangs sollte die Hormon-Ersatz-Therapie die direkten Beschwerden wie Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen abfedern helfen. Dann hieß es wieder, eine Dauerbehandlung mit Östrogenen könne dem Herzinfarkt und dem Knochenabbau vorbeugen helfen. Vor zwei Jahren dann stellte sich heraus, dass die dauerhaften Hormongaben dem Gefäßsystem doch nichts nützen, dafür traten die Nebenwirkungen stärker in den Vordergrund, vor allem das leicht erhöhte Brustkrebsrisiko. Bei diesem Hin und Her ist es kein Wunder, dass viele Frauen den künstlichen Hormongaben misstrauen und auf die grüne Alternative ausweichen, auf Östrogene aus Pflanzen. Was man derzeit über Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Phytoöstrogene weiß, wird ab heute auf dem 10. Weltkongress zur Menopause diskutiert.

    Von Volkart Wildermuth

    Pflanzliche Östrogene sind ein Wachstumsmarkt für die Pharmabranche. Präparate aus Sojasprossen und Sojabohnen, aus Rotklee oder der Traubensilberkirsche haben ein grünes, ein gesundes Image, ganz im Gegensatz zu den chemisch hergestellten Östrogenen. Allerdings, ob vom Feld oder aus der Retorte, die Medikamente zielen auf dieselben Wirkorte im Körper. Deshalb hält der Hormonforscher Professor Wolfgang Wuttke von der Universität Göttingen nichts von übertriebenen Werbeaussagen. Besonders die Sojaindustrie verspricht mehr, als ihre Präparate halten können.

    "Es soll nämlich das Brustkrebsrisiko verhindert werden durch diese Sojaprodukte. Das ist durch keine Studie belegt, im Gegenteil, man muss sogar davon ausgehen, dass wie Östrogene selber auch diese Sojaöstrogene das Brustkrebsrisiko steigern. Die Sojaprodukte haben in klinischen Studien keinen Effekt auf klimakterische Beschwerden - also auf aufsteigende Hitzewallungen und so weiter - gehabt. Der einzige positive Effekt, den man wohl klinisch nachweisen kann, ist ein Effekt auf den Kochen. Sojaextrakte scheinen tatsächlich Osteoporose zu verhindern."

    Die Bilanz von Nutzen und Risiko fällt bei den Sojaextrakten nach neueren Studien nicht sonderlich positiv aus. Es gibt aber durchaus Phytoöstrogene, die auch nach den harten Kriterien der klinischen Forschung wirksam und sicher sind. Professor Wolfgang Wuttke hat gerade eine Studie zur Traubensilberkirsche oder Cimicifuga abgeschlossen. Dieser mannshohe Busch wuchert in vielen Landstrichen der USA, ein Extrakt aus seinen Wurzeln ist in Pillen oder Tropfenform schon seit über 40 Jahren auf dem Markt. In Göttingen bestand dieses pflanzliche Präparat den direkten Vergleich mit den chemisch produzierten Östrogenen.

    "Die klimakterischen Beschwerden als solche, also aufsteigende Hitzewallungen anfallendes Herzjagen, Schlaflosigkeit, zu frühes Wachwerden und auch so etwas wie arthritische Beschwerden - Schmerzen an Gelenken - wurden günstig beeinflusst durch beide Präparate, durch Östrogene und durch die Taubensilberkerze. Wir haben im Serum der Frauen, die wir mit diesem Cimicifuga Präparaten behandelt haben, auch so genannte Knochenmarker untersucht, die einen Hinweis darauf geben können, ob der Knochenabbau gefördert oder gebremst wurde. Und auch hier zeigte sich, dass dieser Cimicifuga-Extrakt eine Knochenabbau hemmende Wirkung hat, ähnlich wie Östrogene, wie das mitgetestete Östrogen."

    Das Wirkprofil ist also besser als bei Sojapräparaten. Die Traubensilberkerze scheint aber auch sicherer zu sein. In Tierversuchen fördern die Wurzelextrakte, anders als Soja, das Wachstum der Brustdrüse nicht, sie hemmen es sogar eher. Allerdings gibt es dazu noch keine klinischen Studien am Menschen. Die unterschiedlichen Wirkprofile der Phytoöstrogene rühren daher, dass es im Körper zwei verschiedene Antennen für das weibliche Hormon gibt. Je nach dem, welchen Rezeptor eine Substanz stärker aktiviert, kommt es zu anderen Effekten. Sowohl die Pflanzenindustrie als auch die chemisch orientierten Pharmaunternehmen versuchen deshalb, Medikamente für diese Rezeptoren maßzuschneidern.

    "Designeröstrogene, die zum Beispiel nur auf klimakterische Beschwerden positive Wirkungen haben, nur auf Knochenschwund positive Wirkungen haben, aber keine Wirkung in der Gebärmutter, in der Brust, nach solchen Substanzen wird sehr, sehr aktiv gesucht und wir versuchen natürlich auch, aus der Traubensilberkerze diese Substanzen zu isolieren, denn Substanzen in der Traubensilberkerze haben ja derartige Desiger-Östrogen-Wirkungen und wir werden die hoffentlich in den nächsten Monaten dann auch vorstellen können."

    Pflanzenextrakte haben einen schwankenden Wirkstoffgehalt. Wenn genau bekannt ist, welche Substanzen für die positiven Effekte verantwortlich sind, lassen sich standardisierte Präparate herstellen. Dann könnte sich die Traubensilberkirsche zu einer echten Alternative zu den chemisch synthetisierten Östrogenen in der Therapie von Wechseljahrsbeschwerden und bei der Vorbeugung des Knochenschwundes entwickeln. Frauen, die ganz auf Medikamente verzichten wollen, können ihre Knochen im übrigen auch mit Hilfe von Milch und Sport schützen.