Jochen Spengler: Gestern Abend hat die EU-Kommission eine Neuausrichtung der europäischen Landwirtschaftspolitik vorgeschlagen - im Zuge eines so genannten Gesundheitschecks der Agrarpolitik. Ein Kern des Vorschlags: Die staatlichen Beihilfen für die Agrarbetriebe sollen in den nächsten vier Jahren stufenweise gekürzt werden - bei großen Betrieben, die pro Jahr Subventionen von mehr als 300.000 Euro bekommen, am Ende um 22 Prozent und bei kleinen Betrieben mit Prämien bis zu 100.000 Euro um immerhin noch 13 Prozent. Mit dem eingesparten Geld könnten die EU-Staaten dann Klima- und Umweltschutzprogramme besser ausstatten.
Am Telefon ist nun der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner. Guten Morgen Herr Sonnleitner!
Gerd Sonnleitner: Guten Morgen Herr Spengler.
Spengler: Herr Sonnleitner, Sie protestieren heftig gegen diese EU-Pläne und sagen, sie seien ein Vertrauensbruch. Wieso Vertrauensbruch?
Sonnleitner: Dies ist ein Vertrauensbruch, weil die Agrarreform von 2003 einen Zeitraum umfasst bis 2013. Diese Agrarreform von 2003 hat ja große Anpassungsschwierigkeiten und Herausforderungen für die deutsche Landwirtschaft gebracht. Ich nenne nur die totale Entkoppelung der Zahlungen von der Produktion. Das heißt, dass die Standards bei uns sehr streng überprüft werden. Unsere Betriebe haben sich an den Markt angepasst, an die Marktorientierung, aber sie wussten auch, dass die Zahlungen bis 2013 laufen.
Spengler: Und die sind jetzt nicht mehr gewährleistet?
Sonnleitner: Die sind jetzt nicht mehr gewährleistet, obwohl die Betriebe damit gerechnet haben. Dies ist eben Vertrauensbruch und es heißt ja "Gesundheitsüberprüfung". Wir fassen dies, was jetzt passiert, als Operation oder Amputation auf.
Spengler: Herr Sonnleitner, nun hat sich die Situation ja auch inzwischen deutlich geändert. Wir müssen mehr für Umwelt und Klima tun und der Markt spendiert den Bauern deutlich steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte. Da ist es doch gerecht, wenn der Staat jetzt nicht mehr zubuttert, sondern umschichtet.
Sonnleitner: Gerade diese Zahlungen haben unsere Betriebe stabilisiert, damit wir für Umwelt und die hohen Standards, die wir in Deutschland und in Europa erfüllen müssen, einhalten können. Unsere Preise sind ja nahezu globalisiert, aber die extrem hohen Standards, die haben wir - sei es im Umweltbereich, im Tierschutz, im Verbraucherschutz oder auch im sozialen Bereich. Wir bejahen diesen hohen Standard, aber die kosten uns Geld und die sind uns durch Transferzahlungen ausgeglichen. Darum darf man durch Kürzungen dieser Zahlungen gerade diese hohen Leistungen, die unsere Betriebe für die Gesellschaft erbringen, für den Verbraucher erbringen, nicht schwächen.
Spengler: Heißt das, dass die Preise, die Sie jetzt mehr erzielen für landwirtschaftliche Produkte, nicht ausgleichen, um diese Kürzungen wett zu machen?
Sonnleitner: Wir haben nur im Ackerbau bessere Preise. Wir haben bei Milch, bei Schweinefleisch, bei Rindfleisch sehr schlechte Preise, so dass wir unter dem Strich ja nicht die Einkommenssprünge oder Zuwächse haben, die die Öffentlichkeit immer glaubt. Unter dem Strich sind wir froh, wenn wir gleichbleibende Ergebnisse haben, und die sind insgesamt nicht befriedigend, weil uns die Kosten für Betriebsmittel explodiert sind. Die sind stärker angestiegen wie unsere Preise.
Spengler: Nun liegt mir eine Pressemitteilung gerade Ihres Verbandes vor. Darin steht, dass zwölf Monate lang der Preisindex gestiegen ist und nur jetzt im April ist er etwas zurückgegangen. Das ist doch eigentlich eine anständige Preisentwicklung?
Sonnleitner: Aber Sie müssen beim Preisanstieg sehen, wie gering der ausgefallen ist. Darum habe ich auch unsere Betriebsmittel betont. Das heißt das, was wir zur Führung unserer Betriebe brauchen, was wir zukaufen müssen, das ist stärker gestiegen wie der Preisindex für unsere Produkte.
Spengler: Wie viele Pleiten befürchten Sie denn, wenn sich diese Pläne durchsetzen?
Sonnleitner: Ich würde jetzt nicht von Pleiten sprechen, aber gerade im Osten, in den fünf neuen Bundesländern sind die Betriebe sehr stark betroffen. Die werden Mitarbeiter ausstellen. Bei kleineren und mittleren Betrieben im Westen wird der Strukturwandel schneller vonstatten gehen. Das heißt, dass Betriebe früher aussteigen und leider dann die Hoftore schließen.
Spengler: Warum ist es ungerecht, dass gerade bei den Großbetrieben etwas stärker gekürzt wird als bei den Kleinbetrieben?
Sonnleitner: Zum einen müssen wir die leidvolle Geschichte sehen, was diese Betriebe mitgemacht haben. Zum anderen müssen wir sehen, dass diese großen Betriebe Mehr-Familien-Betriebe sind mit vielen Beschäftigten. Und wenn man die Ausgleichszahlung dann auf den Beschäftigten umrechnet, so ist kein Unterschied zwischen Ost und West.
Spengler: Die großen Betriebe haben aber eigentlich doch Vorteile in der Produktion: bei großen Flächen nämlich automatisch bessere Erträge. Da ist es doch eigentlich gerecht, wenn sie vielleicht nicht ganz so hohe Beihilfen pro Hektar bekommen.
Sonnleitner: Diese Ausgleichszahlungen beruhen ja auf den hohen Standards, die im Natur- und Umweltschutz eingehalten werden müssen. Diese hohen Standards kosten auf jeden Hektar gleich viel Geld. Die kann ich nicht durch Produktivitätssteigerungen reinholen, sondern die habe ich überall. Deswegen darf es hier keinen Unterschied zwischen den Hektarmengen geben.
Spengler: Sind Sie denn jetzt ganz ernst der Meinung, dass Großbetriebe wie EDEKA oder wie RWE oder Müller-Milch diese Kürzung der Subvention nicht verkraften können?
Sonnleitner: Die bekommen ja unter normalen Umständen keine Subventionen, keine Ausgleichszahlungen, weil Exportsubventionen ja zurückgefahren werden oder momentan gibt es sie nicht.
Spengler: Aber sie bekommen ja auch Beihilfen für die Flächen. 310 Euro pro Hektar gibt es im Prinzip an Subvention und die bekommen ja auch Großbetriebe, wenn sie Flächen haben.
Sonnleitner: Das bekommen Betriebe, die Landwirtschaft betreiben, also nicht Golfplätze, was immer zitiert wird, sondern wenn Betriebe Landwirtschaft betreiben, bekommen auch die Geld. Das stimmt, aber auch für die Einhaltung dieser Standards.
Spengler: Deswegen die Frage: Können solche Großbetriebe, die eben halt auch Landwirtschaft betreiben, auch daran beteiligt sind wie EDEKA, RWE oder Müllermilch, nicht mit so einer Kürzung leben?
Sonnleitner: Noch einmal: das sind ganz, ganz wenige Ausnahmen, dass solche großen Betriebe Flächen vorhalten oder Flächen bewirtschaften. Das sind Ausnahmetatbestände, die man im Einzelnen prüfen müsste. Ich rede für die 99,99 Prozent der Bauern, die davon betroffen wären, und das ist meine Politik. Einzelbetriebe müsste man im Einzelfall prüfen.
Spengler: Herr Sonnleitner, die alternative Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft - das ist eine Konkurrenzorganisation, die viel kleiner ist - sieht das ganz anders als Sie. Die hat mir auch eine Pressemitteilung geschickt. Darin steht, dass die EU-Kommission eingeknickt sei vor den rationalisierten landwirtschaftlichen Großbetrieben, weil ursprünglich war eine viel größere Kürzung geplant. Die hätten ihre Pfründe bei der Subventionsverteilung gesichert. - Sprechen Sie für alle Bauern, oder vor allem für die großen Betriebe?
Sonnleitner: Ich betone es nochmals: Ich spreche für alle Bauern. Wenn wir die Ausgleichszahlungen analysieren und auf Mitarbeiter umrechnen, große, kleine, mittlere Betriebe gleich behandelt werden. Kleine Betriebe haben wenig Beschäftigte oder sind Nebenerwerbslandwirte und große Betriebe haben viele Familien auf dem Betrieb beschäftigt. Darum ist die Groß- und Klein-Diskussion unfair. Wenn wir es auf Mitarbeiter, auf Bauernfamilien, die auf einem Betrieb arbeiten, so umrechnen, dann gibt es eben keine Ungerechtigkeit, sondern dann ist sogar große Fairness durch dieses System vorhanden.
Spengler: Wäre es dann gut, wenn die EU-Kommission die Anzahl der Beschäftigten pro Betrieb berücksichtigte?
Sonnleitner: Indirekt macht sie es. Man kann natürlich alles noch verbürokratisieren und noch viel, viel komplizierter machen, wie unser System schon ist. Aber im Prinzip hat ja ein größerer Betrieb, der mehr Beschäftigte hat, auch mehr Ausgleichszahlungen.
Spengler: Herr Sonnleitner, es gibt ja bei der EU-Kommission auch Reformvorschläge, die die Wünsche der Bauern berücksichtigen: Dass die Milchquoten nun Schritt um Schritt abgeschafft werden, dass stillgelegte Flächen wieder bebaut werden dürfen. Ist das anständig von Ihnen, dass Sie diese positiven Seiten der Reform stillschweigend akzeptieren und gegen die negativen laut protestieren?
Sonnleitner: Nein. Ich werde auch mehr zu den Zahlungen gefragt und ich bin dankbar, dass Sie auch die positiven Seiten erwähnen, die da heißen, dass "Cross Compliance" vereinfacht wird, entbürokratisiert wird.
Spengler: Was ist das "Cross Compliance"?
Sonnleitner: Das sind die Verpflichtungen in den Standards, die ganz kompliziert überprüft werden. Hier wird man nicht die Standards runterfahren, sondern nur die Prüfsysteme schlanker und effizienter machen. Dass die Stilllegung wegkommt, haben wir auch gefordert und begrüßen wir. Wir haben ja auch - das wird in Deutschland vergessen - in Deutschland schon wesentlich mehr entkoppelt und die Flächenzahlungen auch auf extensive Flächen ausgeweitet. Hier gab es schon große Umverteilungsprozesse.
Spengler: Also es ist nicht alles schlecht?
Sonnleitner: All dies haben wir bereits gemacht. Deswegen wird bei uns mehr, weil wir dort überproportional betroffen sind, vom Geld gesprochen. Bei Milch läuft die Quote 2015 aus und da sagen wir "Vorsicht noch mit der Aufstockung der Milchmenge".
Spengler: Herr Sonnleitner, hier müssen wir einen Punkt machen. Ich danke Ihnen! - Das war der Präsident des Deutschen Bauernverbandes.
Sonnleitner: Herr Spengler, danke!
Am Telefon ist nun der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner. Guten Morgen Herr Sonnleitner!
Gerd Sonnleitner: Guten Morgen Herr Spengler.
Spengler: Herr Sonnleitner, Sie protestieren heftig gegen diese EU-Pläne und sagen, sie seien ein Vertrauensbruch. Wieso Vertrauensbruch?
Sonnleitner: Dies ist ein Vertrauensbruch, weil die Agrarreform von 2003 einen Zeitraum umfasst bis 2013. Diese Agrarreform von 2003 hat ja große Anpassungsschwierigkeiten und Herausforderungen für die deutsche Landwirtschaft gebracht. Ich nenne nur die totale Entkoppelung der Zahlungen von der Produktion. Das heißt, dass die Standards bei uns sehr streng überprüft werden. Unsere Betriebe haben sich an den Markt angepasst, an die Marktorientierung, aber sie wussten auch, dass die Zahlungen bis 2013 laufen.
Spengler: Und die sind jetzt nicht mehr gewährleistet?
Sonnleitner: Die sind jetzt nicht mehr gewährleistet, obwohl die Betriebe damit gerechnet haben. Dies ist eben Vertrauensbruch und es heißt ja "Gesundheitsüberprüfung". Wir fassen dies, was jetzt passiert, als Operation oder Amputation auf.
Spengler: Herr Sonnleitner, nun hat sich die Situation ja auch inzwischen deutlich geändert. Wir müssen mehr für Umwelt und Klima tun und der Markt spendiert den Bauern deutlich steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte. Da ist es doch gerecht, wenn der Staat jetzt nicht mehr zubuttert, sondern umschichtet.
Sonnleitner: Gerade diese Zahlungen haben unsere Betriebe stabilisiert, damit wir für Umwelt und die hohen Standards, die wir in Deutschland und in Europa erfüllen müssen, einhalten können. Unsere Preise sind ja nahezu globalisiert, aber die extrem hohen Standards, die haben wir - sei es im Umweltbereich, im Tierschutz, im Verbraucherschutz oder auch im sozialen Bereich. Wir bejahen diesen hohen Standard, aber die kosten uns Geld und die sind uns durch Transferzahlungen ausgeglichen. Darum darf man durch Kürzungen dieser Zahlungen gerade diese hohen Leistungen, die unsere Betriebe für die Gesellschaft erbringen, für den Verbraucher erbringen, nicht schwächen.
Spengler: Heißt das, dass die Preise, die Sie jetzt mehr erzielen für landwirtschaftliche Produkte, nicht ausgleichen, um diese Kürzungen wett zu machen?
Sonnleitner: Wir haben nur im Ackerbau bessere Preise. Wir haben bei Milch, bei Schweinefleisch, bei Rindfleisch sehr schlechte Preise, so dass wir unter dem Strich ja nicht die Einkommenssprünge oder Zuwächse haben, die die Öffentlichkeit immer glaubt. Unter dem Strich sind wir froh, wenn wir gleichbleibende Ergebnisse haben, und die sind insgesamt nicht befriedigend, weil uns die Kosten für Betriebsmittel explodiert sind. Die sind stärker angestiegen wie unsere Preise.
Spengler: Nun liegt mir eine Pressemitteilung gerade Ihres Verbandes vor. Darin steht, dass zwölf Monate lang der Preisindex gestiegen ist und nur jetzt im April ist er etwas zurückgegangen. Das ist doch eigentlich eine anständige Preisentwicklung?
Sonnleitner: Aber Sie müssen beim Preisanstieg sehen, wie gering der ausgefallen ist. Darum habe ich auch unsere Betriebsmittel betont. Das heißt das, was wir zur Führung unserer Betriebe brauchen, was wir zukaufen müssen, das ist stärker gestiegen wie der Preisindex für unsere Produkte.
Spengler: Wie viele Pleiten befürchten Sie denn, wenn sich diese Pläne durchsetzen?
Sonnleitner: Ich würde jetzt nicht von Pleiten sprechen, aber gerade im Osten, in den fünf neuen Bundesländern sind die Betriebe sehr stark betroffen. Die werden Mitarbeiter ausstellen. Bei kleineren und mittleren Betrieben im Westen wird der Strukturwandel schneller vonstatten gehen. Das heißt, dass Betriebe früher aussteigen und leider dann die Hoftore schließen.
Spengler: Warum ist es ungerecht, dass gerade bei den Großbetrieben etwas stärker gekürzt wird als bei den Kleinbetrieben?
Sonnleitner: Zum einen müssen wir die leidvolle Geschichte sehen, was diese Betriebe mitgemacht haben. Zum anderen müssen wir sehen, dass diese großen Betriebe Mehr-Familien-Betriebe sind mit vielen Beschäftigten. Und wenn man die Ausgleichszahlung dann auf den Beschäftigten umrechnet, so ist kein Unterschied zwischen Ost und West.
Spengler: Die großen Betriebe haben aber eigentlich doch Vorteile in der Produktion: bei großen Flächen nämlich automatisch bessere Erträge. Da ist es doch eigentlich gerecht, wenn sie vielleicht nicht ganz so hohe Beihilfen pro Hektar bekommen.
Sonnleitner: Diese Ausgleichszahlungen beruhen ja auf den hohen Standards, die im Natur- und Umweltschutz eingehalten werden müssen. Diese hohen Standards kosten auf jeden Hektar gleich viel Geld. Die kann ich nicht durch Produktivitätssteigerungen reinholen, sondern die habe ich überall. Deswegen darf es hier keinen Unterschied zwischen den Hektarmengen geben.
Spengler: Sind Sie denn jetzt ganz ernst der Meinung, dass Großbetriebe wie EDEKA oder wie RWE oder Müller-Milch diese Kürzung der Subvention nicht verkraften können?
Sonnleitner: Die bekommen ja unter normalen Umständen keine Subventionen, keine Ausgleichszahlungen, weil Exportsubventionen ja zurückgefahren werden oder momentan gibt es sie nicht.
Spengler: Aber sie bekommen ja auch Beihilfen für die Flächen. 310 Euro pro Hektar gibt es im Prinzip an Subvention und die bekommen ja auch Großbetriebe, wenn sie Flächen haben.
Sonnleitner: Das bekommen Betriebe, die Landwirtschaft betreiben, also nicht Golfplätze, was immer zitiert wird, sondern wenn Betriebe Landwirtschaft betreiben, bekommen auch die Geld. Das stimmt, aber auch für die Einhaltung dieser Standards.
Spengler: Deswegen die Frage: Können solche Großbetriebe, die eben halt auch Landwirtschaft betreiben, auch daran beteiligt sind wie EDEKA, RWE oder Müllermilch, nicht mit so einer Kürzung leben?
Sonnleitner: Noch einmal: das sind ganz, ganz wenige Ausnahmen, dass solche großen Betriebe Flächen vorhalten oder Flächen bewirtschaften. Das sind Ausnahmetatbestände, die man im Einzelnen prüfen müsste. Ich rede für die 99,99 Prozent der Bauern, die davon betroffen wären, und das ist meine Politik. Einzelbetriebe müsste man im Einzelfall prüfen.
Spengler: Herr Sonnleitner, die alternative Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft - das ist eine Konkurrenzorganisation, die viel kleiner ist - sieht das ganz anders als Sie. Die hat mir auch eine Pressemitteilung geschickt. Darin steht, dass die EU-Kommission eingeknickt sei vor den rationalisierten landwirtschaftlichen Großbetrieben, weil ursprünglich war eine viel größere Kürzung geplant. Die hätten ihre Pfründe bei der Subventionsverteilung gesichert. - Sprechen Sie für alle Bauern, oder vor allem für die großen Betriebe?
Sonnleitner: Ich betone es nochmals: Ich spreche für alle Bauern. Wenn wir die Ausgleichszahlungen analysieren und auf Mitarbeiter umrechnen, große, kleine, mittlere Betriebe gleich behandelt werden. Kleine Betriebe haben wenig Beschäftigte oder sind Nebenerwerbslandwirte und große Betriebe haben viele Familien auf dem Betrieb beschäftigt. Darum ist die Groß- und Klein-Diskussion unfair. Wenn wir es auf Mitarbeiter, auf Bauernfamilien, die auf einem Betrieb arbeiten, so umrechnen, dann gibt es eben keine Ungerechtigkeit, sondern dann ist sogar große Fairness durch dieses System vorhanden.
Spengler: Wäre es dann gut, wenn die EU-Kommission die Anzahl der Beschäftigten pro Betrieb berücksichtigte?
Sonnleitner: Indirekt macht sie es. Man kann natürlich alles noch verbürokratisieren und noch viel, viel komplizierter machen, wie unser System schon ist. Aber im Prinzip hat ja ein größerer Betrieb, der mehr Beschäftigte hat, auch mehr Ausgleichszahlungen.
Spengler: Herr Sonnleitner, es gibt ja bei der EU-Kommission auch Reformvorschläge, die die Wünsche der Bauern berücksichtigen: Dass die Milchquoten nun Schritt um Schritt abgeschafft werden, dass stillgelegte Flächen wieder bebaut werden dürfen. Ist das anständig von Ihnen, dass Sie diese positiven Seiten der Reform stillschweigend akzeptieren und gegen die negativen laut protestieren?
Sonnleitner: Nein. Ich werde auch mehr zu den Zahlungen gefragt und ich bin dankbar, dass Sie auch die positiven Seiten erwähnen, die da heißen, dass "Cross Compliance" vereinfacht wird, entbürokratisiert wird.
Spengler: Was ist das "Cross Compliance"?
Sonnleitner: Das sind die Verpflichtungen in den Standards, die ganz kompliziert überprüft werden. Hier wird man nicht die Standards runterfahren, sondern nur die Prüfsysteme schlanker und effizienter machen. Dass die Stilllegung wegkommt, haben wir auch gefordert und begrüßen wir. Wir haben ja auch - das wird in Deutschland vergessen - in Deutschland schon wesentlich mehr entkoppelt und die Flächenzahlungen auch auf extensive Flächen ausgeweitet. Hier gab es schon große Umverteilungsprozesse.
Spengler: Also es ist nicht alles schlecht?
Sonnleitner: All dies haben wir bereits gemacht. Deswegen wird bei uns mehr, weil wir dort überproportional betroffen sind, vom Geld gesprochen. Bei Milch läuft die Quote 2015 aus und da sagen wir "Vorsicht noch mit der Aufstockung der Milchmenge".
Spengler: Herr Sonnleitner, hier müssen wir einen Punkt machen. Ich danke Ihnen! - Das war der Präsident des Deutschen Bauernverbandes.
Sonnleitner: Herr Spengler, danke!
