Wir stellen die beiden Kandidaten vor.
Massud Peseschkian - der Reformer
Der 69 Jahre alte Chirurg Peseschkian sitzt seit 2008 für die nordwestiranische Großstadt Täbris im Parlament. Von 2001 bis 2005 war er Gesundheitsminister unter dem reformorientierten Präsidenten Chatami. Trotz seiner begrenzten Regierungserfahrung holte Peseschkian bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl die meisten Stimmen.
Der "Doktor", wie Peseschkian von vielen Iranern schlicht genannt wird, steht innenpolitisch für einen liberaleren Kurs. So wandte er sich im Wahlkampf gegen gewaltsames Einschreiten der Polizei, wenn Frauen den islamischen Schleier nicht ordnungsgemäß tragen.
Schon während der landesweiten Massenproteste, die durch den gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September 2022 nach ihrer Festnahme wegen angeblicher Verstöße gegen die strengen Kleidervorschriften ausgebrochen waren, hatte Peseschkian Kritik am Vorgehen der Behörden geübt.
Außenpolitisch setzt sich Peseschkian für eine Entspannung der Beziehungen seines Landes zum Westen ein, insbesondere zu den USA. Er will eine Lockerung der lähmenden internationalen Sanktionen gegen den Iran erwirken. Zu diesem Zweck will Peseschkian die Gespräche mit dem Westen über das iranische Atomprogramm wiederbeleben, die seit dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen im Jahr 2018 in einer Sackgasse stecken.
Im Wahlkampf versprach Peseschkian, sich im Falle eines Wahlsiegs um die Schwächsten der Gesellschaft zu kümmern. Der Familienvater Peseschkian zieht drei Kinder alleine auf. Seine Frau und ein weiteres Kind starben bei einem Autounfall im Jahr 1993.
Said Dschalili - der Hardliner
Der 58-jährige Said Dschalili hatte im Laufe seiner Karriere viele einflussreiche Posten inne. Unter anderem war er Atom-Chefunterhändler des Iran von 2007 bis 2013. Dschalili genießt das Vertrauen des geistlichen Oberhauptes des Landes, Ayatollah Ali Chamenei. Zur Zeit ist Dschalili einer der von Chamenei entsandten Vertreter im Obersten Rat für nationale Sicherheit, dem höchsten sicherheitspolitischen Gremium des Landes.
Dschalili vertritt eine harte Haltung im Verhältnis zum Westen - und das schon seit vielen Jahren. In den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm war er zu keinen Zugeständnissen bereit. Das schließlich 2015 geschlossene Atomabkommen seines Landes mit den USA und anderen westlichen Staaten kritisierte er als Verletzung von "roten Linien" der Islamischen Republik.
Bei der Präsidentschaftswahl 2013 wurde Dschalili Dritter. 2021 zog er seine Kandidatur zugunsten des Ultrakonservativen Raisi zurück, der die Wahl gewann. Nun hat Dschalili die Chance, selbst Präsident zu werden.
In der Stichwahl könnte Dschalili das zersplitterte konservative Lager einen und die Stimmen der beiden ausgeschiedenen konservativen Bewerber holen. Mehrere konservative Kandidaten riefen ihre Anhänger bereits auf, für Dschalili zu stimmen.
Dschalili kam in der nordostiranischen Stadt Maschhad in einer frommen Mittelstandsfamilie zur Welt. Er kämpfte im Ersten Golfkrieg und verlor an der Front durch ein Schrapnell seinen rechten Fuß. In der Folge machte er seinen Doktortitel in Politikwissenschaft und schlug dann eine politische Karriere ein.
Diese Nachricht wurde am 29.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.