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Dieselgate
Alt gegen Neu: VW startet Umtauschprämienaktion

Die Autohersteller weigern sich, Fahrzeuge mit mangelhafter Abgasreinigung auf eigene Kosten mit gesetzeskonformer Technik nachzurüsten. VW setzt auf Prämien und eine Umtauschaktion, die der Konzern heute startet. Nicht allen gefällt das, zumal auch neuere Autos auf dem Schrottplatz landen werden.

Von Brigitte Scholtes | 18.10.2018
    Das Auspuffrohr eines älteren Fahrzeugs ist an einer befahrenen Durchgangsstraße in Stuttgart zu sehen.
    In Stuttgart stehen bald Fahrverbote für gar nicht so alte Dieselautos an (dpa-Bildfunk / Bernd Weißbrod)
    Alte Diesel verschrotten – das ist das Ziel der neuen Umtauschprämienaktion, die Volkswagen heute startet. Bis zu 10.000 Euro will der Autobauer zahlen – je nach Modell der Konzernmarken Audi, Seat, Skoda und VW, das der Kunde wählt. Dabei will VW Diesel mit den Abgasnormen Euro 1 bis 4 beliebiger Hersteller zurücknehmen und verschrotten, während der Kauf eines neuen Autos oder eines Jahreswagens unterstützt werde, erläutert VW-Sprecher Marc Langendorf:
    "Mit den attraktiven Angeboten können unsere Kunden ein neues Auto zum Teil günstiger finanzieren als ihr altes. Diese Maßnahmen zur Flottenerneuerung sind die beste Lösung, um schnell Erfolge bei der Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten zu erziehen. Wir verfolgen hier das gleiche Ziel wie die Bundesregierung, Fahrverbote für Dieselfahrer möglichst zu vermeiden."
    Kritik kommt von Baden-Württembergs Verkehrsminister
    Ein Konjunkturprogramm für die Autobauer sei das, meinen jedoch Experten. Die Hersteller jedenfalls weigern sich bisher ja, technische Nachrüstungen älterer Diesel zu bezahlen bzw. die Garantie dafür zu übernehmen. Die Verabredungen der Autohersteller mit der Bundesregierung seien da viel zu vage, moniert Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann:
    "Wie laufen die Verfahren, wie ist das Kraftfahrtbundesamt aufgestellt, wie etwa wird der Grenzwert von 270 Milligramm pro Kilometer ermittelt, nach welchem Verfahren, wie lange braucht man? Es sind sehr viele Fragen noch ungeklärt und vor allen Dingen bin ich beunruhigt, dass alles so lange dauert und dass man mit großem Tamtam einen Beschluss verkündet, der aber offenbar noch gar nicht ausgearbeitet war."
    Denn Eile sei geboten, mahnt Hermann. Schließlich kommen in Stuttgart erste Fahrverbote für Euro-4-Diesel zum Jahresbeginn, die Landesregierung bearbeite deshalb einen Luftreinhalteplan, der Ende November fertiggestellt sein müsse:
    "Wenn der Bund nicht klärt, wie er das Thema, Fahrzeuge die besser als Milligramm pro Kilometer sind, sollen auch ausgenommen werden, wenn er da keine Klarstellung hat, wie das berechnet wird, wer das zertifiziert, wie das nachgewiesen wird, dann können wir das nicht berücksichtigen."
    Fahrverbote für Euro-4- und 5-Diesel in Sicht
    Zum 1. Januar müssten dann Fahrverbote für Euro-5-Diesel umgesetzt werden, wenn die Luftqualität sich nicht verbessert. Auch da sei Eile geboten, sagt Hermann. Und schließlich stelle sich auch die Frage der Kontrolle der Fahrzeuge:
    "Da der Bund sich weigert, eine blaue Plakette einzuführen, obwohl das Bundesemissionsrecht genau dafür vorgesehen ist und wir ja in Ballungsräumen die grüne Plakette haben, also wir haben praktisch eine rechtskonforme Konstruktion, die man nur jetzt erweitern müsste. Und aus welchen irrationalen, quasi religiösen Gründen der Bund kategorisch eine blaue Plakette ablehnt, was sehr einfach zu überprüfen wäre, das kann ich bis heute nicht verstehen, aber sie müssen dann eine Alternative bieten."
    Und die Automanager? Die fordern mehr Sachlichkeit in der Diskussion. Sie trafen sich heute beim Branchengipfel der Hochschule für Automobilwirtschaft in Nürtingen. So sagte Skoda-Chef Bernhard Maier, er wünsche sich mehr Transparenz, um die Verbraucher wirklich aufzuklären. Ähnlich auch Bernhard Mattes, Präsident des Branchenverbands VDA: Er meinte, die öffentliche Debatte erzeuge zuweilen den Eindruck, das Auto sei eine aussterbende Spezies.