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Dieselrußfilter nur erster Schritt

Die Diskussion um Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung in Städten dreht sich meist nur um Dieselrußfilter oder Fahrverbote. Doch nicht nur der Verkehr ist eine Quelle für ungesunde Kleinstpartikel, auch die Industrie trägt ihren Teil dazu bei. Darmstädter Umweltforscher betonen deshalb, dass Rußfilter zwar zu begrüßen sind. Doch sie fordern die politisch Verantwortlichen auf, in der Feinstaub-Debatte die schädliche Wirkung zum Beispiel von Stickoxid oder Schwefeldioxid nicht aus dem Blick zu verlieren.

Von Ludger Fittkau |
    Nachrüstung von Altfahrzeugen. Diese ist wohl immer noch nicht in trockenen Tüchern. "Deutlich vor 2008" soll sie kommen, heißt es aus dem zuständigen Bundesfinanzministerium. Und dabei gibt es im Kampf gegen den Feinstaub in den Innenstädten auch andere wirksame Maßnahmen als Rußfilter, entsprechende Plaketten und Fahrverbote für LKW. So wird nach Einschätzung des Umweltbundesamtes das Fußgänger- und Radwegenetz von vielen Gemeinden vernachlässigt. Auch mit einem Umstieg aufs Fahrrad lässt sich die Feinstaubbelastung reduzieren. Und außerdem gibt es ja auch noch andere Feinstaubquellen außerhalb des Verkehrs, die durch die Partikelgröße oftmals viel gesundheitsgefährdender sind als Dieselruß zum Beispiel. Das haben Darmstädter Wissenschaftler herausgefunden.

    " Um die Grenzwerte in Zukunft einhalten zu können, ist nur ein Angreifen am Verkehr, zum Beispiel durch Rußfilter, nicht ausreichend. Allein dadurch werden die Grenzwerte in Zukunft nicht eingehalten werden können."

    Martin Ebert ist Umweltmineraloge am Institut für angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Mit Hilfe von Elektronenmikroskopen untersucht Eberts Forschungsgruppe die Gesundheitsgefahren, die von den so genannten "sekundären Aerosolen" ausgeht, zum Beispiel von Stickoxiden oder kleinsten Schwefeldioxid-Partikeln, die aus privaten Heizungen in die Stadtluft freigesetzt werden. Denn während beim Feinstaub viel über die Rußmengen geredet werde, die freigesetzt werden, sei die Gefahr durch andere, oft viel kleinere Stoffe in der Luft bisher noch viel zu wenig beachtet worden, kritisiert Martin Ebert:

    " Es gibt so genannte epidemiologische Studien, die ganz klar zeigen: Es gibt diesen Gesundheitseffekt, eine höhere Partikelkonzentration bewirkt einen Gesundheitseffekt bei der Bevölkerung, den man auch an der Sterblichkeit nachweisen kann, aber man weiß eigentlich nicht genau, was sind die entscheidenden Parameter, die diesen Effekt auslösen. Ist es wahrhaftig die Partikelmasse, die durch den Grenzwert erfasst wird. Die allgemeine Meinung heute ist: Nein. Man geht eher davon aus, dass es die kleinen Partikel sind, da eben diese kleinen Partikel - und wir reden hier wirklich über nanometer-große Partikel - sehr tief in die menschliche Atemwege gelangen können und dort auch entzündliche Reaktionen auslösen können."

    Die Darmstädter Umweltmineralogen richten deshalb ihr Augenmerk nicht so sehr auf die reinen Feinstaub-Mengen, die in der Luft umherschweben. Sie glauben, es sei künftig viel wichtiger, sich die Zusammensetzung einzelner kleinster Partikel genauestens anzusehen, um wirklich zu begreifen, warum Feinstaub Gesundheitsgefahren für den Menschen bringt. Den aktuell gültigen Feinstaub-Grenzwert, der lediglich auf der Partikelmasse beruht, die in der Luft zu finden ist, hält Martin Ebert nicht für aussagekräftig genug:

    " Unsere Methode mit der Rasterelektronenmikroskopie ist sehr viel zeitaufwändiger, weil wir uns jedes Partikel einzeln angucken, aber wir bekommen eben dann die Informationen über die einzelnen Partikel. Und das sind letztendlich auch die Körper, von denen eben die Gefahr für den Menschen oder die Auswirkungen aufs Klima ausgehen."

    Auch wenn sie den Ruß bei der Feinstaub-Diskussion für überschätzt halten: Die Darmstädter Umweltmineralogen betonen, dass sie den Einbau von Rußfiltern in Autos durchaus begrüßen. Doch sie fordern die politisch Verantwortlichen auf, in der Feinstaub-Debatte die schädliche Wirkung zum Beispiel von Stickoxid oder Schwefeldioxid nicht aus dem Blick zu verlieren:

    " Natürlich spielt auch der Verkehr bei den Stickoxiden eine ganz wesentliche Rolle, aber im Falle des Schwefeldioxids zum Beispiel kommen sehr viel mehr Quellen in Frage, auch industrielle Quellen oder Hausbrand zum Beispiel sind hier ganz wichtige Quellen, und wenn dann die Quellen weiter gestreut sind, dann sieht man schnell, dass hier die Minderungsmaßnahmen sehr viel schwerer greifen können."

    Hier reichen lokale Maßnahmen wie Fahrverbote nicht mehr aus, betont der Darmstädter Forscher Martin Ebert. Feinstaub mache auch vor Landesgrenzen nicht halt und es bedürfe zumindest Anstrengungen auf europäischer Ebene, um die Feinstaub-Entwicklung effektiv zu bekämpfen.