Katja Lückert: Sie sieht ein bisschen aus wie ein bekanntes schwedisches Möbelhaus, bloß ohne das Gelb. So witzelt man schon in Berlin über das weiß-blaue Kunstschiff, das auf dem Berliner Schlossplatz angelegt hat und sich Temporäre Kunsthalle nennt. Für zwei Jahre soll es nun Werke von Künstlern zeigen, die dezidiert die Aufschrift "Lebt und arbeitet in Berlin" tragen. Dann soll der Kubus durch die Welt reisen und allerorts für Berlins Kunst werben. Die südafrikanische Künstlerin Candice Breitz, sie lebt und arbeitet in Berlin, zeigt nun in der ersten Ausstellung der Kunsthalle ihre Videoarbeiten. Carsten Probst in Berlin, wie wirkt die blau-weiße Kiste auf dem Schlossplatz?
Carsten Probst: Wie ein Clou, muss ich sagen. Zunächst erstmal wirklich wie eine stehende Antithese zu diesem ganzen prunkvollen Museumsbauprojekten, die derzeit weltweit geplant sind oder auch schon in der Durchführung sind. Es wirkt ein bisschen so wie dieser klassische Berliner Charme und der Architekt Adolf Krischanitz hatte einen sehr guten Blick, finde ich, für die Situation am Schlossplatz derzeit, wo man wirklich sehr viel historische Zerstörung vorfindet und sehr viele offenliegende, klaffende Bauwunden. Da wirkt diese Kunsthalle oder diese Schachtel wie ein ganz lapidarer Kommentar, dass hier überhaupt nichts Repräsentatives stehen muss. Das hat was sehr Elegantes auf seine Weise. Und auch was hier selbstironisch ist, wenn Sie sich vor Augen halten, was bisher auf diesem Platz auch immer so los war, Kirmesbuden oder irgendwelche Camper und dergleichen, eigentlich sehr sympathisch.
Lückert: Wie ist denn der Innenraum gestaltet, ist er gut nutzbar für solche Ausstellungszwecke?
Probst: Ja, es ist ein absoluter Zweckraum, gestaltet, ist eigentlich fast schon zu viel gesagt. Sie haben einen großen Kubus, der wirklich auch mit dieser lichten Höhe von elf Metern beeindruckend ist als leerer Raum schon. Daran angehängt zwei weitere Raumscheiben quasi, in denen einmal der Eingangsbereich ist und hinten dran ein Café. Es ist absolut zweckmäßig und sehr leicht wandelbar. Sie können sich unterschiedlichste Formate hier vorstellen und dafür ist dieser Raum eigentlich hervorragend geeignet.
Lückert: Was ist denn nun das Konzept für die Ausstellungen, die man dort zeigen will, außer dass man in Berlin leben muss, wer kommt da infrage?
Probst: Tja, dieses Konzept wird immer noch gesucht, habe ich den Eindruck. Auch gestern auf dieser Pressekonferenz konnte man noch immer nicht sagen, was man eigentlich anderes noch möchte, außer Berliner Kunst oder Künstler aus Berlin zu zeigen oder diese dann auch möglichst publikumsträchtig zu präsentieren. Ein hintergründigeres Konzept habe ich nicht entdecken können. Und ich kann Ihnen in etwa voraussagen, das wird auf Olaf Eliasson oder Daniel Richter oder Thomas Demand oder irgendeinen Riesennamen hinauslaufen, eigentlich Selbstläufer, um auch Touristen anzuziehen. Das ist natürlich ein krasser Gegensatz, eine absolute Schwundstufe an Konzept gegenüber den wirklich wichtigen Orten für Gegenwartskunst in Deutschland und lässt auch Schlimmes befürchten für die Anschlussinstitutionen, die ja ab 2010/2011 in der Nähe des Hauptbahnhofes als Kunstmuseum, Kunsthalle Berlin entstehen soll.
Lückert: In den Arbeiten von Candice Breitz geht es um die Ikonen der Populärkultur, um Mechanismen der Massenmedien und der Kulturindustrie. Das ist aber jetzt keine ironische Selbstbeschau, gerade diese Künstlerin für die erste Ausstellung auszuwählen?
Probst: Ich glaube oder ich fürchte fast, die Ironie, die es tatsächlich gibt in dieser Installation, ist den Machern dieser Kunsthalle irgendwie entgangen. Vordergründig bedienen diese Installationen ja doch schon einen Voyeurismus beim Publikum, weil man die Gesichter von Menschen bei mehr oder weniger hingebungsvollem Singen und gelungenen Selbstinszenierungen beobachtet.
Lückert: Es geht um Fans von John Lennon, oder?
Probst: Es geht um Fans von John Lennon, die ihre Stücke als Karaoke vor der Kamera singen und dann in Reihe geschaltet werden als einzelne Videoportraits und da funktioniert diese Musik quasi wie so eine Matrix, nach der alle dann gleich geschaltet sind. Aber im Grunde ist es eine Arbeit eigentlich über diesen klassischen künstlerischen Topos der Imitation. Karaoke als Imitation, wo die Musik eben alle gleich schaltet und quasi da auch noch so ein bisschen ironisch durchdringt, jeder ist ein Künstler. Aber im Prinzip ist es auch genau das, wie wir eben sagten, als was die neue Kunsthalle Kunst funktionalisieren möchte, hier eben wie ein Popmedium mit Fernkultur als Massenware. Aber ich glaube, das ist den Organisatoren so durchgerutscht.
Lückert: Carsten Probst hat die neue Temporäre Kunsthalle auf dem Berliner Schlossplatz besucht.
Carsten Probst: Wie ein Clou, muss ich sagen. Zunächst erstmal wirklich wie eine stehende Antithese zu diesem ganzen prunkvollen Museumsbauprojekten, die derzeit weltweit geplant sind oder auch schon in der Durchführung sind. Es wirkt ein bisschen so wie dieser klassische Berliner Charme und der Architekt Adolf Krischanitz hatte einen sehr guten Blick, finde ich, für die Situation am Schlossplatz derzeit, wo man wirklich sehr viel historische Zerstörung vorfindet und sehr viele offenliegende, klaffende Bauwunden. Da wirkt diese Kunsthalle oder diese Schachtel wie ein ganz lapidarer Kommentar, dass hier überhaupt nichts Repräsentatives stehen muss. Das hat was sehr Elegantes auf seine Weise. Und auch was hier selbstironisch ist, wenn Sie sich vor Augen halten, was bisher auf diesem Platz auch immer so los war, Kirmesbuden oder irgendwelche Camper und dergleichen, eigentlich sehr sympathisch.
Lückert: Wie ist denn der Innenraum gestaltet, ist er gut nutzbar für solche Ausstellungszwecke?
Probst: Ja, es ist ein absoluter Zweckraum, gestaltet, ist eigentlich fast schon zu viel gesagt. Sie haben einen großen Kubus, der wirklich auch mit dieser lichten Höhe von elf Metern beeindruckend ist als leerer Raum schon. Daran angehängt zwei weitere Raumscheiben quasi, in denen einmal der Eingangsbereich ist und hinten dran ein Café. Es ist absolut zweckmäßig und sehr leicht wandelbar. Sie können sich unterschiedlichste Formate hier vorstellen und dafür ist dieser Raum eigentlich hervorragend geeignet.
Lückert: Was ist denn nun das Konzept für die Ausstellungen, die man dort zeigen will, außer dass man in Berlin leben muss, wer kommt da infrage?
Probst: Tja, dieses Konzept wird immer noch gesucht, habe ich den Eindruck. Auch gestern auf dieser Pressekonferenz konnte man noch immer nicht sagen, was man eigentlich anderes noch möchte, außer Berliner Kunst oder Künstler aus Berlin zu zeigen oder diese dann auch möglichst publikumsträchtig zu präsentieren. Ein hintergründigeres Konzept habe ich nicht entdecken können. Und ich kann Ihnen in etwa voraussagen, das wird auf Olaf Eliasson oder Daniel Richter oder Thomas Demand oder irgendeinen Riesennamen hinauslaufen, eigentlich Selbstläufer, um auch Touristen anzuziehen. Das ist natürlich ein krasser Gegensatz, eine absolute Schwundstufe an Konzept gegenüber den wirklich wichtigen Orten für Gegenwartskunst in Deutschland und lässt auch Schlimmes befürchten für die Anschlussinstitutionen, die ja ab 2010/2011 in der Nähe des Hauptbahnhofes als Kunstmuseum, Kunsthalle Berlin entstehen soll.
Lückert: In den Arbeiten von Candice Breitz geht es um die Ikonen der Populärkultur, um Mechanismen der Massenmedien und der Kulturindustrie. Das ist aber jetzt keine ironische Selbstbeschau, gerade diese Künstlerin für die erste Ausstellung auszuwählen?
Probst: Ich glaube oder ich fürchte fast, die Ironie, die es tatsächlich gibt in dieser Installation, ist den Machern dieser Kunsthalle irgendwie entgangen. Vordergründig bedienen diese Installationen ja doch schon einen Voyeurismus beim Publikum, weil man die Gesichter von Menschen bei mehr oder weniger hingebungsvollem Singen und gelungenen Selbstinszenierungen beobachtet.
Lückert: Es geht um Fans von John Lennon, oder?
Probst: Es geht um Fans von John Lennon, die ihre Stücke als Karaoke vor der Kamera singen und dann in Reihe geschaltet werden als einzelne Videoportraits und da funktioniert diese Musik quasi wie so eine Matrix, nach der alle dann gleich geschaltet sind. Aber im Grunde ist es eine Arbeit eigentlich über diesen klassischen künstlerischen Topos der Imitation. Karaoke als Imitation, wo die Musik eben alle gleich schaltet und quasi da auch noch so ein bisschen ironisch durchdringt, jeder ist ein Künstler. Aber im Prinzip ist es auch genau das, wie wir eben sagten, als was die neue Kunsthalle Kunst funktionalisieren möchte, hier eben wie ein Popmedium mit Fernkultur als Massenware. Aber ich glaube, das ist den Organisatoren so durchgerutscht.
Lückert: Carsten Probst hat die neue Temporäre Kunsthalle auf dem Berliner Schlossplatz besucht.