Montag, 29. April 2024

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Internationaler Frauentag
Digitale Gewalt und Desinformation betrifft häufig Frauen - "feministischer Reflex" im Internet gefordert

Anlässlich des Internationalen Frauentags haben die Vereinten Nationen frauenfeindliche frauenfeindliche Desinformation und "Gender-Trolling" in sozialen Medien beklagt. Von der deutschen Beratungsstelle "Hate Aid" kommen zum Weltfrauentag Forderungen nach einem "feministischen Reflex" im Internet.

09.03.2023
    Eine Frau sitzt an einem Laptop.
    Frauenfeindliche Desinformation und "Gender-Trolling". (Unsplash / Christin Hume)
    Die leitende Rechtsanwältin Josephine Ballon schreibt in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel", Frauenrechte im digitalen Raum seien kein "nice to have". Frauenrechte müssten von Anfang an mitgedacht werden. Zuvor hatte Bundesfamilienministerin Paus Befürchtungen geäußert, wonach Algorithmen die Geschlechterklischees fortschreiben würden. Das geschehe nicht nur zum Nachteil von Frauen, sondern auch von anderen vulnerablen Gruppen, sagte die Grünen-Politikerin bei der 67. Sitzung der UNO-Frauenrechtskommission in New York. Die Digitalisierung drohe die Ungleichheit zwischen Männer und Frauen zu verschärfen. Hier sei dringend ein Umsteuern nötig. Viel zu oft fehle die weibliche Perspektive. Zudem hätten Frauen in vielen Ländern weniger Zugang zum Internet als Männer.

    Frauen deutlich häufiger von Belästigung und Gewalt im Internet betroffen

    Auch die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO, machte zum Internationalen Frauentag noch einmal darauf aufmerksam, dass Frauen deutlich häufiger von Belästigung und Gewalt im Internet betroffen. Besonders hoch sei das Risiko für Frauen, die Teil des öffentlichen Lebens sind, heißt es. Eine Umfrage unter Journalistinnen aus 125 Ländern etwa habe gezeigt, dass 73 Prozent in Zusammenhang mit ihrer Arbeit online Gewalt erfahren hätten. Das gelte vor allem für Personen, die von intersektionaler Diskriminierung betroffen sind; damit ist gemeint, dass Frauen nicht nur aufgrund ihres Geschlechts sondern auch wegen anderer Merkmale wie Migrationshintergrund, Religion, Hautfarbe, Behinderung oder ähnliches diskriminiert werden. Die Entwicklungen, so die UNESCO, verdrängten Frauen allzu oft aus den digitalen Räumen, in denen sie sich aufhalten.
    Angesichts von Desinformation und Hass im Internet rief die UNESCO schon Ende Februar zur Regulierung digitaler Plattformen auf. Diese Bemühungen müssten weltweit einheitlich und nicht in Dutzenden Ländern isoliert erfolgen, und zwar auf einem auf den Menschenrechten basierenden Ansatz, sagte Generaldirektorin Azoulay bei einer Fachkonferenz in Paris: "Das Verwischen der Grenzen zwischen wahr und falsch, die organisierte Leugnung wissenschaftlicher Fakten, die Verbreitung von Desinformation und Verschwörungstheorien sind zwar nicht in den sozialen Netzwerken entstanden, aber sie gedeihen dort viel besser als die Wahrheit, wenn es keine Regulierung gibt."

    "Immer dann attackiert, wenn man sich für Frauen- und Menschenrechte einsetzt - vor allem bei Flüchtlingen"

    Die Initiative "#ShePersisted" hatte sich kürzlich in einer Studiemit geschlechtsspezifischer Desinformationskampagnen beschäftigt. Interviewt wurden hunderte Frauen unter anderem aus Lateinamerika, Europa und Indien. Politikerinnen und weibliche Führungskräfte etwa berichteten über Online-Angriffe, die sich häufig nicht nur gegen sie selbst, sondern auch gegen ihre Familien richteten. Die meisten befragten Frauen gaben demnach an, dass sie immer dann attackiert worden seien, wenn sie sich im Internet für die Förderung der Frauen- und Menschenrechte eingesetzt hätten, insbesondere für die von Flüchtlingen.
    Diese Nachricht wurde am 08.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.