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Digitale Konkurrenz für Lawinenhunde

Nicht als virtuelle Diener für lästige Hausarbeiten, sondern vielmehr in hochspezialisierten Nischenanwendungen erleben Roboter langsam ihren Durchbruch. Während Militärs in aller Welt die autonomen Maschinen bereits immer öfter in der Aufklärung oder bei Gefahreneinsätzen verwenden, kommen langsam auch zivile Anwendungen hinzu. So bezeichnet die japanische Elektronikfirma Seiko Epson ein gerade Handteller großes, computergesteuertes Fluggerät als kleinsten fliegenden Mini-Roboter der Welt. Zwar kommt das Fliegengewicht noch nicht ohne externe Stromversorgung aus, doch wenn dieses Problem erfolgreich gelöst ist, sollen die Mini-Drohnen eines Tages Überlebende bei Katastrophen aufspüren.

Armin Amler |
    Etwas lauter als ein Taschen-Ventilator ist der eingebaute, winzige Motor, der gleich zwei übereinander angeordnete Propeller benutzt, um sich in die Luft zu erheben. Der Micro-FR, für "Fliegender Roboter", wie ihn Seiko-Epson bezeichnet, wird mit einem Strom sparenden Bluetooth-Modul gesteuert, dessen Fernbedienung auch mehrere Hubschrauber gleichzeitig steuern kann. Eine neuartige Technologie der auf kleinstem Raum montierten Mechanik hat diese Anordnung möglich gemacht. Der Computer, der den Mikro-FR in der Luft stabil hält, ist nach Darstellung der Entwickler eine weiterentwickelte Version einer Elektronik, die dem Konzern schon das kleinste Roboter-Ballett der Welt bescherte. Trotz seiner fotogenen Miniatur-Mechanik ist der Miko-FR-Prototyp kaum mehr als ein Modell zum Experimentieren: an seiner Draht-Zuführung fliegt er gerade mal zwei Meter weit – und Seiko-Epson sucht dringend Hersteller superleichter Hochleistungs-Batterien, mit denen er sich selbstständig in die Luft erheben kann. Bereits handelsübliche Knopfzellen für Taschencomputer machen ihn zu schwer, um diese Aufgabe zu erfüllen.

    Dieses japanische Modell hat hier in den USA das Interesse an den "fliegenden Insekten" erneuert, die mit Geldern des Washingtoner Verteidigungsministeriums an der Universität Berkeley in Arbeit sind. Grundlage dieser Entwicklungen ist einmal mehr das Studium der Natur und ihrer Lösungen zum Problem des Fliegens. Dennoch wurden die Flugbewegungen von Fliegen, Mücken und auch Hummeln am kalifornischen Technologie-Institut Caltech in Pasadena nicht einfach nur nachgeahmt, sagt Robert Full vom Robotics-Labor der Universität Berkeley: "Menschen haben stets Tiere beobachtet, um Geräte und Roboter zu konstruieren. Doch statt sie wie in der Vergangenheit zu kopieren, muss man sich davon inspirieren lassen, die Prinzipien ergründen und diese dann mit den besten Fähigkeiten der Ingenieure realisieren."

    Auch die Computer-Steuerung soll nach diesem Grundsatz weiterentwickelt werden. In Berkeley will man damit in Zukunft gleich große Mengen von super-kleinen Fluggeräten auf die Reise zu Großbränden und Erdbebentrümmern schicken – sagt Dr. Rob Fearing, dessen Fluggeräte inzwischen die Größe kleiner Streichholzschachteln unterschreiten: "Machbar wären sogar Roboter von der Größe einer Fliege, von denen Hunderttausende etwa Überlebende nach Katastrophen auf eine Art und Weise aufspüren könnten, die effizienter und für Rettungstrupps sicherer ist." Moderne Computertechnik erhöhe heute die Effektivität der Flugbewegungen wesentlich und optimiere sie sogar gegenüber dem natürlichen Vorbild: "Die Roboter führen ganz außergewöhnliche Bewegungen durch - sie flattern und rotieren gleichzeitig. Wie hoffen, dass wir innerhalb der nächsten zwei Jahre ohne Zuführungsdrähte abheben, fliegen und landen können."

    Das Bluetooth-Verfahren zur Steuerung hat sich zwar sowohl beim jetzt vorgestellten japanischen Modell als auch in Berkeley für Versuchsaufbauten bewährt. Für die Praxis, so heißt es hier in den USA, wird man allerdings für die Kommunikation noch bedeutende Weiterentwicklungen brauchen. Die wichtigste Aufgabe, die auf diesem Gebiet alle anderen dominiert, ist zur Zeit allerdings die Entwicklung extrem leichter und zuverlässiger Energiequellen. Unternehmen in aller Welt werden zur Mitarbeit aufgerufen.