Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Digitaler Acker und elektronische Feldarbeiter

Agrartechnologie. - Um eine angemessene Ernährung der Menschen zu sichern, sei eine Verdoppelung der Nahrungsmittelproduktion in den nächsten Jahrzehnten nötig, sagen Experten, die sich zur Zeit auf der weltgrößten Messe für Landwirtschaft - der "Agritechnica" in Hannover treffen. Eine computergestützte Erfassung der landwirtschaftlichen Nutzflächen kann helfen, die Ernteerträge zu steigern. Dabei können Roboter und Minihubschrauber zum Einsatz kommen.

Von Michael Engel | 14.11.2007
    Die Fanfare bedeutet: "Ich hab's gefunden". Und Grund zum Jubeln hat der Roboter am laufenden Meter. Überall liegen sie herum: Goldgelbe Bälle, die das rollende Gefährt finden soll. Die Bälle liegen allerdings versteckt zwischen mehr als 1000 Maispflanzen aus Pappe.

    " Unser Roboter kann autonom durch Maisreihen durchnavigieren und kann gelbe Goldbälle detektieren, die in diesem Fall für Löwenzahn - also für ein Unkraut stehen - und besprühen, also bekämpfen. "

    Ralph Klose von der Fachhochschule Osnabrück hat gut lachen. Beim sogenannten "Field Robot Event" - einem internationalen Wettbewerb für Feldroboter - zählte sein Team zu den Besten. Nach Ansicht des Diplom-Ingenieurs sind die kleinen, wendigen Maschinen die Feldarbeiter der Zukunft. Klose:

    " Also der Trend im Moment geht zu immer größeren Maschinen. Wir steuern jetzt mal ein bisschen dagegen - mit kleineren Maschinen. Da gibt's zum Beispiel den Gedanken über die Roboterschwärme, dass viele kleine Roboter ein Feld bearbeiten. Diese Roboter können dann Aufgaben sich aufteilen. Zum Beispiel könnte einer über das Feld fahren, Tag und Nacht, und nach Pflanzenkrankheiten suchen. Und dann, falls eine gefunden ist, einen zweiten Roboter mit dem entsprechenden Spritzmittel anfordert. Das ist bodenschonender und wird dann letztlich auch die Umwelt schonen und Geld sparen. "

    Miniaturisierung - das ist auch der Weg, den das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt - DLR - einschlägt, um den Landwirten unter die Arme zu greifen. Dr. Cornelia Schlesier zeigt auf "Artis", einen Mini-Hubschrauber, den sie zur "Agritechnica" mitgebracht hat.
    " Und die Systeme sind natürlich sehr viel kostengünstiger. Wenn ich ein großes Flugzeug miete, um eine kleine Fläche zu befliegen, ist das sehr viel teurer als wenn ich mit so einem Kleinsystem fliegen kann. Und ich kann mir auch genau den Zeitpunkt aussuchen, zu dem ich fliegen will. "

    "Artis" ist ein Meter groß, ferngesteuert, und dreht bereits seit einiger Zeit Proberunden über den Ackerflächen der Bundesanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig. Der unbemannte Hubschrauber soll mit Sensorsystemen bestückt werden, an denen die DLR nun schon seit vier Jahren arbeitet. Die Analysegeräte dürfen nur wenig größer als eine Zigarettenschachtel sein und nur wenig mehr als 200 Gramm wiegen. Sonst kann Artis nicht abheben. Das ist mit der Infrarotkamera bereits gelungen. Claudia Pàpa:

    " Wir haben diese Technologie schon auf Satelliten gehabt - die Beobachtung aus dem Weltraum. Dies ist aber sehr viel präziser. Es wird sicher nicht der einzelne Bauer sein, der das hat, sondern Unternehmen, die dies im Auftrage der Landwirtschaft durchführen, die einen solchen Monitoring-Hubschrauber unterhalten. "

    Infrarotlicht, das die Ackerpflanzen reflektieren, gibt Auskunft über das Wachstum, ihren Reifegrad, aber auch über Dünger- und Bewässerungsdefizite. Sogar Schädlingsbefall lässt sich detektieren. Durch die GPS-Ortung an Bord des Hubschraubers ist nach dem Flug genau bekannt, wo welche Behandlung nötig ist. Die Landwirtschaft steht an der Schwelle zu einer umfassenden Digitalisierung, urteilt Dr. Cornelia Schlesier. Die gleiche Entwicklung werde auch die Forstwirtschaft erfassen:

    " Für die Baumhöhenbestimmung befliege ich dann neben dem Infrarot auch in Stereo, das heißt, ich habe eine Zeilensensorik, eine Zeile schaut nach vorne, eine senkrecht nach unten und eine in Rückrichtung. So kann ich aus den Daten eine dreidimensionales Bild errechnen. Und da kann ich dann sagen - an der Stelle - wie hoch meine Bäume sind. Wenn die Systeme entsprechend geeicht sind, kann ich daraus die Höhe bestimmen. "

    Nur zum Fällen der Stämme muss der Förster mit seiner Mannschaft in Zukunft noch ausrücken. Die GPS-Koordinaten vermitteln auf den Meter genau, wo die Kettensäge angesetzt werden muss. Die elektronische Erfassung des Waldes wird kommen, da sind sich die Wissenschaftler sicher. Angeregt wurden die Forschungen nämlich von den Forstbehörden, die händeringend nach kostengünstigen Lösungen suchen.