
Die EU-Kommission hat einen Gesetzesvorschlag zur Einführung des digitalen Euro vorgelegt. Da die EU-Staaten und das EU-Parlament noch zustimmen müssen, wird es wahrscheinlich noch Änderungen geben. Das Bargeld soll aber nicht abgeschafft werden. Verbraucher und Unternehmen sollen neben Kreditkarten und Bezahldiensten wie Paypal und Apple Pay eine weitere Wahlmöglichkeit haben, so die Brüsseler Behörde.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der digitale Euro?
Der digitale Euro ist ein elektronisches Zahlungsmittel, ähnlich wie Kreditkarte, Paypal, Apple Pay oder Bitcoins. Dabei soll er so sicher und benutzerfreundlich wie Bargeld sein. Die EU-Kommission plant, ihn als gesetzliches Zahlungsmittel einzustufen, d. h., alle Händler im Euro-Währungsraum müssten ihn annehmen.
Ausgegeben würde der digitale Euro von der Europäischen Zentralbank (EZB). Verbraucher müssten dort ein Konto eröffnen und könnten das Geld dann in einer digitalen Geldbörse speichern, z. B. auf dem Smartphone.
Einmal gespeichert, kann man ihn sowohl online bei einem Internethändler ausgeben als auch offline, etwa im nächsten Supermarkt. Wird er offline verwendet, fallen weniger Daten an als bei Kreditkartenzahlung: Wer was wann gekauft hat, soll nicht mehr nachvollzogen werden können. Für Verbraucher sollen bei der Zahlung keine Kosten entstehen, für Händler nicht mehr als bei Kartenzahlungen.
Was versteht man unter Zentralbankgeld?
Für den Wert der Euro-Scheine und Münzen, mit denen im Euro-Raum der Zahlungsverkehr abgewickelt wird, garantiert die EZB. Deshalb gelten sie als besonders sicher, denn die Zentralbank kann nicht pleitegehen.
Anders sieht es bei Kreditkartenzahlungen oder Paypal bzw. Apple Pay aus. Hierbei handelt es sich um sogenanntes "privates Geld". Dieses ist rechtlich eine Forderung gegenüber einer Bank oder einem Zahlungsdienstleister. Bekommen diese finanziellen Probleme, können sie diese Forderungen eventuell nicht mehr erfüllen: Dem Kunden droht der Verlust seines Geldes.
Beim digitalen Euro sichert dagegen die Europäische Zentralbank den Wert der Kundeneinlagen. Deshalb behält er wie Bargeld immer seinen Wert.
Warum will die EZB einen digitalen Euro einführen?
Hauptsächlich geht es darum, den Euro zukunftssicher zu machen. Die europäische Gemeinschaftswährung ist nach dem Dollar das meistgenutzte Zahlungsmittel weltweit. Würden die USA zuerst eine digitale Währung einführen, würde das den Euro entscheidend schwächen. Zudem will die EZB ein digitales Zahlungsmittel schaffen, das in öffentlicher Hand ist und nicht wie bei Apple Pay oder Paypal im Besitz von Privatunternehmen außerhalb der EU. Das soll die europäische Unabhängigkeit stärken.
Mit ihren Plänen reagieren EU-Kommission und EZB auch auf den zunehmenden Bedeutungsschwund von Bargeld: Die Zahl der Geldautomaten in der EU ist binnen fünf Jahren um 50.000 gesunken, in den Niederlanden akzeptieren schon heute zwölf Prozent der Apotheken kein Cash mehr. Hier soll der digitale Euro in die Bresche springen: So sicher wie Bargeld, aber auch in elektronischer Form verfügbar.
Ein weiteres Argument der EU-Kommission für den digitalen Euro: Er soll leicht zugänglich sein. Während zum Beispiel Jugendliche keine Kreditkarte bekommen, könnten sie im Internet mit dem digitalen Euro bezahlen. Auch für Ältere oder Behinderte sei die Registrierung leichter als bei Bezahldiensten wie Paypal oder Apple Pay.
Was unterscheidet den digitalen Euro von Kryptowährungen wie Bitcoin?
Der entscheidende Unterschied zwischen digitalem Euro und Kryptogeld ist die dahinterstehende Instanz. Während der digitale Euro von der EZB ausgegeben wird, entsteht ein Bitcoin durch ein Kollektiv, die sogenannte Blockchain.
Hierbei handelt es sich um ein dezentrales digitales Register. Darin steht, wem etwas gehört und wann etwas den Besitzer gewechselt hat. Weil dieses Register nicht an einem zentralen Ort liegt, sondern auf mehrere Rechner verteilt ist, lassen sich Bitcoins kaum von Behörden nachverfolgen. Sie gelten als sehr datensicher.
Auf der anderen Seite garantiert jedoch auch niemand den Wert eines Bitcoins. Deshalb ist er dem freien Spiel der Märkte überlassen und schwankt stark im Wert. Kostete ein Bitcoin Anfang 2023 noch 18.000 Dollar, waren es im Juli des Jahres 31.000 Dollar. Bei einem Crash der Währung kann es zum Totalverlust kommen. Der digitale Euro wäre weniger datensicher als Kryptowährungen, aber sehr viel wertstabiler, weil die EZB den Wert des Zahlungsmittels garantiert.
Wann soll der digitale Euro eingeführt werden?
Frühestens 2028, sagt die EU-Kommission. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel glaubt, „in etwa vier Jahren werden wir mit dem digitalen Euro bezahlen können“. Der aktuelle Gesetzesvorschlag der EU-Kommission liefert den rechtlichen Rahmen für die Digital-Version der Gemeinschaftswährung. Da die EU-Staaten und das EU-Parlament noch zustimmen müssen, wird er sich wahrscheinlich noch verändern.
Im Oktober 2023 will der EZB-Rat beschließen, ob es grünes Licht für den digitalen Euro gibt. Daran schließt sich eine Vorbereitungsphase von zwei bis drei Jahren an. Dann entscheidet die EZB, ob sie den digitalen Euro in Umlauf bringt.
Welche Kritik gibt es am digitalen Euro?
Seit über den digitalen Euro nachgedacht wird, gibt es Befürchtungen, er solle das Bargeld ersetzen. Um diese Ängste zu zerstreuen, hat die EU-Kommission zeitgleich mit dem Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro einen Vorschlag eingebracht, der sicherstellen soll, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird. So sollen Geldautomatengebühren transparenter werden und Einzelhändler sollen Münzen und Scheine wechseln müssen, ohne dass die Kunden etwas kaufen.
In einem Gastbeitrag, der in mehreren europäischen Zeitungen veröffentlicht wurde, betonten der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, und EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta die Bedeutung von Bargeld. Kommission und EZB „werden alles daransetzen, dass Bargeld auch weiterhin in allen 20 Mitgliedsländern verfügbar ist“, schrieben sie.
Auch mangelnde Datensicherheit beim digitalen Euro wird kritisiert. Vor allem bei Online-Zahlungen müsse die Privatsphäre besser geschützt werden, hieß es vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Hier müsse die EU „noch nachbessern, damit der digitale Euro das Datensammeln stoppt. Anonymität beim digitalen Bezahlen ist wichtig“, sagte die Vorständin Ramona Pop.
Ben Ebeling / Peter Kapern