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Digitaler Lifestyle

Zwar hat Apple seine Krisenjahre inzwischen überwunden und das ernsthaft gefährdete Fortbestehen gesichert, doch noch immer sind die poppig gestalteten Rechner nur Nischenprodukte. Mit neuen Strategien, etwa mit dem Unix-basierten Betriebssystem OS X, tritt der Computerhersteller jetzt die Flucht nach vorne an. Unter dem neuen Schlagwort vom "digitalen Lifestyle" zeichnet Apple seine Visionen von der Zukunft des Rechners im 21. Jahrhundert und der eigenen Rolle in der Vielfalt spezialisierter Kleinstgeräte.

Oliver Buschek | 12.05.2001
    "Nach wie vor wird ein PC für die klassischen Aufgaben Schreiben, Fax und Email eingesetzt werden", konstatiert Frank Steinhoff, Chef von Apple Computer Deutschland. Doch immer häufiger werfen Experten die Frage auf, ob der PC noch ein Modell für die Zukunft ist. Der Hersteller mit dem Logo des bunten Apfels, der sich seit 20 Jahren nahezu ausschließlich auf Rechner und Betriebssysteme konzentriert, scheint dagegen fest auf das bewährte Konzept zu setzen. Andererseits kann auch Apple nicht verleugnen, dass immer öfter kleine Geräte Spezialaufgaben übernehmen, für die der klassische PC zu unhandlich ist: Das Handy verwaltet Adressen, wo sie am ehesten auftreten, auf dem Organizer können auch Texte verfasst werden und den Internetzugang verschafft eine Settopbox im Zusammenspiel mit dem Fernseher.

    Um das Dilemma zu durchbrechen, ruft Apple jetzt den "digitalen Lifestyle" aus: Zwar spielen auch in dieser Vision unterschiedlichste Endgeräte eine wichtige Rolle, doch immer bildet ein PC dabei das Zentrum. "Alle Spezialgeräte müssen letztlich mit Daten versorgt werden und dies kann nur eine zentrale Einheit übernehmen", so Steinhoff. Geht es nach dem Willen des bisherigen Nischenanbieters Apple, eignet sich dafür vor allem ein Notebook der neuen iBook-Serie, dass bei gleicher Bildschirmgröße noch weiter schrumpfte und an Gewicht verlor. Produktmanager Holger Niederländer hebt vor allem die Zahl der Schnittstellen des iBook hervor, die den Rechner mit der Außenwelt vernetzen und in den Mittelpunkt des Konzepts stellen: "Das Gerät verfügt über Netzwerkkarte, Modem und Firewire für schnelle Videodatenübertragung sowie USB-Anschlüsse. Auch ein externer Monitor oder ein Fernseher lassen sich problemlos anschließen."

    Doch auch das neue Notebook vermag das grundsätzliche Problem Apples nicht zu lösen. Denn selbst wenn der PC weiterhin seine zentrale Rolle behält, muss es nicht zwangsweise auch ein Apple sein. Während das allgegenwärtige Windows seit langem das Zusammenspiel mit Organizern, Handys und MP3-Spielern beherrscht, muss die nötige Software für Apple-Rechner erst nachbestellt werden oder ist gar überhaupt noch nicht verfügbar. Der Achillesferse der Software-Lücke stehen die guten Ausstattungsstandards der Apple-Rechner, wie etwa die sich auch in der Intel-Welt durchsetzende schnelle Firewire-Schnittstelle, entgegen. "Firewire und der darauf aufsetzende Standard, das HAVi-Protokoll, erlauben digitalen Endgeräten, miteinander zu kommunizieren, ohne dass dabei ein Computer dazwischengeschaltet ist", erläutert Niederländer. Weil aber mit HAVi das Kernstück der Lifestyle-Strategie – der Basis-PC – weitgehend überflüssig wird, sägt Apple damit aber quasi am eigenen Ast.