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Digitalisierung an Schulen
Bundestag stimmt über Digitalpakt ab

Vor zwei Jahren hatte die frühere Bundesbildungsministerin Johanna Wanka Bundesgelder für die Schuldigitalisierung zugesagt. Jetzt steht eine Zustimmung zum Kompromiss zum Digitalpakt im Bundestag kurz bevor. Verlierer gibt es offenbar keine, alle fühlen sich als Gewinner. Nur die AfD ist dagegen.

Von Christiane Habermalz | 21.02.2019
Die Hände eines Mädchens tippen auf einem Tablet, neben ihr liegt ein Mäppchen mit Stiften
Digitaler Unterricht mit Tablets an einer Grundschule in Bayern (picture alliance/dpa/Armin Weigel)
Eigentlich sollte es nur noch eine Formsache sein: die Zustimmung des Bundestages zum Kompromiss des Vermittlungsausschusses. Doch die AfD versuchte noch im letzten Moment, das Thema von der Tagesordnung zu schieben – mit der Begründung, es habe keine ausreichende Debatte im Bundestag gegeben. Die Grundgesetzänderung sei in "Kungelrunden" ausgehandelt worden, kritisierte der AfD-Abgeordnete Götz Frömming. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Der Parlamentsgeschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, lobte noch einmal das Ergebnis des Vermittlungsausschusses.
"Und jeder, der sich ernsthaft mit diesem Vermittlungsergebnis auseinandergesetzt hat, wird zu dem Ergebnis kommen, dass dieses Ergebnis gut für die Menschen in Deutschland ist."
Bundesmittel für mehr IT-Personal an Schulen
Dass die Abgeordneten mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ihr Okay geben werden, ist dennoch sicher. Denn die Oppositionsparteien FDP und Grüne im Bundestag fühlen sich als Gewinner, weil sie durchsetzen konnten, dass künftig Bundesmittel im Bildungsbereich auch in Personal fließen dürfen – zwar nicht in Lehrer, aber etwa in Systemadministratoren für die Schuldigitalisierung. Und ausdrücklich erlaubt das Grundgesetz dann dem Bund Finanzhilfen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur.
"Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Jetzt ist eine Grundgesetzänderung erreicht worden, die den Begriff der Leistungsfähigkeit aufnimmt, die erlaubt, nicht nur in Hardware zu investieren, sondern auch in Knowhow und Köpfe."
Alle scheinen zufrieden
Gestern Abend hatte der Vermittlungsausschuss nach einer sagenhaft kurzen Sitzung von nur 21 Minuten seinen Kompromissvorschlag verabschiedet. Und nun auf einmal scheinen alle zufrieden.
"Meine Damen und Herren, wir haben es geschafft! Der Vermittlungsausschuss hat dem Kompromiss zugestimmt, wir haben eine sichere Verfassungsgrundlage." - "Wir haben ein Ergebnis, das ein echter guter Kompromiss in der Sache ist, da ist nichts zugekleistert worden, kein Formelkompromiss." - "Es gibt keine Verlierer, es gibt Gewinner, und zwar jene Menschen in unserem Land, die wollen, dass wir mehr in Bildung investieren."
Bei maximal unterschiedlichen Positionen mussten alle mit ins Boot – sowohl die CDU-geführten Bundesländer, die in der Grundgesetzänderung einen unzumutbaren Eingriff in die Bildungshoheit der Länder sahen, als auch die Oppositionsparteien im Bundestag, die den Bildungsföderalismus am liebsten ganz abschaffen würden. Nun brummelte selbst der erbittertste Gegner der Grundgesetzänderung, der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann, Zustimmung in die Mikrofone der Journalisten. Wenigstens werde der Bund im Schulbereich keine Kontrolleure schicken dürfen, um die richtige Verwendung seiner Mittel zu überprüfen.
"Sagen wir so, das was jetzt im Grundgesetz steht, ist nicht viel schlimmer als das, was schon drinstand. Es ist eigentlich klarer, insofern konnte man dem Kompromiss zustimmen."
Kofinanzierung ist vom Tisch
Woraus besteht die Einigung noch? Wohl am Entscheidendsten: Das, was die Länder am meisten empört hatte, ist vom Tisch: Die Forderung der Haushälter im Bundestag, dass die Länder bei jeder künftigen Bildungsinvestition des Bundes jeweils noch einmal das Gleiche aus eigenen Mittel drauflegen sollen. Mit dieser 50:50-Ko-Finanzierung sollte gewährleistet werden, dass die Länder, wenn der Bund zahlt, ihre eigenen Investitionen entsprechend zurückfahren.
Stattdessen wird nun die Höhe der Länderbeteiligung von Mal zu Mal neu ausgehandelt werden. Zur Beruhigung der Bundeshaushälter wird es in Artikel 104b Absatz 2 GG künftig heißen: "Die Mittel des Bundes werden zusätzlich zu eigenen Mitteln des Bundes bereitgestellt."
Im Schulbereich hat der Bund künftig weniger Kontrollrechte
Über die Möglichkeiten des Bundes, dies zu überprüfen, wurde lange erbittert gestritten. Ergebnis: Im Schulbereich hat der Bund künftig weniger Kontrollrechte als in den Bereichen sozialer Wohnungsbau oder Nahverkehr. Ein Zugeständnis an die alleinige Bildungszuständigkeit der Länder. Am 15. März wird der Bundesrat zusammenkommen, um den Kompromiss abzusegnen. Und dann? Manuela Schwesig, Landeschefin von Mecklenburg-Vorpommern:
"Wir stehen vor Ort in den Startlöchern, und wenn jetzt der Digitalpakt freigegeben wird von der Bildungsministerin im Bund, dann können wir auch loslegen."
Dann wird es genau zwei Jahre gedauert haben, seit Karliczeks Vorgängerin Johanna Wanka Bundesgelder für die Schuldigitalisierung zugesagt hat. Die Mühlen des Föderalismus mahlen langsam.