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Diplomfakes

Braucht ihre Frau einen Doktor zum Geburtstag, will ihr Mann einen Professortitel zum Namenstag? In Großbritannien ist dieses jederzeit möglich. Eine Gesetzeslücke erlaubt es falschen Universitäten solange ihre falschen Titel an Mann, Frau, Sohn oder Tochter zu bringen, solange sie nicht den Eindruck erwecken, diese Abschlüsse stammten von seriösen britischen Universitäten. Gegen dieses Verfahren regt sich jetzt heftiger Widerstand.

Von Udo Seiwert-Fauti |
    Die britische Quality Assurance Agency QAA ist in die Offensive gegangen. Die britische Regierungs-Aufsichtsbehörde über alle regulären Universitätsabschlüsse und deren international anerkannte Qualität will die seit Jahren bestehende Gesetzeslücke nicht mehr hinnehmen. Sie sieht durch das Auftreten falscher Uni-Abschluss- Anbieter im Internet die Qualität der regulären Abschlüsse gefährdet. Das Ausmaß des Geschäfts mit den Fälschungen schildert John McDougall, Lehrbeauftragter an der Uni Edinburgh.

    "Na ja wir müssen uns nur im TV umsehen. DIE Erziehungsexpertin dort prahlt mit ihrem Doktortitel, nur…der ist falsch und gekauft. Das ist sicher kein gutes Vorbild für seriöse Studenten. Ich denke, es ist aber insgesamt nur eine Minderheit, die die Titel z.B. übers Internet einkauft. "

    Sogar in altehrwürdigen Universitätsstädten floriert das Geschäft mit den dubiosen Abschlüssen. In Edinburgh bietet die 1582 gegründete Universität zwar 300 Kurse mit seriösen Abschlüssen an, aber gekauft und verkauft wird praktisch vor ihrer Haustür trotzdem. Dieser indische Student der Uni Edinburgh schildert, wie das Geschäft auch mit seinen Landsleuten abläuft.

    "Studenten sollten wirklich sehr, sehr vorsichtig sein. In Edinburgh gibt es eine Firma, die hat gerade mal 2 Räume und nennt sich Universität. Das sind Geschäftsleute, die mit Leuten aus China und Indien Geld verdienen wollen. Die wiederum aber kommen auch hierher, um auf leichte Art und Weise Geld zu verdienen und nicht lange zu studieren. Die sollten lieber das traditionelle UK Uni- System nutzen."

    Es müsse dringend umfassend und möglichst bald etwas geschehen, fordert die QAA. International stehe die Reputation der seriösen britischen Uni-Abschlüsse auf dem Spiel. Die für die Anerkennung von Uniabschlüssen zuständigen Behörden wie auch Firmen anderer Länder wunderten sich zunehmend über dubiose Diplome aus dem Vereinigten Königreich, die ihnen bei Bewerbungen vorgelegt würden. Eine "Shepperton Uni" wirbt aktuell im UK mit einem hochrangigen Wirtschafts- Diplom, das weltweit Karrierechancen und großes Ansehen ermögliche. Es gibt weder Uni noch Diplom – die Fälschungen sind ausschließlich käuflich zu erwerben. Chris Wang aus Hong Kong, ebenfalls Student an der Uni Edinburgh, hat für solche dubiosen Angebote deutliche Worte parat.

    "Der Abschluss ist doch eine Qualifikation für dein ganz persönliches Wissen. Für dein Wissen bekommst du den Abschlusstitel. Wenn die diese Abschlüsse verkaufen, richten sie am menschlichen Wissen einen großen Schaden an. Auch weil die Unternehmenschefs sich dann nicht mehr auf das Wissen verlassen und Menschen sich im Beruf auch nicht weiter entwickeln können. "

    Die Unsicherheit in Großbritannien über das zukünftige Vorgehen gegen die Abschluss-Verkaufspraktiken ist nicht zu übersehen. Ein Wissenstest wird derzeit diskutiert. Wer ein reguläres Studium hinter sich habe, sagt die QAA, könne jederzeit auf sein mit dem regulären, echten Diplom erworbenes Wissen hin getestet werden. Nur so sei sichergestellt, dass ein vorgelegtes Diplom, ein Uniabschluss auch mit wirklich studiertem Wissen erworben sei. Bedingung: Unternehmen wie Behörden müssten nicht nur bei einer neuen gesetzlichen Regelung des Uni-Abschluss-Marktes aktiv mitwirken, sondern einen solchen Wissenstest als Voraussetzung einer Einstellung auch wirklich und dann freiwillig einführen. Die QAA hat offensichtlich nicht viel Hoffnung, das dieses wirklich geschehen wird. Sie hat die Europäische Kommission in Brüssel aktuell aufgefordert, gegen den Missbrauch von Uni-Abschlüssen baldmöglichst europaweite Regelungen zu erlassen, die dann für alle EU Länder zwingend gelten würden. Für ungewöhnliche, sicher nicht weniger wirksame Methoden gegen falsche Uni-Abschlüsse spricht sich auch Chris Wang aus.

    "Die Unis sollten evtl. so eine Art Copyright einführen, das die Titel, die Abschlüsse rechtlich schützt. Die eigentlichen Abschlusszertifikate wiederum könnte man dann wie Ausweise fälschungssicher machen, und zwar so intelligent, dass andere diese Zertifikate und Abschlüsse gar nicht erst kopieren und nachmachen könnten. "