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Direktbank N26
Erfolg und Risiken des "Smartphone-Bankkontos"

Eine Kontoeröffnung via Smartphone in nur wenigen Minuten – Fintechs wie die N26-Bank machen den klassischen Banken Konkurrenz. Das Konzept kommt bei Investoren gut an - lockt aber auch Betrüger an.

Von Sebastian Engelbrecht | 18.02.2019
    Das Logo der N26 Bank GmbH wird auf einem Smartphone angezeigt.
    Das Logo der N26 Bank GmbH wird auf einem Smartphone angezeigt (imago stock&people)
    Jeden Tag gewinnt die Bank N26 im Durchschnitt 5.000 Kunden hinzu. Erst seit drei Jahren ist sie mit ihrem Girokonto auf dem Markt, und schon hat sie 2,3 Millionen Kunden – in 24 europäischen Ländern. Einer der beiden Gründer der Bank, Valentin Stalf, erklärt:
    "Wir sind genau in diese Nische reingegangen und machen jetzt einfach ein Produkt, das man so einfach verwenden kann wie Netflix oder Spotify, aber es ist einfach ein Bankkonto am Smartphone."
    Das Girokonto lässt sich über eine App auf dem Mobiltelefon steuern. Wer Geld am Automaten abheben will, nimmt dafür eine Kreditkarte, die MasterCard.
    "Wir haben eigentlich von Anfang an gesehen, dass ganz viele Kunden nach einer anderen Banking-Experience suchen, nach einem digitaleren Banking-Produkt, nach einem einfacheren Banking-Produkt und nach einem, das auch deutlich transparenter ist."
    N26-Vorstandschef Valentin Stalf
    N26-Vorstandschef Valentin Stalf: "Es ist einfach ein Bankkonto am Smartphone.“ (Deutschlandradio/Sebastian Engelbrecht)
    Gute Chancen rechnet sich Vorstandschef Valentin Stalf auch auf dem US-Markt aus. In den kommenden Monaten will die Bank dort ihre Dienstleistungen anbieten. Schon jetzt unterhält N26 ein Büro in New York mit 30 Mitarbeitern und eines in Barcelona mit 70.
    In der Zentrale in Berlin-Mitte sind 600 Mitarbeiter beschäftigt. Valentin Stalf und Mitgründer Maximilian Tayenthal wählten den Standort aus, weil sie hier am leichtesten junge und digital geschulte Mitarbeiter finden konnten.
    "Ich glaube, das zeichnet Berlin aus – diese Mitarbeiter zu finden hier und das Talent, und Berlin ist sicher heute die führende digitale Stadt in Europa."
    Zu den Investoren, die sich von dem Geschäftsmodell der Bank Erfolg versprechen, gehört auch die Allianz. Im November warben Stalf und Tayenthal zudem in den USA um die Gunst von Investoren – und "sammelten" 230 Millionen Euro ein, vor allem bei dem Risikokapitalgeber Insight Venture Partners.
    Das Geheimnis des Erfolgs ist offensichtlich, dass bei der Bank N26 alles einfach zu handhaben ist: Die Eröffnung eines Kontos dauert nach Angaben der Bank nur acht Minuten.
    Wer bei N26 ein Konto eröffnen will, muss nicht persönlich zur nächsten Postfiliale gehen und sich dort per "Post-Ident"-Verfahren vorstellen. Vielmehr funktioniert die Identifizierung über einen Videoanruf, bei dem der Kunde seinen Pass vor die Kamera halten muss.
    Betrugsmasche beim Video-Ident-Verfahren
    Die Identifizierung per Video – oder auch per Foto – ist aber auch ein potenzieller Schwachpunkt. Kriminelle nutzen das Verfahren für ihre Zwecke aus: Sie unterbreiten per Internet Jobangebote. Der Interessierte muss ihnen seine persönlichen Daten schicken und sich über das Video-Ident-Verfahren identifizieren lassen. Dazu muss er sich die App von N26 herunterladen. In Wirklichkeit aber betreiben die Täter mit dem neu eröffneten Konto Geldwäsche-Geschäfte oder betrügerische Verkäufe per EBay. Allein in Niedersachsen gab es im vergangenen Jahr 126 Verdachtsmeldungen über solchen oder ähnlichen "Identitätsdiebstahl".
    Jörg Aus dem Bruch von der Polizeidirektion Göttingen befasst sich mit der Geldwäsche-Kriminalität in Niedersachsen:
    "Es ist nicht per se so, dass eine Online-Bank anfälliger ist. Es gibt auch jede Menge ‚Geister-Konten‘, nennt sie, glaube ich, die Bafin und die Finanzaufsicht, wo mit gefälschten Ausweisen auch bei Sparkassen, bei Deutschen Banken und bei Commerzbanken Konten eröffnet werden."
    Die Zahl der Betrugsfälle liegt also bei N26 nicht höher als bei anderen Banken, meint Aus dem Bruch. Aber die Art des Betrugs ist bei Online-Banken wie N26 meist dieselbe – der Missbrauch des Video-Ident-Verfahrens.
    "Wir bekommen also auch Verdachtsmeldungen der Sparkasse Göttingen und der Sparkasse Hildesheim, die bei uns im Zuständigkeitsbereich liegen. Was halt prägnant ist bei den Online-Banken, dass dort der modus operandi, also das Konto-Einrichten ohne Wissen eines Dritten, häufig der Sachverhalt ist."
    Weder die Polizeidirektion Göttingen noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin, warnen vor der Nutzung der Dienste der Bank N26. Sogar die "Financial Intelligence Unit" der Generalzolldirektion, spezialisiert auf Geldwäsche, sieht keinen Handlungsbedarf, etwas an der Geschäftspraxis der Bank zu ändern.
    N26-Vorstandschef Stalf verweist darauf, in der Bank arbeite ein Team von 30 Mitarbeitern ständig daran, auf Sicherheitsdefitize zu reagieren. Das sei ein ständiger Prozess.
    Anmerkung der Redaktion: Der N26-Vorstandschef Valentin Stalf hatte sich im Gespräch an einigen Stellen unpräzise ausgedrückt. Die Bank bat nachträglich darum, seine fehlerhaften Angaben zu korrigieren:
    • Jeden Tag gewinnt die Bank N26 im Durchschnitt 10.000 Kunden hinzu.
    • Das Girokonto lässt sich über eine App auf dem Mobiltelefon steuern. Wer Geld am Automaten abheben will, nimmt dafür eine Debit-Kreditkarte, die MasterCard.
    • Schon jetzt unterhält N26 ein Büro in New York mit mehr als 30 Mitarbeitern und eines in Barcelona mit rund 40.
    • In der Zentrale in Berlin-Mitte sind mehr als 600 Mitarbeiter beschäftigt.
    • Im November warben Stalf und Tayenthal zudem in den USA um die Gunst von Investoren – und "sammelten" mehr als 300 Millionen Dollar ein, vor allem bei dem Risikokapitalgeber Insight Venture Partners.