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Dirndl-Duell in der CSU

Wer wird Horst Seehofers Kronprinz? Oder Kronprinzessin? Klar ist das noch langer nicht. Doch einige Ministerinnen stehen schon bereit.

Von Michael Watzke |
    "Christine Haderthauer, sei herzlich gegrüßt. Herzlich willkommen!"

    Wo immer Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer auftaucht – sie spricht bald von ihrem Mann *. Neulich ging’s um altersgerechte Betten:

    "Ich sprech’ da aus Erfahrung, weil wir kürzlich ein neues Ehebett gebraucht haben, mein Mann und ich. Das alte Bett ist unter uns zusammengebrochen!"

    Man erfährt Erstaunliches aus dem Schlafzimmer von Christine und Hubert *. Hubert ist...

    "Mein Mann! / Weil ich meinen Mann gebeten hatte... / Mein Mann ist... / Mein Mann sagt immer... / Kinder, Hund, Wellensittich, Mann und so weiter..."

    Mann, Mann, Mann.

    "Wir sind seit 1985 verheiratet!"

    ... und haben zwei erwachsene Kinder *. Das teilt die bayerische Familienministerin gern und häufig mit, auch seitdem bekannt wurde, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner von Berlin nach München wechselt.

    "Ich finde es halt wichtig, dass die Unterschiedlichkeit der Lebensentwürfe auch in Parteien repräsentiert wird."

    Das werden sie neuerdings. Vor allem in der CSU. Denn auch Markus Söder erzählt inzwischen gern, wer ihn zuhause erwartet, wenn er nach einem anstrengenden Tag im bayerischen Finanzministerium heimkommt.

    "Meine Kinder in der Regel. Oder meine Frau. Weil ich habe so einen Korbsessel, darin verziehe ich mich dann, wenn ich genug von Politik und dem ganzen Ärger habe."

    Während also Markus Söder mit Frau und Kindern gemütlich im Korbsessel entspannt, greift Ilse Aigner im Berliner Supermarktregal nach einer Single-Packung Ravioli fürs Abendessen:

    "Bei mir ist es so: Ich muss halt auch vorausplanen. Ich bin nicht so viel zuhause. Wenn ich zu große Packungen einkaufe, dann muss ich was wegschmeißen. Deshalb ist nicht automatisch groß gleich immer günstiger."

    Groß ist Ilse Aigners Haushalt wahrlich nicht. Die 47-jährige Powerfrau mit der tiefen Stimme und dem 1,80-m-Gardemaß behält ihr Privatleben für sich.

    "Also, bei der Reaktion der Menschen sehe ich jetzt nicht, dass die mich fragen, welchen Familienstand ich habe. Sondern sie mögen mich oder mögen mich nicht. Sie finden, dass ich das gut mache oder nicht gut mache. Das ist die entscheidende Frage."

    Die Liberalitas bavariae, sagt Ilse Aigner, werde außerhalb Bayerns oft unterschätzt. Möglicherweise unterschätzen aber auch manche Parteifreunde in der CSU den bayerischen Freigeist. Warum sonst betonen derzeit so viele innerparteilichen Mitbewerber ihren Familienstand, seit CSU-Chef Horst Seehofer die patente Ilse bei einer eigens anberaumten Presse-Konferenz zum "Bäumchen-wechsel-Dich"-Spiel lud:


    "Ich darf Dich bitten, Ilse, dass ich jetzt an Deinen Platz gehe und Du an meinen Platz. Das soll aber nichts besagen, meine Damen und Herren!"

    Wenn Horst Seehofer so lacht, dann läuten bei sämtlichen bayerischen Kronprinzen und Prinzessinnen die Alarmglocken. Zwischen den Damen hat eine Art Dirndl-Duell begonnen, bei dem Aigner derzeit in Führung liegt.

    "Ich hab’ einige. Ich kann gar nicht sagen, wie viele. Die kann man ja unterschiedlich kombinieren. Es gibt für den Alltag andere Trachten als für Festtage. Aber ich finde, man ist [im Dirndl] immer gut gekleidet."

    Deshalb ist Ilse Aigner in Bayern häufig im Dirndl unterwegs. Christine Haderthauer dagegen ist nicht so der Dirndl-Typ.

    "Ich bin halt jemand, wo sich auch Neubürger eher mal wohlfühlen, weil sie sagen: 'Die spricht uns mehr an als andere, die manchmal gar nicht merken, dass sie so reden, dass sich Neubürger fast so ein bisschen ausgeschlossen vorkommen können."

    Mit Neubürgern kennt sich Haderthauer aus. In ihrem Wahlbezirk im oberbayerischen Ingolstadt leben viele Zugereiste aus Hamburg oder Hessen, die mit Mundart und Tracht ihre Probleme haben. Wie Haderthauer.

    "Ich hab einen norddeutschen Migrationshintergrund, das merkt man an meiner Sprache. Ich merke, dass ich gerade auch im großstädtischen Bereich Leute für die CSU erschließen kann, die sich bisher von der CSU nicht so angesprochen gefühlt haben."

    Die Sache mit den Neubürgern hat Christine Haderthauer sogar im CSU-Vorstand angesprochen. Ilse Aigner, die Bezirks-Chefin der oberbayerischen CSU, war davon nicht so begeistert. Sie setzt auf Tradition in weiß-blau.

    "Ich liebe meine Heimat über alles, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Der Himmel ist wunderbar, die Berge und Seen mag ich auch sehr. Dahoam ist dahoam. Man ist da zuhause, wo man zuhause ist."

    Natürlich weiß Aigner, dass Haderthauer nicht in Bayern geboren und nur teilweise in Bayern aufgewachsen ist. Und dass sich die bayerische Sozialministerin in ihrem gerade erst neu zugeschnittenen Wahlkreis schwer tut. Manch traditioneller CSU-Wähler betrachtet die gebürtige Schleswig-Holsteinerin gar als "Preissin". Aigner sagt, bei der letzten Landtagswahl habe die CSU in Oberbayern massiv Wählerstimmen verloren. Deshalb beobachte sie alle oberbayerischen Wahlkreise sehr genau:

    "Selbstverständlich. Wenn es Probleme gibt, dann kommen die Orts- und Kreisvorsitzenden auf mich zu und sagen: 'Wir haben da ein Problem. Kannst Du Dich da einschalten?’ Und das mach ich dann auch."

    In Sachen Haderthauer schaltet sich Aigner immer wieder mal ein. Etwa als Horst Seehofer die bayerische Sozialministerin ins Finanzministerium befördern wollte. Aigner intervenierte. Finanzminister wurde Markus Söder. Und Haderthauer? Steht ihren Mann. Und spricht über ihn.

    "Wir hatten erst vor zwei Jahren silberne Hochzeit! Es gibt ja mehrere Lebensentwürfe und mehrere Protagonistinnen für alle… Lebensentwürfe würde ich gar nicht sagen. Das Leben lebt halt, gell?"

    Das Leben lebt. Mal sehen, was es noch bringt.

    * Aus redaktionellen Gründen geändert