
Schwarze und muslimische Menschen berichten deutlich häufiger von Diskriminierung bei der Wohnungssuche, ebenso wie asiatische oder osteuropäische Menschen. Sie scheitern häufig schon an der ersten Hürde – der Besichtigung. Das belegt eine aktuelle Studie des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa).
Zugleich läuft ein Gerichtsprozess vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Klägerin ist eine Frau mit pakistanischem Nachnamen, die erst dann einen Besichtigungstermin erhielt, nachdem sie sich als "Schmidt" ausgab. Die Frau beruft sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und fordert Schadenersatz. Doch selbst ein Sieg vor Gericht garantiert ihr keine Wohnung.
Wie verbreitet ist Diskriminierung bei der Wohnungssuche?
Die aktuelle Studie des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) mit knapp 10.000 Teilnehmenden zeigt: Besonders schwarze und muslimische Menschen sowie asiatische oder osteuropäische Bewerberinnen haben auf dem deutschen Mietmarkt schlechte Chancen, selbst bei vergleichbarer Qualifikation und gleichem Einkommen. Die Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt schreckt auch internationale Fachkräfte ab.
Die Analysen basieren auf repräsentativen Daten des NaDiRa-Panels: Zwischen August 2024 und Januar 2025 wurden 9.512 Personen befragt. Die Antworten wurden statistisch ausgewertet und unter anderem mit amtlichen Daten, etwa zu Umweltbelastungen, verknüpft.
Ergänzend führten die Forschenden ein Feldexperiment durch. Über Immoscout 24 verschickten sie identische Bewerbungen auf Anzeigen – versehen mit unterschiedlichen Namen. Dabei zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit, bei ausländisch klingenden Namen eine Rückmeldung oder gar eine Einladung zu erhalten, deutlich geringer war.
Bei Bewerbungen mit deutsch klingenden Namen lag die Wahrscheinlichkeit für eine Einladung bei 22 Prozent. Bei identischen Bewerbungen mit afrikanischem Namen betrug sie 17 Prozent, bei Bewerbungen mit Namen aus dem Nahen Osten, Nordafrika und der Türkei lediglich 16 Prozent.
Der Sozialwissenschaftler Cihan Sinanoğlu vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung spricht von „alarmierenden Ergebnissen“ und bezeichnet die Wohnungsfrage als „Zukunftsfrage für diese Gesellschaft“.
Woran zeigt sich Diskriminierung konkret der Wohnungssuche?
Schwarze und muslimische Menschen scheitern aber nicht nur an der ersten Hürde – der Besichtigung. Rund ein Drittel gab an, wegen ihrer Zugehörigkeit gar nicht erst eingeladen zu werden.
Rassistisch markierte Personen zahlen im Schnitt auch anteilig mehr für ihre Miete und leben häufiger mit unsicheren Verträgen – etwa mit Befristungen oder Indexmieten. Dadurch steigt für viele das Risiko, in Wohnarmut abzurutschen.
Hinzu kommen schlechtere Wohnbedingungen: Schimmel, mangelhafte Dämmung oder marode Bausubstanz treten bei von Rassismus betroffenen Mieterinnen und Mieter deutlich häufiger auf. Gleichzeitig leben sie öfter in stärker belasteten Wohnlagen – mit mehr Verkehr, höherer Luftverschmutzung und weniger Grünflächen.
Die Studie zeigt ein klares Muster: Diskriminierung beim Wohnen ist für viele kein Ausnahmefall, sondern Alltag.
Wo liegen die größten rechtlichen und politischen Lücken?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Deutschland verbietet Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Im Bereich Mietwohnungen gilt das Gesetz jedoch nur, wenn Vermieter mehr als 50 Wohnungen besitzen. Bei Privatvermietungen bietet das Gleichbehandlungsgesetz hingegen keinen Schutz.
“Wir wissen aus der Forschung, dass Diskriminierung vor allen Dingen bei privaten Vermietern passiert”, sagt Sozialwissenschaftler Cihan Sinanoğlu. Das müsse sich ändern.
Selbst wenn Betroffene vor Gericht klagten und Recht bekämen, verhelfe ihnen das nicht zu einer Wohnung, sagt Remzi Uyguner, Berater der Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt in Berlin. Denn das Gericht verpflichtet die Gegenseite nicht zur Ausstellung eines Mietvertrags, sondern nur zu Schadenersatz oder Entschädigung.
Was muss passieren, um Betroffene besser zu schützen?
Der Bericht betont vor allem: Die Auswahl bei der Wohnungssuche muss transparenter werden. Vermieter sollten offenlegen, nach welchen Kriterien sie Bewerber zu Besichtigungen einladen - gerade weil das Experiment gezeigt hat, dass identische Bewerbungen je nach Namen unterschiedlich behandelt werden. Studienleiter Cihan Sinanoğlu fordert, Ausnahmeregelungen für private Vermieter kritisch zu prüfen, um Gesetzeslücken zu schließen.
Privatvermieter stärker in die Pflicht nehmen
Mit einem Verbandsklagerecht, wie es die Studie empfiehlt, müssten Betroffene nicht selbst vor Gericht ziehen; stattdessen könnte ein Verein als Kläger auftreten, sagt die Bundestagsabgeordnete Janina Gambler (Bündnis 90/Die Grünen). Die Beweislast, dass bei der Wohnungsvergabe nicht diskriminiert wurde, müsse von vornherein beim Vermieter liegen, sagt auch die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Die Linke).
Außerdem braucht es mehr Kontrolle bei Wohnungen, in denen Mängel wiederholt auftreten. Wenn Kommunen schneller eingreifen und Vermieter stärker in die Pflicht nehmen, würde das vielen sofort helfen.
Die Studie empfiehlt zudem, Unterstützungsstrukturen weiter auszubauen. Denn der Bedarf ist groß. Bei der Berliner Beratungsstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt hätten sich in diesem Jahr bereits rund 200 Menschen gemeldet, weil sie aufgrund ihres Namens, ihrer Hautfarbe oder aus anderen Gründen abgelehnt oder sogar beleidigt wurden, berichtet Remzi Uyguner.
Auch bei der Beratungsstelle „Queer Home“, war die Nachfrage im Jahr 2023 hoch - queere Menschen sind eine weitere Gruppe, die von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt betroffen ist.
Außerdem kennen viele Betroffene ihre Rechte nicht: Weder melden sie die Vorfälle noch suchen fast zwei Drittel eine Beratung oder Beschwerdestelle auf. Knapp die Hälfte der Befragten kennt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht, das sie eigentlich schützen soll.
Es gibt auch gute Nachrichten: Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hätten nicht zuletzt durch die Arbeit der Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt bereits ein besseres Problembewusstsein entwickelt, sagt Berater Uyguner. Sie vergeben Wohnungen inzwischen häufiger per Losverfahren, um Diskriminierungen auszuschließen.
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