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Diskussion bei den Grünen
Unmut über Kretschmanns Merkel-Lob

Mit seinem Plädoyer für eine weitere Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann Widerstand in seiner Partei ausgelöst. Man stehe für einen Politikwechsel, sagte die Bundesvorsitzende Simone Peter. Auch aus seinem Landesverband kommt Kritik.

03.11.2016
    Gut eine Woche vor dem Grünen-Parteitag in Münster sorgte Kretschmann in seiner Partei für Wirbel mit seinem offenen Bekenntnis zu Merkel. Eine erneute Kandidatur Merkels fände er "sehr gut", hatte er gestern in der ARD-Sendung "Maischberger" erklärt. Er kenne niemanden, "der diesen Job besser machen könnte als sie". Merkel sei derzeit "sehr wichtig in der europäischen Krise". "Den Kurs, den sie fährt, der ist richtig."
    Merkel selbst hat sich noch nicht dazu geäußert, ob sie erneut kandidieren will.
    Peter und Hofreiter gegen Vorfestlegungen in der Koalitionsfrage
    In der Parteispitze der Grünen stießen Kretschmanns Äußerungen auf Widerstand. Grünen-Chefin Simone Peter erklärte, bei der Bundestagswahl 2017 träten die Grünen "für einen Politikwechsel" ein. "Wir wollen Merkels große Koalition ablösen und werden dabei ganz bestimmt keine Vorfestlegungen auf etwaige Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten vornehmen", sagte sie der "taz".
    Ihr Co-Vorsitzender Cem Özdemir warnte vor Koalitionsdebatten zum jetzigen Zeitpunkt. Stattdessen sollten sich die Grünen darauf konzentrieren, mehr Menschen zu gewinnen "als bei der letzten Bundestagswahl", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Fraktionschef Anton Hofreiter sprach im "Handelsblatt" von einem "schwierigen Wahlkampf, mit offenen Koalitionsaussagen". Da müsse man "umso deutlicher machen, was inhaltlich ansteht".
    Kritik an Kretschmann kam auch vom baden-württembergischen Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand. Es gebe keinen Grund, Merkel über den "grünen Klee" zu loben, sagte er. "Die Blockadehaltung der Union beim Klimaschutz mit Angela Merkel an der Spitze ist ökologisch verantwortungslos und ein Armutszeugnis."
    Parteitag will über Ausrichtung debattieren
    Intern wird bei den Grünen immer wieder diskutiert, ob die Partei eher auf Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Grün setzen soll. Die Grünen wollen auf ihrem Parteitag vom 11. bis 13. November in Münster über ihre Ausrichtung debattieren. Kretschmann ist Befürworter einer schwarz-grünen Koalition im Bund. In Baden-Württemberg steht er selbst an der Spitze eines Bündnisses mit der CDU.
    Der Parteichef der Linken, Bernd Riexinger, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Grünen stünden jetzt vor einer Richtungsentscheidung. Die Mehrheit der Grünen sei vermutlich nicht für ein Bündnis mit der Union, weil viele wüssten: "Wer mit Merkel ins Bett geht, wacht mit Seehofer im Arm auf." Via Twitter kommentierte Riexinger die Äußerungen Kretschmanns mit Süffisanz:
    Mehrere CDU-Politiker hatten sich bereits in der Vergangenheit für ein mögliches Bündnis mit den Grünen stark gemacht. CDU-Bundesvize Thomas Strobl, der in Baden-Württemberg Vize-Regierungschef unter den Grünen ist, sagte: "Wenn es die Konstellation nach der Bundestagswahl 2017 hergäbe, bin ich dafür, dass wir mit den Grünen ernsthaft sprechen." Die Grünen seien, ebenso wie die Sozialdemokraten, ein ebenbürtiger Gesprächspartner.
    (kis/fwa)