Meyer: Wir haben zwei gegenläufige Tendenzen: Auf der einen Seite das, was Sie eben schon gesagt haben, die Folgen des 11. September, die Folgen des Irak-Krieges, auch das Kopftuchurteil und ähnliches. Der Fokus der Öffentlichkeit, das gesellschaftliche Interesse besteht massiv nach mehr Informationen, nach Experten, die helfen, diese Hintergründe aufzuzeigen. Das Interesse an der gegenwartsbezogenen Orientforschung war nie so groß wie heute. Auf der anderen Seite: Wenn es zu den Universitäten als Anbieter kommt, stellen wir fest, dass auch noch nie der Druck in finanzieller Hinsicht so groß war wie heute, der Zwang zum Einsparen, der dazu führt, dass gerade auch kleinere Fächer, regionalspezifisch, die etwa im Bereich der Politikwissenschaft, im Bereich der Wirtschaftswissenschaft, in der Geographie, in anderen Sozialwissenschaften sich speziell mit dem Vorderen Orient beschäftigen, dass die nicht die nötige Lobby haben, um bei den massiven Verteilungskämpfen und bei den Einsparungsmaßnahmen tatsächlich zu überleben. Das sind die großen Konflikte. Gesellschaftlich enorme Nachfrage, aber auf der anderen Seite die Restriktionen im Bereich der Forschung und im Bereich der Lehre an den Universitäten.
Guckeisen: Wenn Sie sagen "gesellschaftlich große Nachfrage", was meinen Sie damit? Ist das die Zahl der Bewerber, die stark zugenommen hat bei Ihnen?
Meyer: Das ist unterschiedlich. Wir hatten zunächst unmittelbar nach dem 11. September einen ungeheuren Boom. Die Hörsäle platzten aus allen Nähten, die Leute saßen nicht nur auf den Stufen, sondern auch vor den Türen. Nicht nur Studierende, sondern auch die Öffentlichkeit, die in die Hörsäle kam, das hat relativ rasch nachgelassen. Wir haben einen weiteren Boom von Leuten, die permanent hier studieren wollten, das hat spätestens nach drei Monaten nachgelassen, als sie merkten, dass man sehr fundiert Arabisch studieren muss – eine sehr schwere Sprache -, dass man Türkisch und auch Iranisch lernen muss. Das hat viele dann spätestens nach dem zweiten Semester abgeschreckt, so dass wir in der Hinsicht relativ konstante Verhältnisse hatten. Nur kommen dann neue Entwicklungen hinzu. Das eine ist der generelle Studienboom. Wir haben nie so viele Studierende an den deutschen Universitäten gehabt. Das schwappt auch auf die islamkundlichen Fächer über. Der zweite, immer mehr Muslime der zweiten Generation, Einwanderer aus der Türkei, aus den arabischen Ländern, beschäftigen sich intensiv mit dem Islam, wollen Islamkunde im weitesten Sinne, kulturelle, sozialwissenschaftlicher Aspekt des Islam studieren und damit auch zu ihren Wurzeln zurückfinden. Bei manchen von ihnen spielt natürlich auch eine Rolle, dass sie sich sagen: Arabisch kann ich, Türkisch kann ich auch, also wird das ein ziemlich einfaches Fach sein. Da verrechnen sich aber viele. Wir haben noch eine dritte Gruppe, nämlich eine ungeheure Nachfrage aus den muslimischen Ländern, Studierende der Oberschicht aus den arabischen Ländern, die früher in die USA gegangen sind. Auf Grund der massiven Diskriminierungen drängen die an die deutschen Universitäten, so dass wir dort insgesamt eine hohe Nachfrage haben. In Berlin musste beispielsweise ein Numerus Clausus für die islamkundlichen Fächer erlassen werden.
Guckeisen: Herr Meyer, da kommt jetzt schon wieder der Vorbehalt im Kopf: Wir haben ja gerade die Diskussion um die Fahd-Akademie gehabt. Wenn Sie sagen, das sind Leute aus höheren sozialen Schichten der arabischen Welt- wie kann man sich denn vor fundamentalistischen Bewerbern in dieser Hinsicht schützen? Ist das möglich?
Meyer: Höhere soziale Schichten, das mag zwar der Fall sein, dass davon einige islamistisch-wahabitisch aus Saudi-Arabien sind. Das kann man aber absolut nicht pauschalisieren. Es sind hier vielmehr junge Leute aus dem Mittelstand, aus der gehobenen Mittelschicht aus der gesamten islamischen Welt, die hierher kommen, von denen die allerwenigsten tatsächlich islamistisch sind. Diejenigen, die islamistisch sind, die kommen nicht an deutsche Universitäten. Ganz im Gegenteil: Sie kommen hierher, weil sie westliche Vorstellungen haben, Vorstellungen vom westlichen Lebensstil, etwas völlig anderes als das, was wir als Fundamentalismus von den Wahabiten aus Saudi-Arabien kennen.
Guckeisen: Kommen wir noch zu denen, die den Studiengang belegen. Es klingt vielleicht ein bisschen zynisch, aber gerade vor dem Hintergrund des Terrors und des Bedarfs in Politik, Polizei, Geheimdienste, die ja dringend nach Islamexperten suchen. Sind denn die Berufsaussichten besser geworden in diesem Bereich?
Meyer: Sie sind nicht zuletzt deshalb besser geworden gerade auch für Muslime angesichts der Tatsache, dass der islamkundliche Religionsunterricht an den Universitäten massiv gefördert wird und wie etwa in Berlin schon praktisch durchgeführt wird und in Nordrhein-Westfalen läuft das ganze an, in Hamburg und in Schleswig-Holstein wird es diskutiert, so dass Ausbildungslehrgänge in Islamkunde für Muslime, die in Deutschland aufgewachsen sind, angeboten werden. Hier ist in Zukunft noch ein ganz großer Bedarf in diesem Sektor.
Guckeisen: Gute Berufsaussichten also - hoffen wir, dass das auch zu einem besseren Verständnis zwischen den Kulturen beiträgt. In Campus & Karriere Günther Meyer, Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation.
Guckeisen: Wenn Sie sagen "gesellschaftlich große Nachfrage", was meinen Sie damit? Ist das die Zahl der Bewerber, die stark zugenommen hat bei Ihnen?
Meyer: Das ist unterschiedlich. Wir hatten zunächst unmittelbar nach dem 11. September einen ungeheuren Boom. Die Hörsäle platzten aus allen Nähten, die Leute saßen nicht nur auf den Stufen, sondern auch vor den Türen. Nicht nur Studierende, sondern auch die Öffentlichkeit, die in die Hörsäle kam, das hat relativ rasch nachgelassen. Wir haben einen weiteren Boom von Leuten, die permanent hier studieren wollten, das hat spätestens nach drei Monaten nachgelassen, als sie merkten, dass man sehr fundiert Arabisch studieren muss – eine sehr schwere Sprache -, dass man Türkisch und auch Iranisch lernen muss. Das hat viele dann spätestens nach dem zweiten Semester abgeschreckt, so dass wir in der Hinsicht relativ konstante Verhältnisse hatten. Nur kommen dann neue Entwicklungen hinzu. Das eine ist der generelle Studienboom. Wir haben nie so viele Studierende an den deutschen Universitäten gehabt. Das schwappt auch auf die islamkundlichen Fächer über. Der zweite, immer mehr Muslime der zweiten Generation, Einwanderer aus der Türkei, aus den arabischen Ländern, beschäftigen sich intensiv mit dem Islam, wollen Islamkunde im weitesten Sinne, kulturelle, sozialwissenschaftlicher Aspekt des Islam studieren und damit auch zu ihren Wurzeln zurückfinden. Bei manchen von ihnen spielt natürlich auch eine Rolle, dass sie sich sagen: Arabisch kann ich, Türkisch kann ich auch, also wird das ein ziemlich einfaches Fach sein. Da verrechnen sich aber viele. Wir haben noch eine dritte Gruppe, nämlich eine ungeheure Nachfrage aus den muslimischen Ländern, Studierende der Oberschicht aus den arabischen Ländern, die früher in die USA gegangen sind. Auf Grund der massiven Diskriminierungen drängen die an die deutschen Universitäten, so dass wir dort insgesamt eine hohe Nachfrage haben. In Berlin musste beispielsweise ein Numerus Clausus für die islamkundlichen Fächer erlassen werden.
Guckeisen: Herr Meyer, da kommt jetzt schon wieder der Vorbehalt im Kopf: Wir haben ja gerade die Diskussion um die Fahd-Akademie gehabt. Wenn Sie sagen, das sind Leute aus höheren sozialen Schichten der arabischen Welt- wie kann man sich denn vor fundamentalistischen Bewerbern in dieser Hinsicht schützen? Ist das möglich?
Meyer: Höhere soziale Schichten, das mag zwar der Fall sein, dass davon einige islamistisch-wahabitisch aus Saudi-Arabien sind. Das kann man aber absolut nicht pauschalisieren. Es sind hier vielmehr junge Leute aus dem Mittelstand, aus der gehobenen Mittelschicht aus der gesamten islamischen Welt, die hierher kommen, von denen die allerwenigsten tatsächlich islamistisch sind. Diejenigen, die islamistisch sind, die kommen nicht an deutsche Universitäten. Ganz im Gegenteil: Sie kommen hierher, weil sie westliche Vorstellungen haben, Vorstellungen vom westlichen Lebensstil, etwas völlig anderes als das, was wir als Fundamentalismus von den Wahabiten aus Saudi-Arabien kennen.
Guckeisen: Kommen wir noch zu denen, die den Studiengang belegen. Es klingt vielleicht ein bisschen zynisch, aber gerade vor dem Hintergrund des Terrors und des Bedarfs in Politik, Polizei, Geheimdienste, die ja dringend nach Islamexperten suchen. Sind denn die Berufsaussichten besser geworden in diesem Bereich?
Meyer: Sie sind nicht zuletzt deshalb besser geworden gerade auch für Muslime angesichts der Tatsache, dass der islamkundliche Religionsunterricht an den Universitäten massiv gefördert wird und wie etwa in Berlin schon praktisch durchgeführt wird und in Nordrhein-Westfalen läuft das ganze an, in Hamburg und in Schleswig-Holstein wird es diskutiert, so dass Ausbildungslehrgänge in Islamkunde für Muslime, die in Deutschland aufgewachsen sind, angeboten werden. Hier ist in Zukunft noch ein ganz großer Bedarf in diesem Sektor.
Guckeisen: Gute Berufsaussichten also - hoffen wir, dass das auch zu einem besseren Verständnis zwischen den Kulturen beiträgt. In Campus & Karriere Günther Meyer, Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation.