Hochwasser
Diskussion um Versicherungspflicht für Elementarschäden - was dafür spricht und was dagegen

Das extreme Hochwasser in Süddeutschland hat eine neue Diskussion über den Versicherungsschutz für Hausbesitzer ausgelöst. Die Umweltminister der Länder fordern die Einführung einer Elementarschäden-Pflichtversicherung. Denn viele Immobilienbesitzer sind nicht ausreichend versichert. Sollte eine Elementarversicherung verpflichtend werden? Was dafür spricht - und was dagegen.

07.06.2024
    Eine Luftaufnahme zeigt überflutete Häuser im bayerischen Ort Reichersthofen.
    In Bayern wie hier in Reichertshofen sind viele Menschen von Hochwasserschäden betroffen. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)

    Was ist eine Elementarversicherung?

    Elementarpolicen sind ein Zusatzbaustein zur Gebäudeversicherung. Die reguläre Gebäudeversicherung zahlt für Sturm und Hagelschäden, nicht jedoch bei Hochwasser. Elementarversicherungen hingegen decken weitere von den Naturelementen verursachte Schäden ab. Aber auch eine Elementarpolice deckt nicht alle denkbaren Wasserschäden ab. Strömt etwa Grundwasser durch den Abfluss im Waschkeller nach oben ins Wohnhaus, zählt das in der Regel als Baumangel.
    Eine Versicherungspflicht für Elementarschäden gibt es bisher nicht. In extrem hochwassergefährdeten Gebieten ist es für Hauseigentümer in der Regel auch schwierig, einen Versicherer mit einer Elementarpolice zu finden.

    Warum wird über eine Pflichtversicherung diskutiert?

    Nur etwa die Hälfte der in Deutschland stehenden privaten Gebäude ist elementarversichert. Bisher sprangen nach Flutkatastrophen regelmäßig Bund und Länder ein, um Geschädigte zu unterstützen. Die Milliardenkosten wurden dabei durch die Allgemeinheit getragen - also durch Steuergeld. Die Bundesländer wollen die Versicherungslücken nicht länger auffangen. Daher haben die Landes-Umweltminister den Bund aufgefordert, eine Versicherungspflicht einzuführen.

    Was spricht für eine Versicherungspflicht? 

    Das Hauptargument sind geringere Kosten für die Allgemeinheit: Aktuell würde etlichen bisher nicht versicherten privaten Hauseigentümern im Falle einer schweren Überschwemmung der Ruin drohen. Das aufzufangen ist für den Staat extrem teuer. Die Länder wollen die Versicherer deshalb in die Pflicht nehmen. Nach den verheerenden Fluten an Ahr und Erft im Jahr 2021 belief sich der Gesamtschaden auf mehr als 40 Milliarden Euro. Ob der Staat solche Lasten auch künftig tragen kann und will, ist unklar.

    Was spricht gegen eine Versicherungspflicht?

    Die Versicherungsbranche befürchtet, dass Staat und Bürger nach Einführung einer Pflichtversicherung am Hochwasserschutz sparen könnten, denn es müsste folglich immer die Versicherung zahlen. Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Asmussen, sagte im Deutschlandfunk, eine Pflichtversicherung löse das Problem nicht.
    Der Ansatz müsse vielmehr sein, Schäden zu verhindern. Dazu gehöre etwa, dass man nicht mehr in Hochwasser-gefährdeten Gebieten baue. Asmussen plädierteim Deutschlandfunk für mehr Prävention unter Berücksichtigung des Klimawandels, verbunden mit einem Versicherungsschutz auf freiwilliger Basis.
    Eine weitere Frage ist die der Kosten für die Elementarversicherung. Es wird befürchtet, dass Versicherungen die Police gerade in gefährdeten Gebieten besonders hoch ansetzen, um entsprechende Kosten im Versicherungsfall auffangen zu können.

    Wer ist noch gegen eine Versicherungspflicht?

    Neben Versicherern und Hauseigentümerverbände sind auch Justizminister Buschmann und die FDP dagegen. Das Justizministerium warnt, dass eine Versicherungspflicht für viele Haushalte "mit drastischen finanziellen Mehrbelastungen verbunden wäre", wie eine Sprecherin Buschmanns sagte. Auch Bundesumweltministerin Lemke (Grüne) hat wegen einer Mehrbelastung Bedenken geäußert.

    Wie geht es weiter?

    Die Länder forderten den Bund schon im Frühjahr 2023 im Bundesrat auf, eine Versicherungspflicht einzuführen. Eine daraufhin eingesetzte Arbeitsgruppe soll ihre Ergebnisse am 20. Juni bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz vorstellen.
    Im Bundestag räumte Bundeskanzler Scholz ein, Bund und Länder müssten sich besser auf solche Katastrophen vorbereiten. Überall im Land müssten Flutpolder und Rückhaltebecken entstehen, auch wenn das nicht beliebt sei. Scholz will mit den Ministerpräsidenten über deren Forderung nach einer Versicherungspflicht sprechen. 
    Diese Nachricht wurde am 05.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.