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Diskussionen über irische Wiedervereinigung
Das "Rugby-Modell"

Der Journalist Martin Alioth beschreibt Rugby in Irland als Musterbeispiel an Toleranz und Integration. Denn der irische Rugbyverband vereint die Republik und Nordirland. Die gemeinsame Nationalmannschaft steht aktuell im Fokus, weil sie als Weltranglistenerster in die WM startet.

Martin Alioth im Gespräch mit Marina Schweizer | 21.09.2019
Spielszene beim Rugby: Irland gegen Wales. Mehrere Spieler springen dem Ball entgegen, der herunterfällt.
Spielszene beim Rugby: Irland gegen Wales (Yannis Halas/Imago)
Die innerirische Grenze ist zum zentralen Punkt im Streit um den Brexit geworden. "Doch das ist in diesem Rugbykontext kein Thema", sagt Martin Alioth im Dlf. Alioth ist Schweizer Journalist und lebt in Dublin. Er erklärt, dass das Rugby-Modell immer wieder das Beispiel sei, wenn es um die Idee einer Wiedervereinigung der beiden irischen Staaten geht.
Doch warum ist Rugby-Irland vereint? Bei der politischen Teilung der Insel 1921 sei der Vorstand des Rugbyverbandes nahezu ausschließlich protestantisch gewesen, darum sei er nicht geteilt worden, erklärt Alioth. Auch die Rolle als Rekrutierungshelfer für die britische Armee im Ersten Weltkrieg habe wohl eine Rolle gespielt.
Martin Alioth
Der Autor Martin Alioth (Annette Boutellier)
Alioth beschreibt Rugby in Irland als weitgehend bürgerliche Sportart. "Vor allem, weil der Nachwuchs ausschließlich aus Privatschulen kommt. Und da gehen natürlich nur die Kinder wohlhabender Eltern hin. Das bildet eine gewisse Auslese. Es gibt letztlich keine Clubstruktur an der Basis." Nur die Provinz Munster mit den Städten Limerick und Cork bilde eine Ausnahme. Dort sei Rugby eine Massensportart, wie ansonsten vor allem die gälischen Sportarten Hurling und Gaelic Football.
Die Erlaubnis des Gälischen Sportverbandes, 2007 ein Rugbyspiel Irland-England im gälischen Stadion auszurichten sei ein riesiges Ereignis gewesen, weil dieser Verband seinen Mitgliedern zuvor Rugby als Garnisonssportart der Besatzer verboten hatte. Dazu kommen weitere Zeichen der Toleranz, die mit dem irischen Rugby zu tun haben: Die Mannschaft spielt mit einem Wappen, der alle Regionen vereint und die Staaten ignoriert und speziell für Rugby ist eine eigene Hymne geschrieben worden, die für alle Iren gilt.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.