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DJ für eine Nacht

Man kennt sie im Anzug und mit einem Laptop oder einem Bücherstapel unter dem Arm - Professoren an der Uni. In Leipzig jedoch tauschen einige der Dozenten unter dem Motto "My Prof is my DJ" die Aktentasche gegen den Plattenkoffer.

Von Thomas Matsche |
    "Seid gegrüßt. Ich war schon lange nicht mehr so nervös. Ich hoffe nur, ihr macht jetzt alle cool mit."

    Es ist kurz nach 23 Uhr. Professor Thomas Lenk steht am DJ-Pult. Dem Wirtschaftswissenschaftler stehen die Schweißperlen auf der Stirn.

    Als erster von fünf Leipziger Professoren legt er an diesem Abend Musik auf. Die Studierenden sind von Anfang an auf seiner Seite. Auch bei Rockmusik aus den 70er-Jahren. Einige der Studierenden, die auf der Tanzfläche schwitzen, kennt Professor Thomas Lenk persönlich. Aus Seminaren und Vorlesungen. Wie diese Wirtschaftsstudierende.

    "Auch aus der Vorlesung kennen wir ihn als einen Professor, der auch mal gern rumwitzelt, und ich finde, dass er auch das Bild verbreitet, dass er mit den Studenten eine Connection sucht, sodass er sich nicht in sein Büro verkriecht und halt nichts mit den Studenten zu tun haben will. Ich finde, dass wir ihn dadurch mehr respektieren, weil wir dann auch auf einem persönlichen Level mit ihm klarkommen, sage ich mal."

    Dass die Musik-Übergänge gelingen, dafür hat Thomas Lenk hart trainieren müssen.

    Eine Woche zuvor.
    Thomas Lenk schaut mit großen Augen auf ein Mischpult. Der gestandene Leipziger DJ Ekkehard Hellmundt, genannt Ekki, gibt einen Crashkurs in Technikfragen. Nur die wesentlichen Funktionen erklärt er dem DJ-Laien. Crossfader, Timecode, Mikrofonansage.

    "Die Playtaste dient dem Abspielen und Cue-Taste macht Stopp und springt zum Anfang wieder zurück. Und jetzt sehen wir, oh, wir haben noch 30 Sekunden, dann nimmst du das Mikro in die Hand und sagst: Das war Musik von den Kinks, und das war "Lola" und das war wunderschön und ich hoffe, dass ihr auch eine Lola habt und ich habe einen wunderschönen Titel von den Beatles ausgesucht."
    Einhundert Titel hat Thomas Lenk zuhause auf eine Playlist geschrieben. Für vierzig Minuten DJ Session viel zu viele. Ob die Oldies bei den Studierenden ankommen werden, darüber Thomas Lenk nicht nachgedacht. Aufgeregt sei er aber nicht auch weil die Studierenden ihn mögen, wie er glaubt. Denn Thomas Lenk ist eher von der lässigen Sorte.

    Über den Campus saust der Wirtschaftswissenschaftler gerne mit dem Tretroller. Mit vielen Studierenden ist er per du. Sein Einsatz als DJ passe zu ihm.

    "Ich glaube, dass so ein Abend tatsächlich den Studenten zeigt, Professoren sind auch nur Menschen, falls sie das noch nicht wissen. Es ist auch wichtig, dass dieses Wir-Gefühl an einer Universität noch viel mehr gestärkt wird. Ich selbst nehme mir in meinen Lehrveranstaltungen immer vor, die Studenten dort abzuholen, wo sie stehen, mir geht’s nicht darum zu zeigen, was ich kann sondern ich möchte einen gewissen Stoff vermitteln und grundsätzlich gilt: Ich bin immer ansprechbar.

    Es gibt nur eine Regel: Wenn ich in Anzug und Schlips durch die Gegend laufe, dann nicht, aber ansonsten möchte ich aber diese Brücke zu den Studenten immer wieder schlagen, und das ist eine gute Gelegenheit."

    Knapp eine Stunde hat Thomas Lenk seine DJ-Künste unter Beweis gestellt. Gleich ist der nächste Professor dran. Die musikalische Brücke zu den Studierenden hat Thomas Lenk ziemlich passabel geschlagen. Die Studierenden haben ausgelassen zu seiner Musik getanzt. Am Ende gibt es Applaus. Sein hellblaues Hemd ist schweißgetränkt. Thomas Lenk sieht sehr zufrieden aus.

    "Klasse. Es war klasse. Es hat Spaß gemacht, dass die getanzt haben, dass die Musik angekommen ist, dass die die Titel gekannt haben, und ich würde es jederzeit wieder machen."