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DJV-Verbandstag in Würzburg
Kampf um Wertschätzung für journalistische Arbeit

Die Zeitungsredakteure sind nach Jahren des Lohnverzichts oder nur geringer Einkommenssteigerungen nicht mehr bereit, weiterhin still zu bleiben. Auf dem Verbandstag der größten deutschen Journalistengewerkschaft haben sie deutlich mehr Lohn gefordert und über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems diskutiert.

Von Ludger Fittkau | 06.11.2017
    Ein Ordner des Verbandstags des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) liegt auf einemTisch.
    Der DJV-Verbandstag findet vom 5. bis zum 7. November in Würzburg statt. (dpa / Hauke-Christian Dittrich)
    4,5 Prozent mehr Lohn fordert der Deutsche Journalistenverband für die rund 12.000 Zeitungsjournalisten in Deutschland, die tarifvertraglich gebunden sind. Der Tarifvertrag läuft zum Jahresende aus. Berufseinsteiger sollen künftig mindestens 200 Euro mehr dem Konto haben, so Hendrik Zörner, Pressesprecher des DJV, beim Verbandstag der größten deutschen Journalistengewerkschaft in Würzburg. Dem Verband sei zwar klar, dass sich die Zeitungsverleger angesichts der Konkurrenz von Facebook, Google oder Twitter in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden, so Zörner. Aber:
    "Mit dem Medium Zeitung, mit einem Verlag, lässt sich ja nach wie vor in Deutschland gutes Geld verdienen. Es ist ja nicht so, als ob die Verleger keine schwarzen Zahlen mehr schreiben würden. Und die Arbeitsbelastung, die auf jeden einzelnen Zeitungsjournalisten entfällt, die wächst permanent. Deswegen kann es nicht sein, dass die Journalisten einseitig belastet werden von ihren Verlegern, nein sie müssen eine angemessene Einkommenserhöhung bekommen. Das hängt auch ein bisschen mit der Wertschätzung für ihren Beruf zusammen."
    In den vergangenen Jahren sei von vielen Redakteuren Lohnverzicht geübt worden, um etwa Volontären eine Chance zu geben, nach der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu bekommen, ergänzt Peter Meister. Er ist ein erfahrener DJV-Delegierter aus Baden-Württemberg:
    "Wir haben bei uns die Erfahrung gemacht auch in schwierigen Zeiten, das ganz entscheidend ist, dass die Motivation da bleibt bei den Kollegen. Dass die sehen, unser Verleger schätzt unsere Arbeit wert und gewährt uns das, was er uns geben kann."
    Online-Journalisten sollten Streikbereitschaft entwickeln
    Während die Zeitungsredakteure immerhin noch einen Tarifvertrag haben, um dessen Verlängerung sie kämpfen können, herrsche im Online-Journalismus Wildwuchs. Das beklagt Christian Esser, freier Online-Journalist aus Köln auf dem Würzburger DJV-Verbandstag:
    "Im Bereich Online-Journalismus ist im Prinzip noch keine wirkliche Ordnung überhaupt, die sich erkennen lässt. Es ist alles kreuz und quer, jeder Verlag, jeder Arbeitgeber hat wie auch immer seine eigenen Bezahlweisen. Die sind sehr, sehr unterschiedlich. Ob nach Wort, pro Zeile, auch für die Fotos. Es ist ganz schwierig."
    Christian Esser hofft, dass die oft noch sehr schlecht bezahlten Online-Journalistinnen und Journalisten demnächst auch einmal Streikbereitschaft entwickeln:
    "Die Bevölkerung hat keine Ahnung davon, die weiß nicht um diese Missstände, letztendlich, das wissen nur die Leute, die diesen Beruf machen. Und letztendlich müssten die natürlich zusammen mit dem Deutschen Journalistenverband und andere Gewerkschaften und Verbänden wirklich die Stimme ergreifen und auf den Tisch hauen uns sagen: Leute, ganz ehrlich, die machen einen geilen Job, bezahlt die gut, dann kriegt ihr auch geile Inhalte und Content und könnt eine tolle Plattform machen, mit tollen Inhalten, worüber sich dann auch die Leser freuen können."
    Journalisten nicht gegeneinander ausspielen
    Auch die Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist Thema beim Würzburger Delegiertentreffen des Deutschen Journalistenverbandes. Die Journalistengewerkschaft ruft ihre Mitglieder dazu auf, sich nicht vor den Kampagnen-Karren einzelner Verleger spannen zu lassen, die das duale Rundfunksystem mit einer privaten sowie einer öffentlich-rechtlichen Säule gefährden. Elisabeth Harries, Geschäftsführerin des DJV Niedersachsen:
    "Wenn die Diskussion so weitergeführt wird, dann haben wir kein duales System mehr mit öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk. Und ich glaube einfach, dass das nicht guttut. Das tut auch nicht gut nach innen, da werden im Grunde Journalisten gegeneinander aufgehetzt und das kann nicht im Sinne einer demokratischen, freien Presse sein."
    Rundfunkauftrag muss weiterhin erfüllt werden
    Dennoch sieht auch der Deutsche Journalistenverband insbesondere die öffentlich-rechtlichen TV-Sender in der Pflicht, wieder mehr für politischen Journalismus zu tun als in den vergangenen Jahren. Verbands-Pressesprecher Hendrik Zörner:
    "Das ist jetzt auf einem Niveau angekommen, mit dem wir nicht zufrieden sind. Aber immerhin – diese Tendenz nach unten, diese Abwärtsspirale, die konnte ja gestoppt werden. Wir wünschen uns gute Informationsformate nicht alleine zu einer Zeit, wo arbeitende Menschen bereits im Bett liegen, weil sie um Mitternacht nicht mehr Fernsehen können. Das darf kein Spartenangebot bei den Sendern werden, sondern es ist wichtig, dass Information zum essentiellen Bestandteil des Rundfunkauftrages wieder wird."