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DNA im Nanolabor

Biophysik. - Schon seit geraumer Zeit experimentieren Chemiker mit winzigen Labors, die so klein sind, dass sie auf einem Chip Platz haben. Mikrofluidik nennt sich dieser Forschungszweig - die Gefäße, Schläuche, Pumpen und Ventile, die hier genutzt werden, sind nur wenige Mikrometer groß. Inzwischen stoßen die Biophysiker in noch kleinere Dimensionen vor: Sie betreiben Nanofluidik. Eines ihre Ziele besteht darin, in einer Art Nanolabor das Erbmolekül DNA genauer analysieren zu können.

Von Jan Lublinski |
    Es ist ein eindrucksvoller Film, den Robert Riehn aufgenommen hat, mit Hilfe eines Lichtmikroskops: Ein DNA-Molekül, das eigentlich ein diffuses Knäuel bilden sollte, streckt sich langsam in die Länge. Wie ein Wurm läuft die Molekülkette übers Bild, immer weiter, entlang eines geraden, vorgegebenen Kanals. Dann kommt eine Weggabelung: Der Kopf des Wurms dreht sich nach rechts und der übrige lange Körper folgt auf gleichem Wege nach.

    Voran gezogen wird dieses lange DNA-Molekül durch elektrische Felder: Elektrophorese, eine Standardmethode in der Biologie. Neu hingegen sind die Bahnen, in denen sich das Molekül bewegt. Nanokanäle, 100 Nanometer im Durchmesser, sorgen dafür, dass das Molekül lang gestreckt bleibt und sich nicht falten kann.

    " Die Proteine, die normalerweise die DNA in Chromosomen falten, werden abgenommen und dann wird die DNA in den Nanokanal eingeführt. Dann kann man sehen, wie Proteine sich an die DNA befestigen, oder man kann sehen, wie DNA in Stücke geschnitten wird durch ein aktives Protein."

    Robert Riehn hat an der TU Clausthal und in Kapstadt in Südafrika Physik studiert, anschließend im britischen Cambridge promoviert. Seit einigen Jahren ist er nun an der Universität in Princeton, USA, angestellt. Dort beschäftigt er sich damit, die DNA-Manipulation in Nanokanälen zu einer Standard-Labortechnik weiterzuentwickeln: Bislang haben Biophysiker meist Glaskügelchen an beiden Enden einer DNA-Kette befestigt, um diese dann unter dem Mikroskop bewegen und ausstrecken zu können. Eine aufwändige Methode, Handarbeit am Mikroskop, die sich nicht automatisieren lässt. In Riehns Nanokanälen hingegen lassen sich die Molekülketten wesentlich leichter dirigieren.

    " Man möchte alle möglichen biologische Funktionen erfüllen. Man möchte die DNA ausstrecken und sehen, wie lang sie ist, man möchte sie vielleicht lokal verändern, dann die DNA sortieren, dass die eine Art von DNA dorthin kommt und die andere DNA dahin kommt. Dann möchte man vielleicht Zirkulation von Flüssigkeit innerhalb des Chips haben."

    Um die Nanokanäle für solche Anwendungen zu optimieren, hat Riehn in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Bestrahlungs- und Lithographietechniken aus der Chipfertigung experimentiert. Als beste Methode hat sich schließlich das Schreiben mit Elektronenstrahlen erwiesen: Nur drei Tage benötigt er inzwischen, um einen neuen Parcours für DNA-Moleküle zu entwerfen und die entsprechenden Nanokanäle in Quarzglas zu schreiben.

    Mit diesen Nanolabors will Riehn die herkömmlichen Verfahren zur Erbgutanalyse verbessern. Üblicherweise vervielfältigen Biologen ein DNA-Molekül zunächst und zerschneiden es dann mit Hilfe von Eiweißstoffen in viele kleine Abschnitte unterschiedlicher Länge. Welches die ursprüngliche Position dieser Abschnitte in der Kette war, weiß man dann nicht mehr genau.
    Mit den Nanokanälen lässt sich dieses Problem vermeiden:

    " Wir haben ein Molekül und das wird geschnitten, während es ausgestreckt ist. Und weil man die Schnittstellen direkt sehen kann, weiß man automatisch die Länge der Segmente und man weiß auch, in welcher Reihenfolge die Segmente waren innerhalb des DNA-Moleküls."

    In Zukunft will Robert Riehn eine Art Baukasten für das kleinste Chemielabor der Welt entwickeln: Pumpen, Ventile und Mischmaschinen im Nanomaßstab. Sie sollen es möglich machen, DNA-Moleküle zügig an bestimmte Orte zu bringen, sie dort mit speziellen Eiweißstoffen zu zerschneiden und die entsprechenden Abschnitte schließlich gezielt zu analysieren.