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Dollys früher Greisentod

Biologie. – Vergangenen Freitag starb das weltberühmte Klonschaf Dolly im Alter von sechs Jahren. Wegen einer schweren Lungeninfektion musste das Tier, mit dem das Zeitalter der Säugetierkopie eingeläutet wurde, eingeschläfert werden. Zwar erscheinen sechs Jahre Alter eher gering, doch aus biologischer Sicht war Dolly indes ein ausgesprochener Greis und zeigte dementsprechend auffällige Zeichen von Alterungsprozessen.

    Das Roslin Institut schrieb Weltgeschichte, als vor rund sechs Jahren das Klonschaf Dolly im schottischen Edinburgh das Licht der Welt erblickte. Die Biologen arbeiteten bis dahin an genmanipulierten Tieren, denen neue genetische Eigenschaften wie etwa die Produktion von Arzneien mit der Muttermilch verliehen worden waren. Um die aufwändigen Veränderungen am Erbschatz nicht stets wiederholen zu müssen, sondern zuverlässig zu neuen Tieren mit den gewünschten Eigenschaften zu gelangen, entwickelten die schottischen Wissenschaftler eine völlig neue Methode, um ein erwachsenes Tier zu vervielfältigen. Erstmals war es den Biologen vor sechseinhalb Jahren gelungen, aus einer reifen, entwickelten Zelle ein neues Tier zu klonen und mit Dolly eine exakte Kopie ihrer Mutter zu zeugen.

    Dolly war damit das erste einer ganzen Reihe von geklonten Säugetieren aus heute sieben verschiedenen Arten, darunter Mäuse, Schweine und Rinder. So gilt das Verfahren heute als zumindest theoretisch auf jede biologische Art - also auch auf den Menschen – anwendbar. Ob, wie Gerüchte behaupten, allerdings tatsächlich bereits auch Menschen auf diese Weise repliziert wurden, gilt jedoch als fraglich. Auch sind viele Aspekte des Klonens bislang noch unverstanden und der Weg zum erfolgreichen Klon führt nur über unzählige Fehlversuche. Selbst jene Tiere, die augenscheinlich gesund zur Welt kommen, entpuppen sich immer öfter als besonders anfällig für verschiedenste Leiden. So fanden japanische Biologen von der Universität Tokio heraus, dass geklonte Mäuse nicht so alt werden wie ihre biologisch gezeugten Verwandten. Auch das Klonschaf Dolly starb mit sechseinhalb Jahren vergleichsweise jung. Die Lungeninfektion, aufgrund derer das Tier eingeschläfert werden musste, tritt indes bei alten Schafen häufig auf und gibt Anlass zu Spekulationen. Auch wies Dolly bereits früh andere Alterserscheinungen auf, darunter ein auffälliger Gelenksverschleiß im Alter von nur vier Jahren sowie eine unnormale Übergewichtigkeit.

    Auf zellulärer Ebene stellte sich Dolly als ausgemachter Greis dar. Die Enden der so genannten Telomere waren bei ihr kürzer als dies für ein sechsjähriges Tier zu erwarten gewesen wäre. Diese Strukturen liegen an den Enden von Chromosomen und verkürzen sich mit jeder Zellteilung mehr – sie stellen also quasi so etwas wie einen Lebensfaden dar. Möglicherweise waren die Zellen sogar so alt wie Dolly und ihre Mutter zum Zeitpunkt des Klonens zusammen. Daraus ergäbe sich ein für ein Schaf fast biblisches Alter von zwölf Jahren. Dies sowie die Tokioter Forschungsergebnisse legen aber zumindest nahe, dass derzeit unkalkulierbare Risiken bestehen, die das Klonen des Menschen nicht nur aus ethischer Sicht verbieten. So könnten auch menschliche Klone eine Tendenz zu vorzeitiger Alterung sowie eine stärkere Empfänglichkeit für verschiedene Krankheiten aufweisen.

    [Quelle: Michael Lange]