Viele Dramatiker haben sich in den vergangenen Spielzeiten an der Darstellung unserer von Arbeitslosigkeit und Hartz IV mitbestimmten gesellschaftlichen Realität versucht. In Liederabenden, Schauspieler-Musicals und Komödien wurde von Regisseuren und Autoren wie Henning Bock, Erik Gedeon, Moritz Rinke, Roland Schimmelpfennig und Fritz Kater nach neuen Formen gesucht, um Alltag und alltägliche Figuren auf der Bühne zu befragen.
Neben etlichen plakativen Darstellungsversuchen gab es mit "Herr Ritter von der traurigen Gestalt" von einer sich Sören Voima nennenden Künstlergruppe allerdings auch eine Uraufführung, bei der am Staatstheater Stuttgart durch die szenisch, schauspielerisch und textlich sinnliche wie intelligente Spiegelung von aktueller gesellschaftlicher Wirklichkeit im klassischen literarischen Text des "Don Quijote" unsere soziale Realität in neuem Darstellungslicht erschien. Statt eindimensional nur politischen Protest zu verlautbaren oder soziale Realität in zum Klischee erstarrender Direktheit abzuschildern, wurde hier eine eigene Spielform gefunden. Erstaunlich, dass dieses Stück erst jetzt seine zweite Inszenierung erfuhr, als gemeinsame Produktion des Schauspiels und des Musiktheaters des Deutschen Nationaltheaters Weimar.
Bei Sören Voima ist Herr Ritter ein pensionierter Filialleiter, der sich aus sinnleerer, trüber Realität in die Rolle des Don Quijote hineinträumt. Da hilft es nichts, dass ihm ein fürsorgliches Trio aus polnischer Putzfrau, Dorfschullehrer und protestantischem Pfarrer seine Bibliothek voller Ritterromane ausräumt: Herr Ritter zieht im Harnisch in die Welt hinaus. Dort strandet er in einem prolligen Schrebergartenmilieu mit Grill und arbeitslosen Saufkumpanen, mit groben, mehr rechts- als recht-denkenden Polizisten und mit Geschäftemachern, die ihn medial zu verwerten suchen.
In Weimar bricht Herr Ritter nicht aus seiner individuellen Weltwahrnehmung, sondern aus einem bücherleeren Betonbunker aus und landet im Theater, - in einem Theater der tieferen Bedeutungen. Regisseur Udo van Ooyen und seine zwei Dramaturginnen haben das Suchen des armen Ritters nach einer besseren und schöneren Welt recht kurzschlüssig mit einer Verdoppelung der Theatermetapher übersetzt. Wurde bei der Stuttgarter Uraufführung für das spießige Schrebergartenvölkchen, indem es mitten in einer herrlichen Mohnblumenwiese lebte, auch die Realität zu einem realen Hoffnungsbild, wobei die einzelnen Figuren zwischen Wahrnehmungswunsch, Theaterwirklichkeit und Darstellungsklischee changierten, so ist in Weimar alles nur Theater.
Schlimmer, es ist biederes Stadttheater, in dem der Darsteller des Don Quijote wacker posiert und die anderen Figuren als harmlose Spießerlein schauspielerisch arg verzeichnet werden. Wenn dann die herumwandernden Musiker und Sänger ihre Musik und ihren Gesang mit Bedeutungspathos vortragen, dann werden aus der neu gewandeten, alten Geschichte keine Funken geschlagen, sondern es wird ihr eine falsche Gemütlichkeit verliehen. Und wenn der Regisseur schließlich ranschmeißerisch, dabei durchaus mit Erfolg und nahe am Klatschmarsch, mit Arrangements aus schlechter Musical- und Operettentradition auf Publikumswirkung hin inszeniert, wird es recht ärgerlich. Als sich zur Pause das Ensemble mit dem Gefangenenchor aus Verdis "Nabucco" an der Rampe aufbaute, war das zwar szenisch effektvoll, verfehlte aber die fragende Auseinandersetzung des Stückes mit Möglichkeiten von Weltwahrnehmung.
Für die auf mehreren Ebenen im Stück formulierte Wahrnehmungsfrage (was ist in unserer Medienwelt Wirklichkeit, was bleibt dem Individuum) steht am Schluss dieser Inszenierung nur der Geschäftemacher, der einen erfolgreichen Ritter im verlogenen Film zu vermarkten sucht. Wie hier sich alle zur munteren Einverständnisrunde gegen den armen Ritter zusammenfinden, wird wie so vieles in dieser Inszenierung als ungebrochenes gedankliches und darstellerisches Klischee gegeben. So bleibt vom Ritter von der traurigen Gestalt nur der falsche Mythos im Film und der Tod in der Bühnenrealität. Während sich der Ritter schließlich sterbend auf seinem Pferd in den Himmel seiner Sehnsüchte träumt, bricht in Weimar mit Qualm und Getöse das gesamte auf dem Theater aufgebaute Theater zusammen.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, und die Feuerwehr kommt: denn während der Ritter als Hoffnungsfigur im Spiel noch einmal an die Rampe tritt, treffen in der Wirklichkeit vor dem Theater drei fälschlich alarmierte Feuerlöschzüge ein. So übertönt die Wirklichkeit schließlich doch noch den falschen Schein des Weimarer Theaters, dass sich mit dieser Inszenierung leider erheblich unter seinem sonstigen Niveau präsentiert.
Neben etlichen plakativen Darstellungsversuchen gab es mit "Herr Ritter von der traurigen Gestalt" von einer sich Sören Voima nennenden Künstlergruppe allerdings auch eine Uraufführung, bei der am Staatstheater Stuttgart durch die szenisch, schauspielerisch und textlich sinnliche wie intelligente Spiegelung von aktueller gesellschaftlicher Wirklichkeit im klassischen literarischen Text des "Don Quijote" unsere soziale Realität in neuem Darstellungslicht erschien. Statt eindimensional nur politischen Protest zu verlautbaren oder soziale Realität in zum Klischee erstarrender Direktheit abzuschildern, wurde hier eine eigene Spielform gefunden. Erstaunlich, dass dieses Stück erst jetzt seine zweite Inszenierung erfuhr, als gemeinsame Produktion des Schauspiels und des Musiktheaters des Deutschen Nationaltheaters Weimar.
Bei Sören Voima ist Herr Ritter ein pensionierter Filialleiter, der sich aus sinnleerer, trüber Realität in die Rolle des Don Quijote hineinträumt. Da hilft es nichts, dass ihm ein fürsorgliches Trio aus polnischer Putzfrau, Dorfschullehrer und protestantischem Pfarrer seine Bibliothek voller Ritterromane ausräumt: Herr Ritter zieht im Harnisch in die Welt hinaus. Dort strandet er in einem prolligen Schrebergartenmilieu mit Grill und arbeitslosen Saufkumpanen, mit groben, mehr rechts- als recht-denkenden Polizisten und mit Geschäftemachern, die ihn medial zu verwerten suchen.
In Weimar bricht Herr Ritter nicht aus seiner individuellen Weltwahrnehmung, sondern aus einem bücherleeren Betonbunker aus und landet im Theater, - in einem Theater der tieferen Bedeutungen. Regisseur Udo van Ooyen und seine zwei Dramaturginnen haben das Suchen des armen Ritters nach einer besseren und schöneren Welt recht kurzschlüssig mit einer Verdoppelung der Theatermetapher übersetzt. Wurde bei der Stuttgarter Uraufführung für das spießige Schrebergartenvölkchen, indem es mitten in einer herrlichen Mohnblumenwiese lebte, auch die Realität zu einem realen Hoffnungsbild, wobei die einzelnen Figuren zwischen Wahrnehmungswunsch, Theaterwirklichkeit und Darstellungsklischee changierten, so ist in Weimar alles nur Theater.
Schlimmer, es ist biederes Stadttheater, in dem der Darsteller des Don Quijote wacker posiert und die anderen Figuren als harmlose Spießerlein schauspielerisch arg verzeichnet werden. Wenn dann die herumwandernden Musiker und Sänger ihre Musik und ihren Gesang mit Bedeutungspathos vortragen, dann werden aus der neu gewandeten, alten Geschichte keine Funken geschlagen, sondern es wird ihr eine falsche Gemütlichkeit verliehen. Und wenn der Regisseur schließlich ranschmeißerisch, dabei durchaus mit Erfolg und nahe am Klatschmarsch, mit Arrangements aus schlechter Musical- und Operettentradition auf Publikumswirkung hin inszeniert, wird es recht ärgerlich. Als sich zur Pause das Ensemble mit dem Gefangenenchor aus Verdis "Nabucco" an der Rampe aufbaute, war das zwar szenisch effektvoll, verfehlte aber die fragende Auseinandersetzung des Stückes mit Möglichkeiten von Weltwahrnehmung.
Für die auf mehreren Ebenen im Stück formulierte Wahrnehmungsfrage (was ist in unserer Medienwelt Wirklichkeit, was bleibt dem Individuum) steht am Schluss dieser Inszenierung nur der Geschäftemacher, der einen erfolgreichen Ritter im verlogenen Film zu vermarkten sucht. Wie hier sich alle zur munteren Einverständnisrunde gegen den armen Ritter zusammenfinden, wird wie so vieles in dieser Inszenierung als ungebrochenes gedankliches und darstellerisches Klischee gegeben. So bleibt vom Ritter von der traurigen Gestalt nur der falsche Mythos im Film und der Tod in der Bühnenrealität. Während sich der Ritter schließlich sterbend auf seinem Pferd in den Himmel seiner Sehnsüchte träumt, bricht in Weimar mit Qualm und Getöse das gesamte auf dem Theater aufgebaute Theater zusammen.
Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, und die Feuerwehr kommt: denn während der Ritter als Hoffnungsfigur im Spiel noch einmal an die Rampe tritt, treffen in der Wirklichkeit vor dem Theater drei fälschlich alarmierte Feuerlöschzüge ein. So übertönt die Wirklichkeit schließlich doch noch den falschen Schein des Weimarer Theaters, dass sich mit dieser Inszenierung leider erheblich unter seinem sonstigen Niveau präsentiert.