Donnerstag, 25. April 2024

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Donald Trump und die US-Medien
Aus für den Quoten-Star

Während seiner Präsidentschaft hat Donald Trump die Berichterstattung in den US-Medien dominiert. Dadurch haben viele TV-Sender Top-Quoten eingefahren. Doch auch nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus möchte Trump in der Öffentlichkeit mitreden - wer berichten wird, ist fraglich.

Von Michael Meyer | 19.01.2021
US-Präsident Donald Trump hat die Einreisesperren für Menschen aus dem europäischen Schengenraum in einer Fernsehansprache verkündet. Eine Kamera filmt ihn an seinem Schreibtisch im Oval Office im Weißen Haus in Washington.
Donald Trump verabschiedet sich aus dem Weißen Haus - sinken damit auch die TV-Quoten? (imago/Doug Mills)
Die Quoten des Nachrichtensenders CNN sind im letzten Jahr so stark gestiegen, dass CNN mittlerweile auf Platz zwei der US-Nachrichtensender hinter FOX News liegt. Dabei hat der Sender in den vergangenen vier Jahren eine erstaunliche Wandlung durchgemacht.
Übertrug man im Wahlkampf 2016 durchaus noch stundenlange Reden von Donald Trump und freute sich über gute Quoten, wechselte der Sender nach und nach komplett ins "Anti-Trump-Lager." Keine Nachrichtenstunde verging mehr ohne heftigste Kritik am Präsidenten. Selbst Worte wie "Lügner im Amt des Präsidenten" waren keine Seltenheit. Und selbst die altehrwürdige "New York Times" bezichtigte Trump immer wieder der Lüge.

Folgt auf Trump die Langeweile?

Diese Art von Aufgeregtheit und Zuspitzung wird, zumindest bei den seriöseren Nachrichtenanbietern abnehmen, meint Eric Kirschbaum, Korrespondent der "Los Angeles Times" in Berlin und Chef der "RIAS Berlin Kommission".
"Insgesamt war Trump ein Stimulus für die Medien und es gibt Befürchtungen, dass der Zenith überschritten ist, und dass das Interesse an Politik zurückgehen könnte. Ich denke, da Biden so ein nüchterner Politiker ist, es könnte eigentlich wieder langweilig werden in den USA, und damit werden die Quoten etwas zurückgehen und die Zeitungsleserschaft auch etwas zurückgehen in den nächsten Monaten und Jahren wahrscheinlich."
Donald Trump vor amerikanischen Flaggen zeigt in die Kamera.
Debatte um Twitter und Facebook - Medienunternehmen als "Internetpolizei"
Der Internetrechtler Matthias Kettemann begrüßt die Debatte um das Vorgehen sozialer Netzwerke. Die Löschung des Twitter-Profils von Donald Trump stelle dennoch keine Zensur, sondern eine Zäsur dar, sagte Kettemann im Dlf.
Parallel zum Ende der Trump-Regierung beschäftigt die Corona-Krise die amerikanische Öffentlichkeit noch immer – darum wird das Nachrichteninteresse nicht abrupt absinken. Dem Erfolg von Zeitungen wie der "New York Times" oder der "Washington Post" auf der Leserseite steht ein heftiger Rückgang an Werbegeldern gegenüber, meint Kirschbaum. Insofern sei es noch zu früh, da Prognosen abzugeben, wie es den Medien wirtschaftlich ergehen wird.

Mehr Ausgewogenheit in der Berichterstattung

Was die publizistische Ausrichtung angeht, könne man nur hoffen, dass die Polarisierung insgesamt abnehme, sagt Pown Shiah, einer der Sprecher der "Democrats Abroad", der Anhänger der Demokratischen Partei in Deutschland. Shiah würde sich wünschen, dass Medienmacher nach vier Jahren Trump Selbstreflektion betreiben und Themen auch mal anders betrachten:
"Wenn man von Polarisierung spricht, denkt man immer: ja oder nein, dass es da immer nur zwei Seiten gibt. Und ich glaube, die US-Medien können auch jetzt da üben, ob man auch mehrere Seiten von Geschichten zeigt, nicht nur Pro-Trump oder Anti-Trump, dass es auch viele verschiedene Ansichten geben kann, dass eine Geschichte auch vielfältig erzählt werden kann, das würde es auch etwas entschärfen.
Bei Trumps Lieblingssender FOX News gab es in einigen Sendungen schon vor einem Jahr Distanzierungsversuche, ein Moderator des Tagesprogramms sagte als Antwort auf einen Tweet: "Nein, Mr. Trump, wir arbeiten nicht für Sie, wir berichten in alle Richtungen".

Distanzierung in den konservativen Medien

Mal dahingestellt, ob das so stimmt: Spätestens nach der Erstürmung des Kapitols ist es, zumindest was die konservativen Medien angetrifft, fraglich, ob sie ihre bisherige wohlwollende Trump-Haltung weiterhin beibehalten könne oder wollen. Selbst die Murdoch-Zeitung "New York Post", ein reißerisches Boulevard-Blatt, schrie Trump Ende Dezember in einer Schlagzeile entgehen: "Mr. Presdent: Stop the insanity" - "Stoppen Sie den Wahnsinn". Die Zeitung riet Trump, die Niederlage anzuerkennen, und lieber am politischen Vermächtnis zu arbeiten.
Zumindest das Verhältnis zwischen Trump und FOX News scheint dauerhaft beschädigt, der Riss vertiefte sich, als FOX am Wahlabend früh den Bundesstaat Arizona für Biden ausrief. Auch tat sich FOX News schwer, den Sturm aufs Kapitol zu legitimieren, und versuchte, ihn den Linken und der "Antifa" in die Schuhe zu schieben.

"Rechte Bewegung wird kleiner"

Die kleinen, noch radikaleren rechten Sender wie Newsmax oder One America Network werden wohl ebenfalls eine schwierige Zeit vor sich haben, glaubt Kirschbaum: "Wenn die nur dieses eine Thema haben, und Trump ist nicht mehr Präsident, ob diese Sender weiterhin leben können, weiß ich nicht. Die rechte Bewegung, die Skeptiker, die glauben, dass Trump gewonnen hat, die werden kleiner, die werden sich mehr und mehr distanzieren von dem Gedanken, dass Trump gewonnen hat, und es wird von den rechten Medien am Rande weiterhin betrieben, von FOX News nicht mehr."
Und dies wird sich womöglich auch weiterhin in der Medienlandschaft ausdrücken, je nach dem ob eine Redaktion zu Trump hält, oder sich von ihm distanziert.

An die tausend Bücher über Trump

Auch für den Buchmarkt war Trump bedeutsam: In den USA sind in den letzten Jahren an die tausend Bücher über den 45. Präsidenten erschienen, die allermeisten davon sind nie ins Deutsche übersetzt worden. Und einige weitere sind in Vorbereitung: Journalisten der "New York Times", des Magazins "New Yorker" und der "Washington Post" haben sich erneut über Trumps Präsidentschaft gebeugt. Da die Medien auch über die neuen Bücher berichten werden, bleibt Trump in den nächsten Monaten über diesen Umweg auf jeden Fall präsent.
Was die Medienlandschaft in den USA insgesamt angeht, könnten die vergangenen vier Jahre vielleicht sogar eine heilsame Lehre gewesen sein, glaubt Erik Kirschbaum:
"Man sieht: Die Demokratie ist zerbrechlich, fragil, aber auch wehrhaft. Und man sieht, dass eine Herausforderung wie Trump ganz gut für die Demokratie und die Medien ist. Man sieht, wie wichtig die Medien sind, wie wichtig die Berichterstattung ist und die Medien haben das gestärkt auch überlebt, glaube ich."