
Wie in der sechs Jahre früher entstandenen berühmteren Oper "Lucia di Lammermoor" wird auch die Titelheldin "Adelia" wahnsinnig. Diesmal aber vor Glück, weil sie kurz vor Schluss geadelt wird und deshalb ihr Bräutigam nicht hingerichtet wird. Auch in anderen Details folgt Gaetano Donizetti dem Erfolgsmodell der Oper, etwa wenn er die Helden und Heldinnen kurz vor dem Ende des zweiten Akts ein Sextett singen lässt, eine zweiteilige Arie.
Gelungene deutsche Erstaufführung
In diesem Rahmen bewegen sich Dirigent Florian Ziemen und vor allem die Sopranistin Kim Lilian Strebel souverän mit rhythmischer Kontur und der nötigen künstlerischen Freiheit, um der Komposition ihre melancholische Grundierung zu lassen. Der einspringende Tenor Garrie Davislim rettet die Aufführung von der Seite singend, während Regisseur Guillermo Amayo dazu stumm im abstrakten Bühnenbild von Johannes Neumaier agiert. Besonders groß ist die Herausforderung für ihn nicht, denn in seiner Inszenierung beschränkt er sich auf das zweckdienliche Arrangement der verworrenen Handlung um Liebe und Standesdünkel. Die Kostüme von Franziska Müller zeichnen die sozialen Unterschiede nach, so dass der gesamte Abend das Stück weder überfrachtet noch unter Wert verkauft: "Adelia" ist eine willkommene Bereicherung des Opernrepertoires, die dem durchscheinenden Vorbild "Lucia di Lammermoor" qualitativ kaum nachsteht.