Freitag, 19. April 2024

Archiv

Doping im Breitensport
"Die Politik muss sich die Ärzte zur Brust nehmen"

Tonnenweise verbotene Substanzen wurden bei der "Operation Viribus" sichergestellt. Der Mainzer Sportwissenschaftler Perikles Simon warnt vor den Folgen von Doping im Breitensport. "Es ist eine indirekte Belastung für das Gesundheitssystem", sagte Simon im Dlf.

Perikles Simon im Gespräch mit Astrid Rawohl | 14.07.2019
30.03.2019, xkvx, Fussball 1.Bundesliga, SV Werder Bremen - 1. FSV Mainz 05 emspor, v.l. NADA (Nationale Anti-Doping Kontrolleure) warten nach dem Spiel am Spielfeldrand im Weser-Stadion Bremen / Doping / Dopingkontrolle / Kontrolle / Kontrollsystem (DFL/DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO) Bremen *** 30 03 2019 xkvx Football 1 Bundesliga SV Werder Bremen 1 FSV Mainz 05 emspor v l NADA National Anti-Doping Controllers wait after the match at the edge of the pitch at the Weser Stadium Bremen Doping Control Control Control System DFL DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO Bremen
Dopingexperte Perikles Simon fordert Dopingkontrollen auch in deutschen Fitnessstudios. (Imago)
Der Fund von mehreren Tonnen Steroiden, Stimulanzien, Präparaten und Arzneimitteln zur Herstellung von Doping hat den Sportwissenschaftler Perikles Simon nicht überrascht. "Der deutsche Zoll hatte schon zuvor relativ viel beschlagnahmt, so dass man auf dem europäischen Markt von solchen Mengen ausgehen konnte", so Simon.
Im Breitensport sei Doping sehr verbreitet: "Erschreckend ist, dass der Schwarzmarkt nur ein Teillieferant in das System Breitensport ist. Vor 15 Jahren kamen die Dopingmittel zu Zweidritteln aus dem Gesundheitssystem. Ich glaube nicht, dass sich die Quote seitdem arg verschoben hat."
Deutschland sei bei der Prävention "schwach auf der Brust"
Welche Gesundheitsprobleme sich aus dem Doping im Breitensport ergeben, könne man nicht gut abschätzen, so Simon: "Wir gehen davon aus, wenn jemand in einem Umfang dopt, dass er mehrere Kuren pro Jahr an Steroiden benötigt, dass es zu Herz-Kreislauf-Langzeitschäden kommt. Das Risiko für Bluthochdruck steigt ebenfalls bedenklich." Simon weist auf den Kostendruck hin, der entstehen kann, wenn Menschen durch Erkrankungen schon früher nicht mehr arbeiten können.
Prof. Dr. Perikles Simon (Sportmediziner) bei Menschen bei Maischberger - Gedopt, gelogen, gewonnen: Wie kaputt ist der am 08.06.2016, Koeln Copyright: Schülerx/xEibner-Pressefoto EP_jse

Prof Dr Pericles Simon Sports medicine at People at Maischberger doped lied won Like broken is the at 08 06 2016 Cologne Copyright Schülerx xEibner Press Photo EP_JSE
Perikles Simon ist Sportwissenschaftler an der Universität Mainz. (Imago)
In Sachen Doping-Prävention sei Deutschland "schwach auf der Brust", so Simon. In den Benelux-Ländern oder in Skandinavien würde sie aggressiver betrieben. In Dänemark gebe es zum Beispiel das Siegel "Dopingfreies Fitnessstudio". Simon ist für Kontrollen im Breitensport, weil Substanzen, die Breitensportler nehmen, meist besser nachweisbar seien: "Es gibt die Möglichkeit, dass in Fitnessstudios auch mal unangemeldete Kontrollen stattfinden, zumindest, was in dem Studio selber betrieben wird, ob es zum Beispiel hinter dem Tresen Steroide gibt."
Strafen für Ärzte
Eltern hätten die Garantie, dass ihre Kinder in Fitnessstudios wie in Dänemark sicher aufgehoben sind. "Es gehen immer mehr Jugendliche ab 14 in Fitnessstudios. Und wir wissen, dass jeder fünfte Mann dort mit Steroiden dopt. Das ist kein guter Zustand." Der Dopingexperte fordert ein Umdenken in der Politik: "Die Politik muss sich die Ärzte zur Brust nehmen. Denn es kann nicht sein, dass so laissez-fair mit dem Thema Hobbydoping umgegangen wird." Es müsse Fortbildungen geben oder irgendwann auch Strafen für Ärzte, die Dopingmittel verschreiben.
Simon findet, dass Menschen geschützt werden müssen, die ihre Leistung sauber erbringen. "Die zu unterstützen, ist auch Angelegenheit der Politik."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.