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Doping im Radsport
Medizinische Therapie oder Doping?

Fast vierzig Jahre lang hat kein Radfahrer mehr die Frankreich- und Spanien-Rundfahrt in einem Jahr gewonnen. Dem viermaligen Tour de France-Gewinner Chris Froome aber gelang dieses Jahr das Kunststück. Jetzt steht der Brite unter Verdacht, während der Spanien-Tour gedopt gewesen zu sein.

Von Friedbert Meurer |
    Radprofi Chris Froome während der Vuelta
    Radprofi Chris Froome während der Vuelta (imago sportfotodienst)
    Chris Froome wollte das Double, Tour de France und Vuelta, und ließ zuletzt im September auch tatsächlich die Konkurrenz in Spanien klar hinter sich. Froome gewann am Ende die Trophäe, der Spanier Alberto Contador landete auf Platz 5.
    Die Dopingprobe vom 7. September nach der 18. Etappe könnte Froome aber jetzt zum Verhängnis werden. Denn ein Wert fiel dabei aus dem Rahmen: Salbutamol, ein Mittel gegen Asthma.
    Team Sky von Chris Froome auf der 18. Etappe der Vuelta
    18. Etappe der Vuelta 2017 (BELGA/dpa)
    "Salbutamol macht die Lunge frei. Sie können besser atmen", erklärt Sean Ingle von der britischen Zeitung "The Guardian", der das Testergebnis zugespielt wurde. "Sie können damit einen Vorteil haben. Und wenn Sie die Regeln brechen, droht eine Sanktion."
    Noch haben der Rennstall Team Sky und Chris Froome aber Gelegenheit, die erhöhten Salbutamol-Werte im Blut zu erklären. Sie könnten z.B. einen Zusammenhang mit anderen Medikamenten vorbringen. Froome weiß seit etwa drei Monaten von dem Testergebnis.
    Doppelt so hoher Wert
    Heute ließ er schriftlich mitteilen, es sei doch bekannt, dass er asthmakrank ist. Bei der Spanien-Rundfahrt sei sein Asthma schlimmer geworden. Der Arzt habe ihm dann geraten, mehr Salbutamol als sonst zu inhalieren. Eine Ausnahme-Genehmigung dafür hat Froome sehr wahrscheinlich aber nicht.
    "Nach den Regeln der Welt-Anti-Dopingagentur dürfen 1000 Nanogramm pro Milliliter im Blut sein. Sie dürfen also etwa 16 Mal am Tag das Asthmaspray benutzen. Bei Froome lag der Wert mit 2000 Nanogramm aber doppelt so hoch. Er muss jetzt eine Erklärung zum Testergebnis abgeben."
    Froome im roten Trikot und mit roter Mütze küsst seine Trophäe: Eine milchglasige Scheibe. Der Hintergrund ist dunkel bis auf einige Farbreflexe.
    Der Brite Chris Froome vom Team Sky jubelt am 10.9.2017 auf dem Podium in Madrid seinen Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt "Vuelta". (Francisco Seco / AP / dpa)
    Schon während der Spanien-Rundfahrt war Beobachtern aufgefallen, dass Chris Froome bei der 17. Etappe einbrach, tags darauf bei der 18. Etappe aber glänzte. Die Dopingprobe wurde exakt nach dieser für Froome erfolgreichen Etappe entnommen.
    Damals am 7. September nannte er in einem Interview nach dem Rennen rein sportliche Gründe für sein Comeback: "Das war heute ein viel besserer Tag für mich als gestern. An den Anstiegen lief es gut für mich. Einige Fahrer haben eben einen Preis dafür bezahlt, dass sie sich gestern verausgabt haben."
    Mögliche Titelverteidigung unsicher
    Chris Froome droht nach Ansicht der Zeitung "The Guardian", der Gewinn der Spanien-Rundfahrt aberkannt zu werden. Es gibt Präzedenz-Fälle: 2008 und 2014 wurden zwei italienische Radfahrer jeweils wegen erhöhter Salbutamol–Werte bestraft.
    Damit ist nicht sicher, ob der viermalige Gewinner der Tour de France nächstes Jahr in Frankeich seinen Titel verteidigen kann. Alles hängt davon ab, wie es ihm und den Anwälten seines Teams Sky gelingt, die erhöhten Werte des Asthma-Mittels im Blut plausibel zu machen.
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