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Doping im Radsport
Rückfall in alte Zeiten?

Im vorigen Jahr hat der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) offenbar eine ganze Reihe von Verstößen gegen das Dopingreglement festgestellt. Ein Großteil soll den Altersklassenbereich betreffen. Mindestens zwei Fälle bedürfen jedoch der genaueren Betrachtung - sie erinnern an alte Zeiten des Straßenradsports.

Von Ralf Meutgens | 02.02.2019
    Zwei Radrennfahrer verschwommen von hinten fotografiert, im Hintergrund ein Versorgungsmotorrad.
    Hat sich im Radsport trotz Strafen und Sperren die vorherrschende Doping-Mentalität nicht geändert? (imago )
    Ein deutscher Radprofi der zweiten Reihe, inzwischen Mitte 40, wurde wegen wiederholten Dopings für acht Jahre gesperrt. Bei ihm wurde in einer Trainingskontrolle das verbotene, weil leistungssteigernde Nierenmedikament Epo nachgewiesen. Dieser Fall erinnert an graue Vorzeiten des Straßenradsports, als Amphetamine missbraucht wurden, um speziell im Winter, lange Trainingseinheiten zu realisieren. Und er zeigt nicht zum ersten Mal, dass sich eine vorherrschende Doping-Mentalität auch nach bereits erfolgten Strafen und Sperren nicht unbedingt ändert.
    Ein anderer Fall betrifft eine junge, sehr erfolgreiche Mountainbikerin. Sie wurde positiv auf das männliche Sexualhormon Testosteron getestet. Das immer noch schwebende sportrechtliche Verfahren läuft bereits seit Frühjahr 2018. Bisher wurde dazu weder vom Bund Deutscher Radfahrer noch von der Nationalen Anti-Doping-Agentur, NADA, Stellung bezogen. Die betroffene Sportlerin hat lediglich lapidar ihren Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen erklärt.
    Doping mit System?
    Dieser Fall ist aus Sicht von Experten besonders prekär. Denn: Zum einen ist eine Disziplin des Radsports betroffen, die noch nicht als dopingverseucht gilt. Zum anderen ist die Sportlerin Mitte 20 und gehört damit zu der Generation, die nur allzu gerne als neu, unbelastet und nicht dopingaffin bezeichnet wird. Und die bisherigen Ermittlungsergebnisse lassen sogar eine gewisse Systematik erkennen.
    Der Sprecher der Bundeswehr in Baden-Württemberg teilt auf Anfrage mit, dass die betreffende Athletin die Voraussetzungen zur Förderung durch die Bundeswehr verloren habe, sie wurde nicht weiterverpflichtet und schied noch 2018 mit ihrem Dienstzeitende aus der Bundeswehr aus.
    Grundsätzlich – so heißt es von der Bundeswehr – bestehe die Möglichkeit, dass die Athletin Kosten zurückerstatten muss. Immerhin wurden Steuermittel, zum Beispiel für die Entsendung zu internationalen Wettkämpfen oder Olympischen Spielen aufgebracht. Hier sei die zuständige Kommandobehörde derzeit damit befasst, den Sachverhalt zu klären.
    Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen
    Bei der Staatsanwaltschaft Freiburg läuft ein Ermittlungsverfahren wegen verschiedener Verstöße gegen das Anti-Doping-Gesetz in diesem Fall. Auf Anfrage des Deutschlandfunks bestätigt sie, dass die Radsportlerin im Jahr 2017 in Vorbereitung auf die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf einen verbotenen Dopingwirkstoff ohne medizinische Notwendigkeit bei sich angewendet haben soll. Zudem bestehe der Verdacht, dass die Athletin in den Jahren 2016 bis 2018 für ärztliche Behandlungen im Ausland war, wo sie mehrfach Infusionen verabreicht bekam. Dieser Fall verdeutlicht, was die NADA, als Erstatterin der Anzeige und die ermittelnden Behörden auf Grundlage des Anti-Doping-Gesetzes auch im Bereich des Spitzensports leisten können.
    Summa summarum ein gravierender Einschnitt in das bisherige persönliche und berufliche Leben der Athletin.
    Es liegt beim BDR, diesen Fall adäquat aufzuarbeiten, entsprechende Lehren aus dem Verhalten der Athletin für die Dopingprävention zu ziehen und auch seiner Fürsorgepflicht nachkommen. Denn: Es gibt viele negative Beispiele von Radsportlern, die nach Dopingvergehen ins Bodenlose gestürzt sind. Teilweise in den frühen Tod.