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Doping in den USA
Schwierige Enthüllungen im American Football

Viele Anstrengungen, Dopingnetzwerke zu Fall zu bringen, scheitern bereits am mangelhaften Interesse der Ligen und Funktionäre. In den USA zeigt sich gerade, dass es aber manchmal auch schon reicht, wenn der falsche Fernsehsender Beweismittel vorlegt.

Von Jürgen Kalwa | 10.01.2016
    Peyton Manning, Quarterback der Denver Broncos
    Peyton Manning, Quarterback der Denver Broncos (imago Sportfoto)
    Man hat das in den USA alles schon mal gehört. Diesen prominenten Sportler, der ohne mit der Wimper zu zucken abstreitet, jemals etwas mit Doping zu tun gehabt zu haben. Das haben schon Marion Jones und Lance Armstrong, Floyd Landis und Alex Rodriguez getan - und viele mehr. In einem Sportsystem, das so tut, als seien Urinproben und Bluttests das Maß aller Dinge, gehört das zum ganz normalen Repertoire der Public-Relations-Strategien.
    Das weiß natürlich auch Peyton Manning, einer der besten Quarterbacks in der Lieblingssportart der Amerikaner - Football - früher bei den Indianapolis Colts, heute bei den Denver Broncos. Und so ließ er seinem Unmut kurz nach Weihnachten freien Lauf: Er sei "zornig, wütend, angeekelt. Es macht mich krank", sagte Manning, nachdem sein Name im Zusammenhang mit einer Doping-Dokumentation des Fernsehsenders Al Jazeera aufgetaucht war.
    Pharmakologe enthüllt - und widerruft seine Enthüllungen
    Manning kassiert 25 Millionen Dollar bei den Broncos und weitere zwölf Millionen aus Werbeverträgen und ist um sein Image besorgt. Umso günstiger für ihn, dass der Pharmakologe, der Al Jazeera in ausführlichen, mit versteckter Kamera aufgenommenen Interviews ihn und seine Frau mit einer dubiosen Klinik in Indianapolis in Verbindung gebracht hatte, diese Behauptungen kurz vor der Sendung auf YouTube widerrufen hatte.
    Alles, was er gesagt habe, erklärte Charles Sly, ein Pharmakologe, der in dieser Klinik gearbeitet hatte, sei "absolut falsch". Sly ist seitdem abgetaucht. Niemand konnte herausfinden, wie er etwas abstreiten konnte, was er vorher ausführlich und freimütig enthüllt hatte. Darunter eine ganze Liste von weiteren Doping-Kontakten im Baseball und Football.
    Verdachtsmomente verdichten sich
    Dabei verdichten sich die Verdachtsmomente, wie die New York Times inzwischen berichtete. Denn offensichtlich war Sly in Sportlerkreisen tatsächlich bestens vernetzt. So hatte er sogar mit einem Fitnesstrainer namens Jason Riley in Florida eine gemeinsame Firma. Viele von Rileys Kunden hatte Sly im Film als Bezieher von Dopingmitteln identifiziert.
    Times-Reporter Michael Powell sieht denn auch keinen Grund, die Arbeit von Al Jazeera in Frage zu stellen, sondern eher die Rolle des Kronzeugen der Doping-Doku. In einem Interview mit CBS Sports sagte er: "Charles Sly ist einfach nur dieses ungemachte Bett von Mann. Jemand ohne Skrupel. Wie kommt es, dass er mit einem der besten Trainer in der Welt Geschäfte macht?"
    Die Verbindungen dieses Trainers reichen weit. Unter anderem zu einem inzwischen nicht mehr aktiven Sportstar: Derek Jeter von den New York Yankees. Jeter hatte in den letzten Karrierejahren mit weit über 30 noch einmal eine erstaunliche körperliche Verwandlung zu einem konditionsstarken Athleten erlebt.
    Belastende Dokumente fehlen
    Eine Schwäche des Films können solche zusätzlichen Erkenntnisse nicht übertünchen. Ohne belastende Dokumente spitzt sich die Aufklärungsarbeit auf die Frage zu: Wem soll man glauben? Dem Kronzeugen, der widerruft? Dem Sender? Den Sportlern?
    Immerhin könnten die beschuldigten Sportler nun sogar selbst einen Beitrag leisten. Zwei Baseball-Profis haben Al Jazeera wegen übler Nachrede verklagt. Auch Peyton Manning denkt über einen solchen Schritt nach.
    Der Gang vor ordentliche Gerichte würde den Fernsehjournalisten die Möglichkeit geben, wichtige Beteiligte unter Eid aussagen zu lassen. Vermutlich die beste Methode, um die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen.