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Doping
Snus macht Sportler high

Rauchen und Leistungssport - das passt irgendwie nicht so ganz zusammen. Aber Nikotin nehmen wohl trotzdem viele Sportler. Nur eben anders. In Form von Oraltabak - auch bekannt als "Snus". Und Snus ist eben nicht verboten für Sportler.

Von Laura Borchardt | 04.10.2017
    Snus, der sogenannte Oraltabak
    Snus-Dosen, der sogenannte Oraltabak ist auch bei Sportler beliebt (picture alliance / dpa / Vesa Moilanen)
    "Ich glaube, das war so zweieinhalb, drei Jahren. Da hat halt nen Kollege das mal dabei gehabt im Training, hab ich halt mal probiert und dann immer mal wieder genommen und dann ja war's halt cool, es hat halt so den Kick gegeben. Und dann wurd's halt eigentlich, dass ich jeden Tag Snus genommen hab."
    Ein Spieler aus der Fußball-Regionalliga erzählt. Snus, das ist gemahlener Tabak, den man über den Mund aufnimmt. Snus gibt es als loses, feuchtes Pulver. Oder auch in kleinen Portionen. Hier steckt der Tabak dann in Beutelchen aus Zellulose:
    "Ich nehm halt nur diese Päckchen und die schiebt man dann unter die Lippe - also ich machs z.B. unter die Oberlippe und dann lässt man des halt so 30-45 Minuten drin und dann tut man's wieder raus."
    Stärker als Zigaretten
    Die Wirkung von Snus ist ähnlich wie die von Zigaretten. Nur ohne die leistungsschwächenden Nebenwirkungen. Und Snus ist stärker: ein Päckchen Snus kann so viel Nikotin enthalten wie drei Zigaretten auf einmal.
    "Du hast so das Gefühl, so bisschen beschwipst zu sein."
    Snus gibt es in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Mit wenig oder auch sehr viel Nikotin. Über die Schleimhäute gelangt das Nikotin direkt ins Blut, verteilt sich im Körper. So kann Snus schnell wirken, sagt der Dopingexperte und Pharmakologe Fritz Sörgel: "
    Wenn Nikotin dann ins Gehirn gelangt ist das eine Substanz, die die Aufmerksamkeit verbessert, die die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht und natürlich gerade im Sport dafür sorgt, dass eben schnell die richtigen Entscheidungen getroffen werden können."
    Ein Viertel aller aktiven Fußballer sollen Snus nehmen
    Etwa ein Viertel der aktiven Fußballer nehmen Snus, schätzt ein aktueller Bundesligaspieler, der anonym bleiben will. Auch in anderen Sportarten wie Eishockey oder Football ist Snus verbreitet.
    Und auch Detlev Brandecker vom Handball-Bundesligisten THW Kiel kennt das Thema. Als Mannschaftsarzt bleibt ihm nichts verborgen: "Ich bemerke das, wenn ein Spieler auffällig wird. Sagen wir jetzt mal z.B. man hätte einen Spieler, der immer einen sehr hohen Ruhepuls hat und man hat ihn rauf und runter untersucht und findet keine organische Ursache dafür und unter Belastung steigt der Puls im Vergleich zum Mannschaftsniveau inadäquat hoch an. Ja, da fragt man schon mal nach, was kommen denn sonst für Ursachen in Frage und dann kommt man da drauf, dass man sagt, ja - das kann auch am Snus liegen."
    Studien belegen die Krebsgefahr
    Bei der Dopingkontrolle macht Snus bisher keine Probleme. Denn Nikotin steht nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen der Welt-Anti-Doping-Agentur. Wie Snus auf die Leistung seiner Spieler wirkt, muss Brandecker also erst einmal nicht kümmern.
    Sorgen macht er sich eher um die Gesundheit seiner Spieler: "Das Zahnfleisch kann zurückgehen - irreversibel - die Zähne können geschädigt werden - auch irreversibel und es gibt Studien, die durchaus belegen, dass eben auch in Snus krebserregende Stoffe, bis zu 28 verschiedene.
    Ist das noch legal?
    Mit den Spielern, die Snus nehmen, führt der Mannschaftsarzt Gespräche: "Die sind sehr schnell der Gefahr ausgesetzt, dass sich eine Sucht entwickelt und von der ist es sehr schwer wieder zurückzukommen."
    Der Fußballspieler, der mit uns gesprochen hat, nimmt Snus manchmal schon morgens im Bett. Auf dem Weg zum Training, danach. Und auch mal im Bus während der Fahrt zu einem Spiel. "Ist alles legal, also ist keine Dopingliste, und man darf das nehmen ohne Probleme."
    Der Dopingexperte Sörge beobachtet seit Jahren den Nikotin-Konsum bei Sportlern. Er sieht das anders: "Es ist natürlich ein Mittel, mit dem man sich einen Vorteil verschafft gegenüber dem, der es nicht einnimmt. Und wenn eine Substanz gehäuft auftritt, dann muss das ja einen Grund haben und es kann beim Sportler eigentlich nur den Grund haben, dass er seine Leistung steigern will."