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Doppelpass
Bayerischer Innenminister befeuert Debatte

In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" hat sich der der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für eine Wahlpflicht beim Doppelpass ausgesprochen. Der Zeitpunkt der Äußerung könnte sehr bewusst gewählt worden sein. Denn morgen wird Herrmann möglicherweise als Spitzenkandidat der CSU-Landesliste für den Bundestag aufgestellt.

Von Nadine Lindner | 23.04.2017
    Sie sehen den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann im Landtag in München.
    Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will Menschen mit Doppelpass zu einer Entscheidung verpflichten (picture-alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Es ist ein Zeitungs-Interview, aber eigentlich ist es auch eine wenig getarnte Bewerbung für das Amt des Bundesinnenministers, die Joachim Herrmann (CSU) heute via "Bild am Sonntag" abgibt.
    Der bayerische Innenminister wirbt für seine eigene Bilanz, der Freistaat habe die höchsten Aufklärungsquoten und ja, mehr Sicherheit sei auch für ganz Deutschland möglich.
    Doppelpass als Wahlkampfthema
    Der bayerische Innenminister setzt via Bild noch mehr Duftmarken, er hält den Doppelpass für gescheitert, spricht sich für eine Wiedereinführung der Optionspflicht aus, nach der sich Doppelstaatler im jungen Erwachsenenalter für einen Pass entscheiden müssen. Und hat dabei vor allem Deutsch-Türken im Blick. Dies solle sich auch im Wahlprogramm von CDU und CSU wiederfinden. Eine Ansicht, die in den vergangen Tagen häufig aus den Reihen der Union zu hören war.
    Innenminister Herrmann sei verbindlich im Ton und hart in der Sache, sagt Bernd Riexinger, Parteivorsitzender der Linken auf Anfrage des Deutschlandradios, trotzdem liege er daneben.
    "Eine Rolle Rückwärts jetzt zu machen, ist völlig falsch, außerdem bedient man ganz komische Vorurteile."
    Herrmanns Idee sei kontraproduktiv sein, warnt Riexinger:
    "Und tut so, dass die Menschen, die hier leben, sich nicht integrieren wollen. Dass man das mit mehr Druck erzeugen wolle, das ist eine falsche Orientierung."
    Zudem spricht sich Herrmann für die Fortsetzung der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich bis zum Ende des Jahres aus. Reine Symbolpolitik, attestiert Linken-Chef Riexinger:
    "Das dient nicht der Sache, das ist auch nicht gerechtfertigt, man muss begreifen, dass kaum noch Flüchtlinge reinkommen. Aber trotzdem wird das Problem aufrechterhalten, um der Bevölkerung zu demonstrieren: Wir sorgen dafür, dass nicht mehr so viele Flüchtlinge reinkommen. Dass die innere Sicherheit größer wird."
    Der Zeitpunkt des BamS-Interviews von Joachim Herrmann ist nicht zufällig. Herrmann soll – davon gehen derzeit viele aus – morgen als Spitzenkandidat der CSU-Landesliste für den Bundestag bekannt gegeben werden. Es ist sein Ticket nach Berlin. Ob nur ins Parlament oder auch ins Kabinett, das wird sich zeigen. Bestätigen will Herrmann die Kandidatur noch nicht, er möchte seinem jetzigen Chef, dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, nicht vorgreifen.
    Warten auf Seehofers Erklärung
    Morgen will sich Seehofer in München erklären, wie seine politische Zukunft aussieht, ob er Ministerpräsident und Parteivorsitzender bleibt oder ob er eines oder gar beide der Ämter abgibt.
    Zurückhaltend zum Personalkarussell in der Schwesterpartei äußert sich Norbert Röttgen, CDU, Vorsitzender im Auswärtigen Ausschuss im Bundestag im Interview der Woche im Deutschlandfunk:
    "Ich werde es in großer Geduld abwarten, was er mitteilt."
    Auf die Frage, ob Seehofer in den vergangenen zwei Jahren der Union durch seine harte Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin geschadet habe, sagte Röttgen:
    "Aber es hat sicher in der Vergangenheit ein Ausmaß auch an Kontroverse gegeben – ich glaube, auch von Horst Seehofer selber –, dass bislang einmalig war. Nun gibt es wiederum auch einen Kurswechsel, die Einsicht, dass Wähler – unsere Wähler – das nicht mögen, nicht wertschätzen, sondern dass Einheit das ist, wie man in einen Wahlkampf ziehen muss. Ich glaube, das ist also Vergangenheit. Aber die Vergangenheit war sehr intensiv, und darum wird sie auch von vielen Wählern nicht vergessen werden."
    Alle in der Union seien klüger geworden, so Röttgen. Man müsse diskutieren und eher auf das Verbindende denn das Trennende schauen. Letztendlich müsse Seehofer aber selbst entscheiden.