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Doppelt hält besser

Nicht nur zwischen deutschen und chinesischen Wirtschaftsunternehmen nimmt die Zusammenarbeit zu, sondern auch zwischen den Universitäten in beiden Ländern. Neu sind deutsch-chinesische Doppeldiplom-Studiengänge. Die ersten kooperierenden Einrichtungen waren 2003 die Technische Universität in Berlin und die Universität für Kommunikationstechnologie in Shanghai. Die ersten Absolventen haben ihr deutsch-chinesisches Doppeldiplom in der Tasche.

Von Antje Bonhage | 26.06.2006
    Haydn zum Auftakt, an den Wänden die Porträts der ehemaligen Universitätspräsidenten. Man ist in einem der wohl repräsentativsten Gebäude der TU Berlin zusammengekommen: deutsche und chinesische Professoren und Wissenschaftler, die vier Absolventen und ihre Familienangehörigen. Gleich ist soweit, dann werden Timo Glaser, Marco Kunze, Martin Mehlitz und Sebastian Nowozin ihr Studienabschlusszertifikat in den Händen halten. Die Besonderheit: Es ist ein deutsch-chinesisches Doppeldiplom, also zwei Abschlüsse in einem.

    "Teil von diesem Abkommen ist, dass man eine Master-Arbeit schreibt, die in China anerkannt werden muss und dann eine Diplom-Arbeit in Deutschland schreibt, die in Deutschland anerkannt wird. Und dann bekommt man beide Diploma verliehen."

    Zwei Jahre lang haben der jetzt 25-jährige Martin Mehlitz und seine drei Kommilitonen aus Berlin an der Shanghaier Universität für Kommunikationstechnologie studiert.

    "Am Anfang dachten wir, dass wir eigentlich länger studieren müssten. Aber jetzt sind wir genauso fertig, wie wenn wir es nicht gemacht hätten."

    Natürlich, meint Timo Glaser - natürlich müsse man sich auch auf Unterschiede einstellen. So sei beispielsweise die Informatiklehre in Shanghai ganz anders strukturiert als in Berlin.

    "Das ganze Konzept dort ist ein bisschen mehr mathematisch theoretisch aufgebaut. Hier bei uns geht es mehr um soft skills. Wir haben Seminare an der TU Berlin, wo man auch mal präsentiert. Das Ganze gibt es an der Uni dort nicht. Wenn es dort Seminare an der Uni gab, wo man selber eigene Ideen einbringen sollte, dann war es von ausländischen Dozenten gehalten."

    Inzwischen ist der Berliner Informatikprofessor Günther Hommel auf das Podium getreten. Auf einem Tisch links neben dem Rednerpult liegen die in blaues Leinen eingebundenen Diplome schon bereit. Für Professor Hommel ist der China-Aufenthalt seiner Studenten ein großes Plus im Lebenslauf.

    "Wir wissen, dass unsere großen Industrien jetzt sehr stark in China sind. Und die bestätigen alle, dass man gerade diese internationale Erfahrung braucht, diese kulturelle Kompetenz, in einem anderen Land zu Hause zu sein. Diese Leute werden mit Sicherheit einen sehr guten Absatz finden und mit Sicherheit Spitzenfunktionen bekommen."

    Dass sie – zumindest in europäischen Unternehmen in der Volksrepublik China – leicht einen Arbeitsplatz finden können, da sind sich auch die vier jungen Absolventen sicher. Dennoch, für sie gab es auch andere Motivationen, sich für den deutsch-chinesischen Doppeldiplomstudiengang zu entscheiden:

    "Es ging mehr um das Abenteuer."

    "Der Reiz, auch mal eine fremde Kultur kennen zu lernen."

    "Ich hab eine neue Kultur kennen gelernt, eine neue Sprache kennen gelernt – es war eine unglaublich spannende Zeit."

    A propos Sprache: Der Unterricht in Shanghai war für die deutschen Studenten fast ausschließlich in Englisch. Sehr gute Englischkenntnisse waren daher für die Teilnahme am Programm eine der Voraussetzungen. Chinesisch haben die vier während ihrer Zeit an der Jiaotong-Universität aber trotzdem gelernt.

    Und jetzt, endlich, ist es soweit: die vier ersten Absolventen eines deutsch-chinesischen Doppeldiplomstudiengangs erhalten ihre Abschlusszeugnisse. Sie wissen genau, in welche Richtung sie sich nun, mit dem Diplom in der Tasche, orientieren wollen:

    "Man schaut halt, welche Firmen schon einen Fuß in China haben. Und man kann sich halt sehr gut vorstellen, wieder nach China zu gehen, das wird garantiert eine Option werden."

    "Ich werde jetzt nächsten Monat wieder nach China gehen. Die Uni dort in Shanghai hat mich eingeladen, dort eine Vorlesung zu halten, und ja, wird sicherlich eine spannende Zeit werden."