Doris Dörrie kann es nicht lassen, will es nicht, soll es nicht. Die Rigoletto-Schelte in München, der Butterfly-Jubel, davor Mozarts Cosí fan tutte in Berlin - die Einladung der Stiftung Mozarteum zeigt, sie wird zumindest als Mozart-Regisseurin ernst genommen und das im Herzen des Mozartjahres, in Salzburg. Bereits vor der ausverkauften Premiere von Mozarts fünfter Opernkomposition "Die Gärtnerin aus Liebe" La finta giardiniera" schien der Filmemacherin und ihrem unverzichtbaren Bühnen- und Kostümbildner Bernd Lepel, der Sieg sicher zu sein. Nicht lange ließ sich ihr Konzept geheimhalten, dass die unterhaltsam witzig-konfuse Opernhandlung aus einem lieblichen giardino, dem Garten des Podestà von Lagonero, Bürgermeister Don Anchise, in die schnöde Gartenabteilung eines Baumarktes verlegt wurde. Samt der traditionell-barocken Kulissenflügel: Im Jahr 250 nach Mozarts Geburt sind dies deckenhohe Lagerregale voll Terrakottaputten, Gartenschläuchen, Blumentöpfen, Gartenhandschuhen. Ein dröges Ambiente eigentlich fürs Flirten, Schäkern und Anbandeln während der Arbeitszeit. Unter den Hinweistafeln zu Fertigteichen, Wasserfällen, Hydrokultur und Erde zumindest aber so aktuell, dass die verwirrenden Verwechslungsspiele dreier Paare im Schatten der Gartencentergewächse zu einem nachvollziehbaren Arbeitsalltag unter Schaufel und Forke geraten.
Arminda, die verwöhnte Nichte des Filialleiters Don Anchise, verlobt mit Aushilfskraft Don Ramiro, will Graf Belfiore heiraten, der wiederum mit der Marchesa Violante verlobt war, die sich unter dem Namen Sandrina als Facharbeiterin für Gartentechnik im Baumarkt versteckt. Das ruft Serpetta, die kleine Punkerin von der Kasse auf den Plan, die den Filialleiter verführen will, dieser hat sich aber in Sandrina verliebt. Die Verwirrung ist komplett, nachdem auch Roberto, der Azubi der angeblichen Gartenfachfrau sein Herz für die Kassiererin Serpetta entdeckt hat - ein dramma giocoso eben, zum Münchner Karneval 1775 von Mozart in rascher Eile geschrieben.
Der Garten, das Paradies im Kleinen, bedeutete im 18. Jahrhundert Rückzugsgebiet ins Private, Träumerische, Irreale. Wo die Stiefmütterchen tanzen, Marmorstatuen die Enttäuschten trösten, Trauerweide, Kaktus und Tanne lebendig werden. Hätten sie nicht dieses gelbe Schild irgendwo pappen - Dörries sarkastisch, ironische Grundhaltung des Abends: Das Paradies ist käuflich.
Alles hat seinen Preis im Baumarkt, selbst die fleischfressende Venusfalle, in die Graf Belfiore, der Liebeshungrige, tappt. Oder das Gewächshaus "Gute Ernte" für den Flirt zwischendurch: 379 Euro. Die Gartenbank fürs vertraute Stelldichein 129 Euro. Der stapelbare Plastikstuhl "Skyline" für 6,95 Euro. Versöhnt wird sich am Schluss im Massivgartenhaus "Weißes Rösl". Und galanter kam noch nie ein selbstverliebter Liebender hoch auf dem Gabelstapler dahergefahren als Graf Belfiore, indifferent gesungen von John Mark Ainsley.
Wenn das Rokokobett aus der Eröffnungsszene plötzlich auf der Aktionsfläche des Baumarktes für 945 Euro angeboten wird, die Buchsbaumhecke "Versailles" meterweise für 399,-, dann weiß man: Doris Dörrie hat den Stil der commedia dell´arte sehr aktuell ins 21. Jahrhundert geliftet. Dieses Mal glücklicherweise nur sehr sparsam angereichert mit Videosequenzen krabbelnden Ungeziefers ihrer fettFilm-Crew. Ein Fall für Spinnenneurotiker. Dörries Metapher für die Welt außerhalb des schützenden Gartens.
Für ihre zweite Mozart-Premiere entschlackt Dörrie den Text befreiend radikal. Die Sehnsüchte des Filialleiters, dem Podestà Don Anchise werden auch zwischen Plastikzypressen nachvollziehbar, das Getuschel an der Kasse oder unter den Azubis humoristisch vorgeführt. Sehr plastisch und kraftvoll von Ivor Bolton am Pult begleitet, der den Beweis antrat, das Mozart mit 18 Jahren bereits eine sehr individuelle Kompositionssprache entwickelt hatte.
Mit der Premiere von La finta giardiniera am Landestheater Salzburg beginnt langsam, aber unaufhaltsam der Megaevent "Mozart 2006". Die Ruhe vor dem Sturm am 27. Januar, dem Geburtstag des Wolferl am Löchelplatz. Alle Kirchtumglocken werden um 20 Uhr, seiner Geburtsstunde läuten, Riccardo Muti, Nikolaus Harnoncourt und auch Österreichs Bundespräsident Fischer werden jeder auf seine Art mit Worten oder Musik den Reigen unzähliger Konzerte, wissenschaftlicher Tagungen, Opernabende, aber auch Videoinstallationen zeitgenössischer bildender Künstler für eröffnet erklären.
Mit Dörries La finta giardiniera ist Salzburg auf jeden Fall erstmal ein guter, unaufgeregter und erheiternder Start in die hochambitionierte Jubiläums-Opernsaison gelungen.
Arminda, die verwöhnte Nichte des Filialleiters Don Anchise, verlobt mit Aushilfskraft Don Ramiro, will Graf Belfiore heiraten, der wiederum mit der Marchesa Violante verlobt war, die sich unter dem Namen Sandrina als Facharbeiterin für Gartentechnik im Baumarkt versteckt. Das ruft Serpetta, die kleine Punkerin von der Kasse auf den Plan, die den Filialleiter verführen will, dieser hat sich aber in Sandrina verliebt. Die Verwirrung ist komplett, nachdem auch Roberto, der Azubi der angeblichen Gartenfachfrau sein Herz für die Kassiererin Serpetta entdeckt hat - ein dramma giocoso eben, zum Münchner Karneval 1775 von Mozart in rascher Eile geschrieben.
Der Garten, das Paradies im Kleinen, bedeutete im 18. Jahrhundert Rückzugsgebiet ins Private, Träumerische, Irreale. Wo die Stiefmütterchen tanzen, Marmorstatuen die Enttäuschten trösten, Trauerweide, Kaktus und Tanne lebendig werden. Hätten sie nicht dieses gelbe Schild irgendwo pappen - Dörries sarkastisch, ironische Grundhaltung des Abends: Das Paradies ist käuflich.
Alles hat seinen Preis im Baumarkt, selbst die fleischfressende Venusfalle, in die Graf Belfiore, der Liebeshungrige, tappt. Oder das Gewächshaus "Gute Ernte" für den Flirt zwischendurch: 379 Euro. Die Gartenbank fürs vertraute Stelldichein 129 Euro. Der stapelbare Plastikstuhl "Skyline" für 6,95 Euro. Versöhnt wird sich am Schluss im Massivgartenhaus "Weißes Rösl". Und galanter kam noch nie ein selbstverliebter Liebender hoch auf dem Gabelstapler dahergefahren als Graf Belfiore, indifferent gesungen von John Mark Ainsley.
Wenn das Rokokobett aus der Eröffnungsszene plötzlich auf der Aktionsfläche des Baumarktes für 945 Euro angeboten wird, die Buchsbaumhecke "Versailles" meterweise für 399,-, dann weiß man: Doris Dörrie hat den Stil der commedia dell´arte sehr aktuell ins 21. Jahrhundert geliftet. Dieses Mal glücklicherweise nur sehr sparsam angereichert mit Videosequenzen krabbelnden Ungeziefers ihrer fettFilm-Crew. Ein Fall für Spinnenneurotiker. Dörries Metapher für die Welt außerhalb des schützenden Gartens.
Für ihre zweite Mozart-Premiere entschlackt Dörrie den Text befreiend radikal. Die Sehnsüchte des Filialleiters, dem Podestà Don Anchise werden auch zwischen Plastikzypressen nachvollziehbar, das Getuschel an der Kasse oder unter den Azubis humoristisch vorgeführt. Sehr plastisch und kraftvoll von Ivor Bolton am Pult begleitet, der den Beweis antrat, das Mozart mit 18 Jahren bereits eine sehr individuelle Kompositionssprache entwickelt hatte.
Mit der Premiere von La finta giardiniera am Landestheater Salzburg beginnt langsam, aber unaufhaltsam der Megaevent "Mozart 2006". Die Ruhe vor dem Sturm am 27. Januar, dem Geburtstag des Wolferl am Löchelplatz. Alle Kirchtumglocken werden um 20 Uhr, seiner Geburtsstunde läuten, Riccardo Muti, Nikolaus Harnoncourt und auch Österreichs Bundespräsident Fischer werden jeder auf seine Art mit Worten oder Musik den Reigen unzähliger Konzerte, wissenschaftlicher Tagungen, Opernabende, aber auch Videoinstallationen zeitgenössischer bildender Künstler für eröffnet erklären.
Mit Dörries La finta giardiniera ist Salzburg auf jeden Fall erstmal ein guter, unaufgeregter und erheiternder Start in die hochambitionierte Jubiläums-Opernsaison gelungen.