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DOSB-Positionspapier gegen Rechts
Ausladung der AfD?

Der DOSB will sich künftig stärker gegen rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppen und Personen positionieren und sie von seinen Veranstaltungen und Gremien ausschließen. Wie genau der Umgang mit der AfD sein wird, bleibt unklar.

Kaweh Niroomand im Gespräch mit Maximilian Rieger | 16.08.2020
Kaweh Niroomand ist Manager der Berlin Volleys.
DOSB-Vizepräsident Kaweh Niroomand: "Sport muss gegenüber rechtsextremistischen Tendenzen Farbe bekennen" (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
"Klare Haltung für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft" lautet die Überschrift eines Positionspapiers des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Deutschen Sportjugend. Darin beschreiben die Verbände, wie sie künftig mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteurinnen und Akteuren umgehen wollen.
Demnach sollen Personen, die in solchen Vereinigungen aktiv sind, nicht mehr in Gremien berufen, für Ehrungen vorgeschlagen und auf DOSB-Veranstaltungen eingeladen werden. Umgekehrt sollen auch DOSB-Vertreterinnen und -Vertreter nicht mehr an Veranstaltungen teilnehmen, die von solchen Vereinigungen organisiert werden.
Positionspapier "nicht auf eine Partei hin gemünzt"
DOSB-Vizepräsident Kaweh Niroomand erklärte im Deutschlandfunk, der Rechtspopulismus sei in den vergangenen Jahren immer stärker geworden. Außerdem ließen den DOSB die Morde von Hanau, Halle und am Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke "sehr aufhorchen". Durch solche Momente sei der DOSB zu dem Schluss gekommen, "dass der Sport als einer der wichtigsten und größten zivilgesellschaftlichen Kräfte in Deutschland auch gegenüber dem Rechtspopulismus und rechtsextremistischen Tendenzen Farbe bekennen muss."
Der DOSB müsse die Werte des Sportes verteidigen, denn man sehe auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, dass rechtspopulistische Kräfte versuchten, Organisationen zu unterwandern. Vizepräsident Niroomand versicherte, "wenn es um die Werte des Sports und des Miteinanders geht, wird der DOSB konsequent handeln müssen."
Unklar bleibt, wie der Umgang mit AfD-Vertreterinnen und Vertretern sein wird. Der sportpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Jörn König, war bei den vergangenen zwei DOSB-Mitgliederversammlungen dabei. Er schreibt außerdem in seinem Newsletter, dass der DOSB ihm 2018 in einem Brief für seinen Einsatz im Rahmen der Verhandlungen über den Bundeshaushalt gedankt habe.
Im Papier des DOSB heißt es wörtlich: "Personen, die als Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen, werden nicht aktiv zu Veranstaltungen eingeladen, bei denen der DOSB das Hausrecht ausübt."
Trotzdem scheute sich Niroomand davor, König nur wegen seiner Mitgliedschaft in der AfD nicht mehr einzuladen. Man habe das Papier "nicht auf eine Partei hin gemünzt", so der DOSB-Vize. Der AfD-Sportpolitiker werde aber sicherlich nicht mehr eingeladen, "wenn Herr König sich gegen diese Prinzipien geäußert und Position bezogen hat".
Niroomand beruft sich bei der Entscheidung darüber, wer nicht eingeladen wird, auf die Gremien im DOSB: "Natürlich wird so eine Entscheidung in erster Linie vom Vorstand und Präsidium des DOSB getroffen werden." Externe Beratung bei der Erstellung des Papiers habe es nicht gegeben.
Im Positionspapier habe man "bewusst darauf verzichtet, eine Partei zu nennen, weil wir glauben, dass diese rechtspopulistischen Tendenzen sich nicht nur auf die AfD konzentrieren, sondern viel breiter und vielschichtiger in die gesellschaftlichen Debatten versuchen reinzugreifen".
DOSB-Papier meint nicht die CSU
Die CSU, in der einzelne Politiker in den vergangenen Jahren mit harschen Äußerungen zur Flüchtlingspolitik aufgefallen sind, sieht Niroomand nicht als rechtspopulistisch. Der heutige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hatte 2016 gesagt: "Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling." Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte 2018 das Wort "Asyltourismus" verwendet.
"Die Debatte, die in den letzten Jahren in Deutschland stattgefunden hat, hat natürlich auch bei anderen Parteien zumindest populistische Tendenzen. Aber ich kann nicht erkennen, dass die Parteien, die auch die Regierung in Deutschland stellen, in ihren Grundsätzen antidemokratische Haltungen haben", so Niroomand. Insofern müsse man zwischen Tagespolitik und den allgemeinen Werten des Sportes, die auch im Grundgesetz verankert seien, unterscheiden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.