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Douglasie statt Fichte?

Etwa drei Prozent des Waldbestandes in Deutschland besteht aus Douglasien. Ginge es nach Waldbesitzern oder Holzindustrie, dann sollen es mehr werden. Ziel ist es, von Fichten-Monokulturen wegzukommen und weiterhin gutes Bauholz nachwachsen zu lassen. Doch wie bekommt das den Wäldern?

Von Michael Engel | 28.09.2011
    Das Gelände der Baumschule Emmerich in Adelheidsdorf bei Celle ist weitläufig. 42 Hektar. Ohne Traktor geht da gar nichts. Früher – so die Inhaberin Dr. Irene Rathe – waren Fichten das wirtschaftliche Standbein des alteingesessenen Unternehmens. Spätestens seit dem Wirbelsturm Kyrill, der viele Fichten umknickte, sind Douglasien im Kommen:

    "Die Douglasie ist so etwas wie einer unserer 'Brotbäume' geworden. Also ein Umsatzträger. Wir ziehen etwa 750.000 bis eine Million Douglasien an. In guten Jahren, wenn der Bedarf sehr hoch ist, das war zum Beispiel nach den Sturmwürfen der Fall, setzen wir auch Stückzahlen zwischen 500.000 und 1,2 Millionen Douglasienpflanzen ab. Wir denken in Tausend."#

    Private, aber auch öffentliche Waldbesitzer setzen auf Douglasien. Die Niedersächsischen Landesforsten, mit 330.000 Hektar größter Waldbesitzer des Landes, wollen die Fichte zurückfahren und durch Douglasien ersetzen. Denn der aus Nordamerika stammende Nadelbaum steckt, so Pressesprecher Jochen Hansmann den Klimawandel besonders gut weg:

    "Wir haben das Gefühl, und das ist auch erforscht, dass sich die Douglasie besonders klimaresistent verhält. Sie hat keine Borkenkäferfeinde. Das ist ja schon mal wichtig. Auf den richtigen Standorten ist sie zumindest nicht so windwurfgefährdet wie die Fichte. Sie kann auch mit Trockenstress besser umgehen. Die meisten Klimaforscher sagen ja, dass wir eine Änderung der Niederschlagsverteilung haben werden: nassere Winter und Trockenperioden im Sommer. Da kommt die Fichte sehr schlecht mit klar und die Douglasie eben besser. Und bei der Fichte führt eben dieser Trockenstress dazu, dass sich die Borkenkäfer freuen und Borkenkäfer dann in diese Bestände gehen."

    In den nächsten 20 Jahren sollen Douglasien im Mischwald auf zehn Prozent kommen. Heute sind es nur drei Prozent. Gleichzeitig sollen die Laubgehölze in den Mischwäldern der Zukunft von 40 auf 60 Prozent anwachsen. Das alles zulasten der Fichte. Denn auch die Erträge sind attraktiv: Was die Fichte in 120 Jahren an Holz produziert, schafft die Douglasie in 80. Doch die Douglasie hat auch Kritiker. Karl Friedrich Weber, waldpolitischer Sprecher des BUND-Landesverbandes Niedersachsen:

    "Mit dem Anbau der Douglasie sind derart viele offene Fragen noch verbunden, dass wir es als sehr gefährlich empfinden, auf der Basis des derzeitigen Erkenntnisstandes – da muss ich sagen, gibt es derart große Erkenntnislücken, dass die Gefahr einfach wieder etwas einzuleiten, dessen Konsequenzen man nicht überblicken kann, zu hoch sind zur Zeit."

    Tatsächlich kommt die Douglasie – ökologisch gesehen – nicht so gut weg wie heimische Baumarten. Viele Insekten, Vögel, Spinnentiere meiden die fremdländische Baumart. Auch im Erdreich – mit Blick auf Pilze, Moose, Würmer – geht die Artenzahl im Umfeld von Douglasien zurück. Es gibt aber auch "Allerweltsarten", die mit der Douglasie klarkommen. Das Johann- von-Thünen-Institut hat jetzt in einer Studie die wissenschaftliche Datenlage erkundet. Ergebnis: viele Kenntnislücken im Hinblick auf Risiken beim Douglasienanbau. Dr. Dierk Kownatzki – der Studienleiter – mahnt zur Vorsicht beim Douglasienanbau.

    "Wir könnten uns vorstellen, dass man sich sozusagen 'von unten' – von der unteren Grenze, sagen wir mal ein, zwei, drei Prozent Douglasienbeimischung, was im Prinzip eine Einzelmischung darstellt, dass man sich vorsichtig an solche Obergrenzen herantastet, und dabei nicht nur den reinen Anteil bemisst, sondern sich vielleicht auch über die Mischungsform Gedanken macht."

    Die Obergrenze für Beimischungen sieht der Baumexperte aus Hamburg bei zehn Prozent. Ob in Baumgruppen oder in Einzelpflanzung – auch das müssen Ökologen in Zukunft noch erforschen.