Venedig leidet unter zwei Hochwasserproblemen: zum einen steigt der Wasserspiegel der Adria immer öfter an. Wenn es dazu auch noch heftig und lange regnet - in Nordostitalien keine Seltenheit - dann sorgt auch das Wasser von oben auf den zu ihrer Mitte hin leicht einfallenden Plätzen Venedigs für hohes Wasser. Früher einmal floss dieses Wasser durch die rund einen Meter unter den Plätzen liegenden Abflussrohre in die Kanäle. Heute aber steigt das Wasser in der Lagune so hoch an, dass es durch die Abflussrohre auf die Plätze strömt und sie unter Wasser setzt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Markusplatz, einer der am längsten bewohnten Orte Venedigs. Unter den marmornen Steinplatten befindet sich ein jahrhundertealtes ausgeklügeltes Röhrensystem. Der Markusplatz wird immer wieder durch das aus den Abflussröhren kommende Wasser überschwemmt. Mario Farin:
Angesichts dieser Tatsache wurde ein Projekt entwickelt: die alten Röhren werden aufgegeben, verschlossen und ein neues System zum Abfluss des Regenwasser unter dem Platz installiert. Mit einem neuen Abflusssystem kann die Piazza also länger als bisher trockengehalten werden. Es gibt alte Dokumente, in denen schon vor 200 Jahren ein solches Projekt entworfen wurde.
Seit einigen Tagen werden die jahrhundertealten Marmorplatten auf dem Markusplatz angehoben und vorsichtig von einem Kran einige Meter weiter abgelegt. Ein Spektakel nicht nur für Touristen, sondern auch für Venezianer. Derartige Arbeiten auf dem berühmtesten Platz ihrer Stadt hat es bisher noch nicht gegeben.
Das Erdreich unter der Piazza - das sich auf Tausenden von Baumstämmen befindet, die in den Grund der Lagune gerammt wurden - wird mit neuen Röhren versehen. Sie werden das Regenwasser durch die bereits bestehenden Kanaldeckel aufnehmen. Das Wasser fließt in einer Hauptröhre zusammen, die bei den Giardini Reali, den sogenannten königlichen Gärten - rund 100 Meter Luftlinie vom Platz entfernt - in die Lagune fließt. Mit Hilfe von computergesteuerten Minikameras in den Röhren kann das städtische Wasserschutzamt den Zustand der Wasserleitungen kontrollieren und sie schließen, wenn die Lagune den Ausfluss bei den Giardini Reali übersteigt. Dadurch kann das Eindringen des Lagunenwassers auf den Platz verhindert werden.
Maßnahmen wie diese wirken natürlich nur, wenn das Projekt "Moses" Realität wird. Ein Projekt, dass die gesamte Stadt Venedig vor Hochwassern bewahren wird. Die neuen Abflussrohre werden ihre Wirkung zeigen, bleiben aber, wenn das Wasser so hoch steigt wie in diesen Tagen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.