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Drainage statt Sandpolster

Die Sylter Küste wird duch Sandvorspülungen geschützt. Der Sand wird von einem Saug-Bagger-Schiff vom Meeresgrund an Bord gepumpt und als Wassergemisch durch große Rohre wieder an Land gespült. Ein aufwändiger und kostspieliger Prozess. Ein dänischer Ingenieur hat nun eine Alternative entwickelt - Strandgewinnung durch Drainage.

Von Peter Sawallich | 27.09.2005
    Die Westküste von Sylt wird allein in diesem Jahr für über 3,5 Millionen Euro durch aufgespülten Sand gesichert. Dadurch erhält der Strand an den aktuell gefährdeten Stellen Sandpolster - 2005 insgesamt eine Million Kubikmeter. Dieses Verfahren muss ständig wiederholt werden, weil die Nordsee permanent an der Inselsubstanz weiterknabbert - eine Sisyphus-Arbeit.

    Der dänische Ingenieur Poul Jacobsen hat im Laufe der letzten fünf Jahre ein einfaches System aus neuartigen Drainage-Rohren entwickelt, mit dem sich das Niveau von Sandstränden deutlich erhöhen lässt und dies zu einem Viertel der bisherigen Kosten. Jetzt will der Mann aus Skagen die amtlich bestellten Küstenschützer von Schleswig-Holstein überzeugen und den gebeutelten Sylter Strand retten. Der dänische Tüftler erklärt, was sein System bereits an der jütländischen Westküste bewirkt hat:

    "Hier hatten wir als Resultat sechs Monate später einen signifikanten Zuschlag mit einem bis zu 60 Meter breiteren Strand - auf der Referenzstrecke ist der Strand viel schmaler."

    Und zwar deutlich schmaler. Die Methode ist frappierend einfach: Der Sand verfestigt sich, weil die Drainage-Rohre dafür sorgen, dass die oberste Strandlage schneller trocknet. Die Rohre messen 1,75 Meter und stecken senkrecht im Boden. Dadurch bleibt der dichter gewordene Sand länger liegen. Das in 40 Ländern zum Patent angemeldete System scheint für die Insel Sylt vielversprechend, sagt Poul Jacobsen:

    "Wir haben eine umweltfreundliche Technik, die zudem effektiver und preiswerter ist."

    Bisher hatte man seitens der Sylter Skeptiker befürchtet, die im Abstand von zehn Meter nebeneinander in den Sand versenkten Rohre - halb aus Stahl, halb aus porösem Kunststoff - würden eine Gefahrenquelle darstellen, den Strand verschandeln und damit die Urlauber fernhalten. Doch die Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht:
    "Alle diese Drainage-Rohre sind in den Sand "getaucht"; die Rohre stecken ungefähr 25 Zentimeter, später sogar 60 cm unter der Oberfläche - man sieht keine Rohre am Strand."

    Der Effekt des Systems ist verblüffend: die drainierten Strände sind höher und breiter als die Vergleichsabschnitte daneben. Das "Skagen Innovation Center" hat das Verfahren inzwischen international und auch in Deutschland zum Patent angemeldet. Jacobsen wünscht sich nun einen zehn Kilometer langen Teststrand auf Sylt. Deshalb hat der Ingenieur bereits Kontakt zum Husumer Amt für Ländliche Räume aufgenommen.

    Seine Idee scheint anzukommen: Am 26. Oktober reist eine Kommission des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministeriums nach Jütland. Die Fachleute wollen sich am Strand von Hvide Sande vom Erfolg der Jacobsen-Methode überzeugen. Bis dahin kümmert sich der Däne weiter um seine bereits funktionierenden internationalen Projekte:

    "Wir arbeiten in USA, wir sind in Ghana / Afrika, Australien, in Schweden. Unsere Firma hat sehr großen Success auf der ganzen Welt. Darum reise ich nächste Woche nach Malaysia, dort haben wir ein Projekt am Strand des Sheraton-Hotels sowie vor dem Hyatt-Hotel."

    Auch auf Sylt stehen die Verantwortlichen Jacobsens Ideen mittlerweile sehr aufgeschlossen gegenüber - Helge Jansen, Vorsteher des Landschaftszweckverbandes und damit oberster Küstenschützer von der Insel, meint zur Innovation der dänischen Firma:

    "Ich bin davon überzeugt, dass es funktioniert. Wir werden das ausprobieren; wir müssen sehen, ob es uns die Sandmenge schaffen kann, die wir hier vor Sylt brauchen. Wir müssen natürlich überlegen, zu welchen Zeiten wir das machen. Im Sommer ist es etwas schwierig, so eine lange Strandstrecke abzusperren - wenn sie überhaupt abgesperrt werden muss. Aber eine Referenzfläche abzustecken und für so einen Versuch zur Verfügung zu stellen, halte ich für denkbar."