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Drehscheibe Asien

Drehscheibe Bangkok. Die charismatische Metropole hat eine enorme Anziehungskraft auf Ausländer. Thailand gehört zu den Ländern, die wirtschaftlich vom Chinaboom profitieren. Zwar ist schon so mancher Traum, im Land des Lächelns ein eigenes Business aufzuziehen gescheitert. Allgemein gilt aber: Wer gut ist und hart arbeitet, der kann es schaffen. Für den Deutschen Patrick Tippelt erwies sich das Ticket nach Fernost als Eintrittskarte in den Traumberuf Journalismus. Mit dem Hochschulabschluss in Amerikanistik und etwas Geld in der Tasche landete er vor drei Jahren in Bangkok. Mittlerweile ist Patrick Tippelt der einzige Redakteur des englischsprachigen Metropolenmagazins Metro, der nicht in seiner Muttersprache schreibt. Allerdings brachte Tippelt die denkbar besten Voraussetzungen mit, um auch in Englisch stilsicher zu texten und zu redigieren.

Nora Hertel |
    Es ging schon gut, weil ich durch mein Amerikanistikstudium sehr viel Englisch geschrieben und gesprochen hatte und ich auch schon einen Auslandsaufenthalt in den USA hatte. Allerdings war der Herausgeber des Metro - Magazins sehr skeptisch, jemanden einzustellen, der nicht Englisch als Muttersprache hatte.

    Mittlerweile ist Tippelt bei Metro voll akzeptiert. Er ist stolz auf seinen Erfolg, den er zu einem gewissen Teil auch mit dem Standort Asien in Verbindung bringt:

    Karrieremäßig muss ich sagen, dass ich als 27-jähriger da schon eine hohe Position habe. Ein Redakteur mit 27, das ist in Deutschland wahrscheinlich so gut wie unmöglich. Starre Strukturen, wie es sie in Deutschland gibt, die existieren hier überhaupt nicht. Leute, die aus dem Westen kommen, springen von Job zu Job. Es ist nicht so wichtig, dass man irgendetwas Bestimmtes studiert hat oder an welcher Universität. Man muss einfach zeigen, dass man gut ist, dann kriegt man Jobs.

    Für den leidenschaftlichern Fußballer Fabian Arp ergab sich über seine Kontakte beim Sport eine attraktive berufliche Chance. Nach einem Freundschaftsturnier in Thailand kam die Anfrage: Ob er sich vorstellen könne von Bad Segeberg nach Bangkok zu wechseln?

    Es gibt in Bangkok die German Allstars, das ist eine deutsche Fußballmannschaft. Und der Ligaobmann war auch ein Spieler der German Allstars, und der hatte eine Baufirma, und die haben jemanden gesucht für Mobilkrane. Und der hat gesagt: Mensch, du könntest für uns Libero spielen und gleichzeitig Mobilkrane reparieren. Und das Gehalt war hier viel besser als in Deutschland. Also bin ich hier rüber gekommen, habe tagsüber Krane repariert und abends Fußball gespielt.

    Fabian Arp brachte für die neue Aufgabe die richtigen Qualifikationen mit.

    Ich bin Nautiker beim Bundesgrenzschutz gewesen, also Seemann. Ich bin von Haus aus schon immer Schrauber gewesen. Und wenn man einmal Pneumatik, Hydraulik, Elektrik verstanden hat, dann ist das eigentlich egal, ob das im Schiff, Auto, Motorrad oder am Kran dran ist.

    Seinen technischen Sachverstand kann der 38-jährige auch heute noch gebrauchen. Fabian Arp betreibt einen Golfladen in Pattaya. Hier rüstet er Touristen und Auswanderer mit dem nötigen Equipment für ihren Sporturlaub aus. Dass der Laden bei ihm brummt, führt Arp ganz nüchtern auf harte Arbeit und seine vielen Kontakte zurück:

    Ich war ja nun schon drei Jahre in Lohn und Brot und kannte dadurch, dass ich eben Kapitän von einer Fußballmannschaft war, das ich im Golfclub war, schon irgendwie 200 Leute. Die wussten dann: Fabian macht ein Golfgeschäft auf, dann warten wir mit unserem Golf-Set noch einen Monat und dann kaufen wir das bei Dir. Und das hat mich dann über die ersten zwei Jahre gerettet.
    Einen langen Atem zu haben, das empfiehlt auch Stefan Bürkle von der deutsch-thailändischen Handelskammer in Bangkok. Die Kammer erhält monatlich mehrere hundert Anfragen von Deutschen, die in Thailand ein Unternehmen aufziehen möchten. Schließlich ist Deutschland Thailands wichtigster Handelspartner in Europa. Bürkle und seine Mitarbeiter dämpfen in der Regel übertriebenen Optimismus:

    Das schöne Urlaubserlebnisse dazu führen, hier ein Unternehmen aufzuziehen, ohne dass man eine Businessidee hat oder einen professionellen Geschäftsplan – davon würde ich dringend abraten. Sie müssen hier ausreichend Kapital mitbringen, um ein kleines Unternehmen zwei oder drei Jahre bis zum Break - Even zu führen und ohne entsprechende Erfahrungen, ohne Produkt werden sie wenig Chancen haben.

    Bürkle hat beobachtet, dass internationale Unternehmen in Thailand zunehmend dazu übergehen, preiswertere einheimische Arbeitskräfte den Deutschen vorzuziehen. Lediglich anspruchsvolle Positionen im Management würden noch mit Führungskräften aus Deutschland besetzt.

    Diese Führungskräfte und ihre Mitarbeiter sehnen sich inmitten all der exotischen Fremdheit in Asien manchmal nach einem Stück Heimat. Auf diesem Bedürfnis hat der gelernte Metzger Otto Duffner seine Karriere aufgebaut. In der Gaststätte "Bei Otto" in Bangkok versorgen Duffner und sein Geschäftsführer Alfred Ulferts die Deutschen bei 35 Grad Außentemperatur mit Spätzle und saftiger Schweinshaxe. Aufzeichnungen von "Wetten dass" und der "Lindenstraße" werden eingeflogen und gehen weg wie warme Semmeln, die "Bei Otto" übrigens auch liefert. Da darf es ruhig mal ein bisschen mehr deutschtümeln als zuhause. Auch Ulferts, der für Otto Duffner lange Jahre die Geschäfte führte, hat sich damit arrangiert, dass das typische Deutschlandbild im Ausland eben süddeutsch ist:

    Also wer jetzt nach Bangkok kommt und durch die Sukhumvit Road geht - die Sukhumvit ist eine der bekanntesten Straßen - der kommt meistens auch an den Hotels wie Rembrandt und Windsor vorbei, und da ist eben das "Otto", was von außen schon so ein n bisschen aussieht wie ein Schwarzwaldhaus. Wir haben neuerdings so eine Kopie eines Schwarzwalddachs mit Schindeln und einem kleinen Wasserfall vor der Türe und von daher gibt es von außen schon bisschen Heimatatmosphäre.

    Drehscheibe Singapur. Mehr als eine Million Ausländer arbeiten in dem kleinen Stadtstaat. Durch seine vielen positiven Standortfaktoren und die zentrale Lage zwischen Malaysia und Indonesien ist Singapur der Ort, an dem viele internationale Unternehmen ihr Hauptquartier für Südostasien aufgeschlagen haben. Der aufstrebende, streng reglementierte Staat gilt nach wie vor als ein Ort, an dem Arbeitskräfte aus den USA, Europa oder Australien gute Chancen haben. Zunehmend sind aber nur noch Spezialisten gefragt. Für den deutschen Betriebswirt Stephan Weiss wurde Südostasien zur Karriereschmiede. Nach seinem Studium arbeitete er zunächst als Salesmen für Chipkarten. Dabei entdeckte er durch Zufall sein Faible für den fernen Osten und warf einige seiner alten Vorstellungen über Bord:

    Ich war sehr, sehr naiv hinsichtlich Asien. Was ich heute vielen Deutschen vorwerfe, hat damals auch für mich gegolten. Ich hatte dann die Gelegenheit, auf drei Geschäftsreisen hier in Asien tätig zu sein: Das war in Malaysia, Hongkong und Singapur. Mein Bild von Asien hat sich grundlegend geändert Ich hatte wirklich erwartet, dass die hier noch mit Strohhüten und Sandalen rumlaufen - überzeichnet natürlich – und ich war dann überrascht, dass Singapur so eine moderne Stadt ist mit einem so hohen Lebensstandard, in der es mich auch interessieren würde zu arbeiten.

    Bei der Suche nach einem Arbeitsplatz in Asien setzte Weiss dann auf den ganz klassischen Weg und wartete auf eine günstige Gelegenheit:
    Zwei Jahre später war die Offerte in der Frankfurter Allgemeinen, dass ein mittelständisches Unternehmen einen Geschäftsführer für die Niederlassung in Singapur suchte. Ich habe mich beworben und glücklicherweise fiel die Wahl auf mich.

    Mittlerweile leitet Stefan Weiss in Singapur das German Centre. Dessen Aufgabe ist es, mittelständischen Unternehmen die Ansiedlung in Singapur zu ermöglichen. Weiss schätzt an Singapur unter anderem, dass es sicher und sauber ist. Bei seinen persönlichen Standortkalkulationen bezieht Weiss aber stets auch den Karrierefaktor mit ein:

    Singapur ist eben eine Stadt oder ein Land, das Qualitäten hat, die kein Land in der Region oder sogar weltweit anbieten kann und das ist für mich schon wichtig für die Entscheidung, wenn es um eine langfristige Karriereplanung geht. Wenn sie die selbe Tätigkeit in Köln, Singapur oder Bangalore ausüben können, dann sieht für mich die Reihenfolge so aus: Singapur ist die Nummer eins, Köln ist Nummer zwei und Bangalore kommt gar nicht in Frage.

    Nicht jeder hat die Möglichkeit, zwischen solchen Karriereoptionen wählen zu können.

    Um in Singapur aus Ausländer überhaupt landen zu können, muss man außergewöhnliche Qualifikationen und Erfahrungen mitbringen. Schließlich hat der Stadtstaat gerade selber mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen, gerade nach dem Konjunktureinbruch durch die Lungenkrankheit SARS. Chancen hätten zum Beispiel Ingenieure aus dem Chemiebereich.

    Es muss ein Job sein, der lokal nicht rekrutiert werden kann. Es geht nicht, dass sie sagen, sie wandern jetzt aus und sie nehmen jetzt einem Singapurianer mit gleicher Qualifikation den Platz weg. Also, so einfach geht’s nicht.

    Und es wird noch komplizierter. Stephan Weiss hat die Erfahrung gemacht, dass eine wichtige Fertigkeit die Karriereleiter in Singapur erheblich ebnet:

    Also, ich denke, jemand der aus Deutschland in Singapur sucht, der sollte schon Mandarin sprechen können. Hingegen Bahasa Malaysia, Bahasa Indonesia, Hindi , etc., das ist nicht gefordert!