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Drei Abschlüsse auf einen Streich

Robin Neunkirchen hat mehr zu tun als andere Auszubildende. Neben seiner Ausbildung zum Tischler studiert der 21-Jährige und besucht Fortbildungen bei der Handwerkskammer Köln. Nach viereinhalb Jahren ist er dann Tischler, Tischler-Meister und hat Handwerksmanagement studiert.

Von Lars Krupp |
    Um alle drei Abschlüsse in so kurzer Zeit zu schaffen, arbeitet er rund 60 Stunden pro Woche:

    "Eine typische Woche fängt am Montag an mit der Arbeit in der Schreinerei, dann bis viertel vor fünf bin ich in der Schreinerei, habe danach kurz Zeit zu essen und dann beginnt auch schon die Online-Vorlesung montags. Dann die Woche weiterhin ist abends Lernen angesagt und tagsüber ist Schreinerei und jedes zweite Wochenende bin ich dann in der Uni und habe Präsenzunterricht."

    Anders als die anderen Auszubildenden in seinem Betrieb muss er seine Lehre um ein halbes Jahr verkürzen. Danach besucht er die Meisterschule und studiert parallel dazu Handwerksmanagement, Betriebswirtschaftslehre speziell für Handwerksbetriebe. Robin Neunkirchen braucht viel Disziplin um den straffen Lehrplan zu schaffen, doch für sein Berufsziel verzichtet er auch auf Freizeit:

    "Mein Hauptziel liegt darin, dass ich in den elterlichen Betrieb einstigen möchte, um den Betrieb mit meinen Eltern weiter zu führen."

    Einen eigenen Betrieb gründen oder den der Eltern übernehmen, das ist das Ziel von vielen, die sich für ein triales Studium entschieden haben. Einen Bedarf an Führungskräften sieht auch die Handwerkskammer Köln, die das triale Studium organisiert. Mit einer kurzen, umfassenden Ausbildung will sie für viel Führungsnachwuchs in kurzer Zeit sorgen erklärt Michael Brücken:
    "Die Idee ist, mehr Abiturienten zu einer Ausbildung im Handwerk zu bewegen, wir haben alleine in Köln rund 34.000 Betriebe. Und ein Viertel davon wird von einem Geschäftsführer geführt, der über 50 Jahre ist. Das heißt in den nächsten 15 bis 16 Jahren besteht da ein großer Bedarf an Führungsnachwuchs."

    Einen eigenen Betrieb könnte Robin Neunkirchen auch als normaler Handwerksmeister leiten. Für seine Ausbildung würde er dann aber etwa doppelt so lange brauchen und er hätte kein abgeschlossenes Studium. Aber gerade betriebswirtschaftliches Wissen sei entscheidend für die Zukunft eines Handwerksbetriebs erklärt Schreiner Joachim Behn, der Robin Neunkirchen ausbildet:

    "Ich glaub, dass man in etlichen Jahren 'nen Betrieb mit mehr als vier bis fünf Mitarbeiten nicht mehr mit dem Handy von der Baustelle leiten kann, sondern dass man ein gutes Büro braucht. Da fehlen halt ganz viele Leute. Viele Schreinereien wissen das noch nicht und arbeiten ohne Führungskräfte und das geht auf Dauer nicht gut."

    Mit der theoretischen Ausbildung seines Lehrlings ist Joachim Behn zufrieden. Er würde sich aber wünschen, dass mehr Zeit für die praktische Ausbildung bleibt:

    "Was mich stört, ist diese Hetzerei. Ich würde mir wünschen, dass die Ausbildungszeit in der Schreinerei drei Jahre ist wie in jedem anderen Betrieb. Zum einen bringt das unsere Strukturen durcheinander. Zum anderen denke ich auch, dass man in zweieinhalb Jahren wirklich nicht alles mitbekommt. Drei Jahre sind schon knapp, nach drei Jahren kann man noch nicht sagen, dass jemand als vollwertiger Geselle arbeiten kann."

    Nach seinem trialen Studium wird Robin Neunkirchen erstmal weitere praktische Erfahrungen sammeln, bevor er den Betrieb seiner Eltern übernimmt. Nach viereinhalb Jahren bereit für die Selbstständigkeit zu sein, sei aber auch gar nicht das Ziel der Ausbildung, erklärt Michael Brücken von der Handwerkskammer Köln:

    "Was ich mir vorstelle als erste Position ist so was wie Assistent der Geschäftsführung. Das heißt für wirkliche Führungsaufgaben sind unsere Absolventen noch naturgemäß etwas jung. Worauf wir aber setzen, ist aufgrund des Rüstzeugs, was sie im Studium mitbekommen, die praktischen Erfahrungen intensiver und schneller gemacht werden, so ähnlich wie das nach dem Studium auch ist."

    Einen eigenen Betrieb werden die Absolventen des trialen Studiums schneller leiten können als andere. Dafür brauchen sie aber viel Selbstdisziplin und finanzielle Unterstützung. Denn mit 400 Euro pro Monat ist das triale Studium alles andere als günstig.