Da hängt es an der Wand, zersplittertes Holz, verschlungene Metallsaiten. Die Überreste einer Performance, bei der Raphael Montanez Ortiz 1966 mit einer Axt ein Klavier zertrümmerte. Es gibt sogar eine Tonaufnahme des Happenings, über Kopfhörer kann man den brutalen Axthieben zuhören, den traurigen Tönen des malträtierten Instruments, dem teils entzückten, teils entsetzten Kreischen des Publikums.
Die Performance war Teil des von dem deutschen Emigranten Gustav Metzger 1966 in London initiierten Festivals für autodestruktive Kunst - die Kunst ist am Ende ihrer Reise angelangt, so Metzgers These, und nur durch Zerstörung kann sie sich wieder erneuern - eine Art des Bildersturms.
Die Geschichte der britischen Bilderstürmerei nahm aber seinen Anfang in der Reformation. König Heinrich VIII. hatte sich von der Katholischen Kirche getrennt und seinen Untertanen eine ganz eigene Art des Protestantismus verordnet. Die gewaltsame Auflösung sämtlicher Klöster ging Hand in Hand mit der systematischen Zerstörung von religiöser Kunst in den Kirchen des Landes - Altarbilder, Skulpturen, Glasfenster. Die Statue eines liegenden toten Christus ist besonders anrührend - Hände und Füße sind abgehackt, um die Wunden zu entfernen, lediglich die Wunde über dem Herzen ist noch zu sehen. Axthiebe bezeugen, dass auch sie ausradiert werden sollte. Oft wurden auf Altarbildern den Heiligen auch die Augen ausgekratzt, sie sollten mit den Gläubigen nicht kommunizieren.
Bis ins 17. Jahrhundert wurde der religiöse Puritanismus immer engstirniger. Vom Staat bezahlte Bilderstürmer reisten von Kirche zu Kirche, einer von ihnen führte Buch: Allein in einer Kirche zerstörten er und seine Helfer 150 Objekte. Eine Darstellung der Kathedrale von Canterbury von 1657 zeigt eine völlig leere, schmucklose Kirche, Männer hacken mit Äxten auf die Glasfenster ein.
Auch aus politischen Gründen griff man zur Bilderstürmerei - Darstellungen von unliebsam gewordenen Potentaten wurden entfernt. Iraks Saddam Hussein ist ein kürzliches Beispiel. Der Zorn gegen die britische Herrschaft in Irland entlud sich noch 1966 in der Schleifung der Nelson Säule im Herzen von Dublin durch eine Splittergruppe der IRA.
Auch der politische Protest der englischen Suffragetten richtete sich gegen Kunstwerke: Goyas nackte "Rokeby Venus" wurde 1914 in der National Gallery mit einem Fleischermesser attackiert und in Manchester war ein Jahr zuvor eine Gruppe von präraffaelitischen Frauenporträts das Ziel des Zorns von drei jungen Radikalen. Attacken von entrüsteten Kunstliebhabern gegen verhasste Werke werden an drei Beispielen gezeigt: ein ungarischer Emigrant zerstörte 1953 in der Tate Gallery den Entwurf von Reg Butler für ein Denkmal für den Unbekannten Soldaten, eine Frau schüttete 1969 Terpentin auf eine von Alan Jones zu einem Stuhl umfunktionierte halbnackte Frauenplastik, und Carl Andrés Skulptur "Equivalent VIII" wurde, nachdem sich die Presse über sie als "ein Haufen Ziegel" lustig gemacht hatte, 1976 mit Farbe bespritzt.
Viele heutige Künstler kehren Zerstörung dagegen ins Positive. In einer spektakulären Aktion ließ Michael Landy 2001 seine sämtlichen Besitztümer durch einen industriellen Fleischwolf drehen, die Brüder Jake und Dinos Chapman beschmierten Porträts wohlhabender Bürger des 19. Jahrhunderts mit frechen Graffiti und Mark Wallinger zeigt in seinem Video "Via Dolorosa" das Ende eines Christus-Films von Franco Zefirelli, doch ein riesiges schwarzes Rechteck verdeckt 90 Prozent des Bildes.
Die Schau versucht, diese unterschiedlichen Spielarten von Bilderstürmerei unter einen Hut zu bringen. Vergeblich, denn die Verstümmelung des toten Christus hat wenig zu tun mit dem Zynismus der Brüder Chapman. Dass sie drei Ausstellungen in eine zwängen, scheint den Kuratoren klar zu sein - jedem der drei Themenkreise ordnen sie eine Raumfarbe zu.
Ein zeitgenössischer Bilderstürmer verdient es, besonders hervorgehoben zu werden, denn seine Arbeit schlägt einen Bogen zurück zu den Eiferern der Reformation. In seiner 2002 entstandenen Serie "Blinde Stars" schnitt der Schotte Douglas Gordon Fotos von Hollywoodstars die Augen heraus und ersetzte sie durch weißes oder schwarzes Papier, um - wie die Puritaner - zu verhindern, dass das Bild den Betrachter anschaut.
Art Under Attack. Tate Britain. 2. Oktober 2013 bis 5. Januar 2014.
Die Performance war Teil des von dem deutschen Emigranten Gustav Metzger 1966 in London initiierten Festivals für autodestruktive Kunst - die Kunst ist am Ende ihrer Reise angelangt, so Metzgers These, und nur durch Zerstörung kann sie sich wieder erneuern - eine Art des Bildersturms.
Die Geschichte der britischen Bilderstürmerei nahm aber seinen Anfang in der Reformation. König Heinrich VIII. hatte sich von der Katholischen Kirche getrennt und seinen Untertanen eine ganz eigene Art des Protestantismus verordnet. Die gewaltsame Auflösung sämtlicher Klöster ging Hand in Hand mit der systematischen Zerstörung von religiöser Kunst in den Kirchen des Landes - Altarbilder, Skulpturen, Glasfenster. Die Statue eines liegenden toten Christus ist besonders anrührend - Hände und Füße sind abgehackt, um die Wunden zu entfernen, lediglich die Wunde über dem Herzen ist noch zu sehen. Axthiebe bezeugen, dass auch sie ausradiert werden sollte. Oft wurden auf Altarbildern den Heiligen auch die Augen ausgekratzt, sie sollten mit den Gläubigen nicht kommunizieren.
Bis ins 17. Jahrhundert wurde der religiöse Puritanismus immer engstirniger. Vom Staat bezahlte Bilderstürmer reisten von Kirche zu Kirche, einer von ihnen führte Buch: Allein in einer Kirche zerstörten er und seine Helfer 150 Objekte. Eine Darstellung der Kathedrale von Canterbury von 1657 zeigt eine völlig leere, schmucklose Kirche, Männer hacken mit Äxten auf die Glasfenster ein.
Auch aus politischen Gründen griff man zur Bilderstürmerei - Darstellungen von unliebsam gewordenen Potentaten wurden entfernt. Iraks Saddam Hussein ist ein kürzliches Beispiel. Der Zorn gegen die britische Herrschaft in Irland entlud sich noch 1966 in der Schleifung der Nelson Säule im Herzen von Dublin durch eine Splittergruppe der IRA.
Auch der politische Protest der englischen Suffragetten richtete sich gegen Kunstwerke: Goyas nackte "Rokeby Venus" wurde 1914 in der National Gallery mit einem Fleischermesser attackiert und in Manchester war ein Jahr zuvor eine Gruppe von präraffaelitischen Frauenporträts das Ziel des Zorns von drei jungen Radikalen. Attacken von entrüsteten Kunstliebhabern gegen verhasste Werke werden an drei Beispielen gezeigt: ein ungarischer Emigrant zerstörte 1953 in der Tate Gallery den Entwurf von Reg Butler für ein Denkmal für den Unbekannten Soldaten, eine Frau schüttete 1969 Terpentin auf eine von Alan Jones zu einem Stuhl umfunktionierte halbnackte Frauenplastik, und Carl Andrés Skulptur "Equivalent VIII" wurde, nachdem sich die Presse über sie als "ein Haufen Ziegel" lustig gemacht hatte, 1976 mit Farbe bespritzt.
Viele heutige Künstler kehren Zerstörung dagegen ins Positive. In einer spektakulären Aktion ließ Michael Landy 2001 seine sämtlichen Besitztümer durch einen industriellen Fleischwolf drehen, die Brüder Jake und Dinos Chapman beschmierten Porträts wohlhabender Bürger des 19. Jahrhunderts mit frechen Graffiti und Mark Wallinger zeigt in seinem Video "Via Dolorosa" das Ende eines Christus-Films von Franco Zefirelli, doch ein riesiges schwarzes Rechteck verdeckt 90 Prozent des Bildes.
Die Schau versucht, diese unterschiedlichen Spielarten von Bilderstürmerei unter einen Hut zu bringen. Vergeblich, denn die Verstümmelung des toten Christus hat wenig zu tun mit dem Zynismus der Brüder Chapman. Dass sie drei Ausstellungen in eine zwängen, scheint den Kuratoren klar zu sein - jedem der drei Themenkreise ordnen sie eine Raumfarbe zu.
Ein zeitgenössischer Bilderstürmer verdient es, besonders hervorgehoben zu werden, denn seine Arbeit schlägt einen Bogen zurück zu den Eiferern der Reformation. In seiner 2002 entstandenen Serie "Blinde Stars" schnitt der Schotte Douglas Gordon Fotos von Hollywoodstars die Augen heraus und ersetzte sie durch weißes oder schwarzes Papier, um - wie die Puritaner - zu verhindern, dass das Bild den Betrachter anschaut.
Art Under Attack. Tate Britain. 2. Oktober 2013 bis 5. Januar 2014.