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Dreidimensional ins Wohnzimmer

Technik. - Dreidimensional ist das große Thema auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Nahezu jeder Hersteller hat inzwischen ein 3D-Gerät im Programm, das allerdings immer noch eine Spezialbrille erfordert. Ob dazu Alternativen in Sicht sind, beantwortet der Wissenschaftsjournalist Manfred Klobier unter anderem im Gespräch mit Ralf Krauter.

03.09.2010
    Krauter: Herr Kloiber, dass das Fernsehen die dritte Dimension erkunden will, das hat man auch schon im vergangenen Jahr auf der Ifa öffentlichkeitswirksam kundgetan, was hat sich denn nun Neues ergeben?

    Kloiber: Sie sind marktreif geworden. Letztes Jahr haben wir Geräte gesehen, die waren riesengroß, fantastische Bilder, aber man konnte sie nirgendwo kaufen. Jetzt kommen die Hersteller alle mit Geräten, wo mindestens ein Flaggschiff-Gerät, also die obere Preisklasse, 3D kann. Auch diese Geräte sind dann wirklich gut, und man hatte wirklich die Situation, dass man sich ein solches Gerät wirklich ins Wohnzimmer stellen kann, sich die Brillen aufziehen kann, und dann tatsächlich dreidimensional fernsehen kann.

    Krauter: Die Effekte sind ja teilweise recht beeindruckend, aber der Haken dabei, Sie habe es schon erwähnt, ohne die klobigen Brillen sieht man bislang nichts räumliches. Wie lang wird man die denn noch brauchen, um wirklichen 3D-Genuss zu erleben?

    Kloiber: Ich habe heute mit einem Experten des Heinrich-Hertz-Instituts für Nachrichtentechnik gesprochen, der meint, fünf bis zehn Jahre. Der Grund ist ja, die Augen brauchen zwei verschiedene Bilder um dann halt stereoskopisch sehen zu können. Und bislang ist es nur möglich, indem man das Sehen auf dem Bildschirm unterbricht für das eine und wechselseitig für das andere Auge, so dass jedes Auge ein getrenntes Bild bekommt. Es gibt allerdings so genannte autostereoskopische Displays, die machen das über eine Linsenraster-Optik. Dass man durch unterschiedliche Blickwinkel beiden Augen unterschiedliche Bilder anbieten kann. Die funktionierte bislang immer nur aus einer bestimmten Positionen: beim 1,5-Meter-Bildschirm aus 3,5 Meter Entfernung, wenn man ziemlich genau davor stand, und für mehrere Leute war es auch ein bisschen schwierig. Jetzt ist man so weit, dass man die Augen verfolgen kann, beziehungsweise den Kopf. Das nennt sich "head tracking", und dann kann zumindest ein Kopf vor diesem Display auch näher rangehen, sich frei bewegen. Und die Bildinhalte werden so gesteuert, dass der immer zwei Bilder, also stereo sehen kann. Und fünf oder zehn Jahre weiter, so die Hoffnung der Forscher, dann ist man soweit, dass man das gleich mit mehreren Köpfen machen kann, und mit mehreren Bildern, die eben für diese mehreren Köpfe der Mattscheibe präsentiert werden. Das ist allerdings enorme Rechenleistung, die da aufgebracht werden muss, weil die Bilder tatsächlich für jeden Kopf extra gerechnet werden müssen.

    Krauter: Theoretisch könnte auch jeder einen anderen Film sehen, wenn man zeitgleich auf dem Sofa sitzt?

    Kloiber: Ja, genau. Das ist ja auch die Technik dieser Wackelbilder, dieser Postkarten, die man kennt, mit den Prismenscheiben davor, da kann man auch zwei ganz unterschiedliche Bilder drauf machen, das spielt keine Rolle, was man da macht. Aber die Technik ist sehr, sehr aufwändig und es wird noch ein bisschen dauern, bis das wirklich marktgängig ist.

    Krauter: Verbesserte Wiedergabetechnik ist das eine. Was bisher ja auch noch Mangelware ist, sind Filme in 3D. Ist denn da schnell mit Abhilfe zu rechnen?

    Kloiber: Ich glaube schon, denn die können sie sich jetzt selber machen. Es gibt mittlerweile, auch marktreife Produkte, 3D-Kameras: Unterschiedliche Spielarten, einmal Kameras, die einfach doppelt sind, wo wirklich zwei Kameras drauf sind, und wo die Objektive, und das ist ganz wichtig: die Optik muss synchronisiert sein. Die andere Variante, und das ist die preiswerte: das sind einfach nur Optiken, die auf eine normale Kamera gesetzt werden, und die dann zwei Bilder aufnehmen, die zusammenspiegeln und dann quetschen und auf den Bildschirm projizieren. Das muss man dann später wieder auseinanderrechnen, beziehungsweise mit einer Optik auseinanderziehen. Aber es funktioniert, solche Kameras sind jetzt auch auf dem Markt.

    Krauter: Wobei der Preis vermutlich der ist, dass die Auflösung kleiner wird?

    Kloiber: Die Auflösung wird kleiner. Was ich auch gesehen habe, und das hat mich auch fasziniert, weil es wirklich neu war: ein Fernsehgerät, das aus 2D 3D machen kann, was also interpolieren kann aus herkömmlichem Material jetzt 3D machen kann, künstlich hochgerechnet, aber das sah fantastisch aus, sogar mit Luftaufnahmen vom Schloss Neuschwanstein, also das war schon ordentlich.

    Krauter: Abschließende Frage: Herr Kloiber, dass die großen Konzerne das große Geschäft wittern, das wundert nicht. Wie kommt der ganze 3D-Hype denn bei den Zuschauern an?

    Kloiber: Ja, die sind noch ein bisschen skeptisch, und es gibt einige Leute, die sagen: ich habe mir das lange angeschaut, zum Beispiel 30 Minuten, und dann habe ich fürchterliche Kopfschmerzen bekommen. Also da muss man noch ein bisschen achten, wie die Leute es tatsächlich aufnehmen können, wie man sich dran gewöhnt.