Mittwoch, 31. Mai 2023

Archiv


Dresden fürchtet die Vogelpest

Biologie. - Aufregung im Dresdener Zoo: ein drei Monate alter Trauerschwan starb durch das Vogelgrippe-Virus H5N1. Eigentlich zieht ein solcher Fall nach EU-Regeln die Keulung der bis zu 800 teils sehr seltenen Vögel obligat nach sich. Allerdings erbrachten erste Tests keinen Befall von Zoo-Tieren. Die Tierseuchenexpertin Gerlinde Schneider vom sächsischen Gesundheitsministerium erläutert die Lage im Gespräch mit Gerd Pasch.

07.08.2006

    Gerlinde Schneider: Nach der Feststellung der Geflügelpest, also dem Nachweis des hochpathogenen Typs des H5N1-Influenzavirus bei diesem Schwan aus dem Bestand des Zoos haben wir zwei Gebiete geregelt. Das eine sind die Restriktionsgebiete, die wir gehalten sind, auch in so einem Fall, ähnlich bei der Wildvogel-Geflügelpest, festzulegen. Das ist also der Sperrbezirk mit drei Kilometern und das Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern, die sich beide damit innerhalb des Bereiches der Stadt Dresden befinden. Gemaßregelt werden dort hauptsächlich die Geflügelhalter, die dort ansässig sind und ihre Tiere dort aufstallen müssen.

    Pasch: Was ist denn mit den Tieren im Zoo?

    Schneider: Das ist der zweite Bereich. Im Zoo mussten wir natürlich auch Schutzmaßnahmen treffen, zum einen, um die Vögel untereinander vor Infektionen zu schützen, und zum zweiten auch Besucher vor einem möglichen Übertrag des Virus zu schützen. Wir haben im Zoo als erstes die Aufstallung oder die möglichst schnelle Aufstallung aller Vögel verfügt. Des Weiteren haben wir verstärkte Desinfektionsmaßnahmen an den Eingängen zu den Vögelhäusern und ähnliches etabliert. Und es gibt im Zoo Dresden ein begehbares Vogelgehege, das so genannte Tundragehege, wo Besucher durchlaufen können und sich Vögel drin befinden. Das wurde für Besucher geschlossen. Des Weiteren haben wir angefangen mit umfangreichen Untersuchungen der Vögel aller Arten im Zoo. Die Proben sind am Wochenende in der Landesuntersuchungsanstalt einer Untersuchung unterzogen worden. Bislang haben wir eigentlich nur negative Ergebnisse.

    Pasch: Sie sagen, es gibt keine weiteren Infektionsfälle, aber da war ja diese Reiher-Ente?

    Schneider: Ja, die Ente ist abgeklärt, die Reiher-Ente ist eindeutig negativ.

    Pasch: Welche Möglichkeit haben Sie genutzt, um auch die anderen Vögel schnell zu untersuchen?

    Schneider: Überwiegend wurde dazu im Zoo die Aufstallung genutzt. Wir haben sowohl Kloakentupfer genommen, Trachealtupfer, wenn die Tiere sich handhaben lassen. Wir haben natürlich auch Kotproben genommen von frisch abgesetztem Kot, um auch insbesondere die Wildvogelpopulation - Wildvögel haben Sie in jedem Zoo, sofern Gewässer da sind - befundet zu bekommen. Die Ergebnisse dazu haben wir noch nicht alle vorliegen. Die Vögel sind auch noch nicht alle beprobt, aber von vielleicht einem Drittel haben wir die Befunde und die sind alle negativ. Fakt ist, dass die Vögel - es sind 700 bis 800 Vögel, die sich im Besitz des Zoos befinden - einen ungeheuren Wert darstellen. Es gibt viele, wo es nur noch ganz wenige Paare weltweit gibt. In diesem Sinne wäre es natürlich weit verheerender, wenn man eine Tötung anordnen müsste. Es hätte also nicht nur finanzielle Folgen, sondern auch artenschutzrechtliche und züchterische.

    Pasch: Gibt es denn eine Alternative dazu, denn die Vögel im Zoo sind ja nicht zum Verzehr, nicht für die Nahrungsmittelproduktion vorgesehen? Können Impfungen helfen?

    Schneider: Alternativen in Form einer Impfung wären möglich. Es gibt aber bis heute, und das wissen Sie sicher, keinen zugelassenen Impfstoff für diese Infektion mit dem H5N1-Virus. Es gibt andere Impfstoffe, zum Beispiel auf H5N2-Basis und ähnliches. Die bieten aber keinen absoluten Schutz und die bisherigen Erkenntnisse zu Impfungen bei Zoovögeln, wie sie in den Niederlanden oder auch in anderen Mitgliedstaaten bisher erfolg sind, sind nicht so befriedigend, dass man sagen könnte, die Impfung würde jetzt alle unsere Vögel schützen. Bei manchen wird gar keine Immunität ausgebildet, es nicht ausgeschlossen, dass sich das Feldvirus, das H5N1, dann doch unter der Impfdecke entwickelt wird, die Vögel infiziert und das Virus weitergegeben wird.