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Dreyer: Amazon soll über Tarifvertrag verhandeln

Bei Amazon stehen die Zeichen auf Streik. Die Angestellten am Standort Koblenz erhalten dabei Unterstützung aus der Landespolitik. Regierungschefin Malu Dreyer fordert im Vorfeld den Konzern auf, mit den Gewerkschaften über einen Tarifvertrag zu verhandeln.

Von Ludger Fittkau | 30.04.2013
    "Wir kämpfen und kämpfen und kämpfen."

    "Das das Werk weiter bestehen kann, die Hoffnung habe ich auf jeden Fall noch, dass das Werk weiterbestehen kann."

    "Und auf einmal wird dann in den Raum geworfen, dass der Laden zugemacht wird."

    Arbeiter des Thyssen-Krupp-Werkes Rasselstein in Neuwied bei Koblenz kämpfen um den Erhalt ihres Werkes. Der Konzern will es schließen, weil er aus Kostengründen bundesweit rund 2000 Arbeitsplätze abbauen will. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wird morgen bei der 1. Mai-Demo in Koblenz den Arbeitern des 250 Jahre alten Traditionsunternehmens in Neuwied Mut zusprechen:

    "Also die Firma Rasselstein in Neuwied, die ist tatsächlich das älteste Werk von Thyssen Krupp und dieses Werk ist trotzdem sehr effektiv und sehr modern aufgestellt. Es gibt noch keinen Beschluss zur Schließung, es wird gekämpft auf allen Ebenen, aber man muss auch hier sagen, dass die Unternehmensleitung sich auch auf Gespräche einlässt und da hoffe ich doch sehr, dass betriebswirtschaftliche Argumente am Ende zu dem Ziel führen, dass das Werk erhalten werden kann."

    Thyssen-Krupp verhandelt mit den Gewerkschaften, der Internet-Händler Amazon hingegen offiziell nicht. Deshalb beginnen in den nächsten Tragen Streikaktionen an den Amazon-Standorten Bad Hersfeld und Leipzig. Die Gewerkschaft ver.di will mit den Arbeitsniederlegungen Verhandlungen über einen Tarifvertrag durchsetzen. Es gibt die Befürchtung, dass Koblenz und andere Amazon-Standorte in Deutschland vom Unternehmen dazu eingesetzt werden, um dem Streik die Wirkung zu nehmen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer schließt nicht aus, dass sie in diesem Fall persönlich an einer Protestaktion gegen Amazon in Koblenz teilnehmen wird:

    "Das will ich jetzt im Moment nicht zusagen, weil ich immer noch hoffe, dass man sich einigt zwischen Amazon, der Geschäftsleitung und der Gewerkschaft ver.di. Aber es wäre auch nicht das erste Mal, das ich bei Unternehmen, die in bestimmten Krisensituationen sind, auch persönlich auftauche. Das ist für mich auch selbstverständlicherweise möglich."

    Auch der rheinland-pfälzische DGB-Landesvorsitzende Dietmar Muscheid appelliert an Amazon, endlich mit ver.di in offizielle Verhandlungen über einen Tarifvertrag einzutreten:

    "Denn die Sozialpartnerschaft in Deutschland funktioniert und auch ein ausländisches Unternehmen muss sich in Deutschland an die deutschen Spielregeln halten. Ich kann den Amazon-Verantwortlichen nur empfehlen: Redet mit den Gewerkschaften, lasst Betriebsräte zu und regelt die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen vernünftig. Das ist gut für die Beschäftigten und perspektivisch auch gut für das Unternehmen."

    Malu Dreyer sagt:

    "Ja ich denke, Amazon hat einfach eine ganz andere Haltung zum Thema Sozialpartnerschaft. Und das ist sehr schade aus meiner Sicht. Ich bin sehr froh, dass jetzt der Koblenzer Betriebsrat auf dem Weg ist. Da wird ja ein Betriebsrat gegründet. Aber wir spüren schon, dass Unternehmen zum Beispiel mit amerikanischem Hintergrund diese Kultur sehr fremd ist. Nichtsdestotrotz müssen wir da dran bleiben, denn das hat Deutschland auch sehr stark gemacht und wir wollen diese Sozialpartnerschaft auch in Zukunft."

    Zum 1. Mai hat die erklärte Feministin Malu Dreyer schließlich nicht nur Forderungen an Konzerne wie Amazon oder Thyssen Krupp, sondern auch eine Botschaft an die Gewerkschaften: Frauen, fordert die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, müssen in den Chefetagen der Arbeitnehmerorganisationen künftig noch stärker vertreten sein als bisher:

    "Natürlich, die großen Gewerkschaften kommen ja aus den großen Industriebetrieben, wo vorwiegend ja vor allem Männer gearbeitet haben. Insofern hat die Gewerkschaft, was Frauen und Männer, angeht noch Nachholbedarf. Aber ich glaube, dass die Gewerkschaften das inzwischen auch erkannt haben. Und wir drängen auch darauf, dass auch in den Spitzen der Gewerkschaften auch mehr Frauen vertreten sind. Ich denke, das ist in dieser Zeit auch angemessen. Wir haben es inzwischen mit so vielen anderen Branchen zu tun, wo es eben nicht nur männliche Arbeitnehmer gibt, sondern eben auch weibliche Arbeitnehmerinnen und deshalb ist es gut, wenn sich die Gewerkschaft auch da noch etwas stärker auf den Weg macht."