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Drogenkonsum an Unis nimmt zu

Dass Studierende gerne feiern, ist bekannt. Die Gründe scheinen auf der Hand zu liegen: Die meisten stehen zum ersten Mal auf eigenen Beinen und können tun und lassen, was sie wollen. Doch die Freiheit hat auch ihre Schattenseiten: an deutschen Unis grassiert eine Haschwelle.

    Ein Beitrag von Frank Müller

    Ebenfalls total angesagt an den Hochschulen: sogenanntes Rauschtrinken. Ein Zehntel aller Studierenden gibt an, seit Beginn des Studiums mehr zu trinken als vorher. In Würzburg läuft in dieser Woche ein Kongress zum Thema "Suchtprävention an Hochschulen".

    Für die Universität Würzburg ist festzustellen, dass hier kaum Leute auftauchen, die Probleme haben.

    Martin Bielawski sollte es wissen: Er ist Student der Politikwissenschaft und zugleich Sprecherrat an der Würzburger Uni. Hochschule und Drogen – das passt eigentlich nicht. Schließlich wird hier unter Hochdruck gelernt. Und genau da liegt das Problem. Obwohl er persönlich niemanden kennt, kann sich Bielawski vorstellen, dass Stress einige Studierende in die Sucht treibt:

    Man steht unter Leistungsdruck. Da ist die Gefahr schon da in eine Sucht reinzukommen. Man muss auf den Punkt fit sein, man muss jetzt die Sachen können und wenn man versagt, hat man ein Problem für die Zukunft. Da kann es natürlich passieren, dass man keinen anderen Ausweg sieht, als zu Tabletten zu greifen oder sich Abends die Kante zu geben.

    Fast ein Viertel aller männlichen Studenten säuft laut einer Studie der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln regelmäßig bis zum Umfallen, bei den Frauen sind es immerhin knapp sieben Prozent. Für Professor Jobst Böning, Suchtexperte an der Uni Würzburg, ist das nicht nur ein "deutsches" Problem:

    Es ist ein gesellschaftliches Problem: Das sind Modewellen, die durch ganz Europa gehen. Früher war das Aggression gegen das Establishment. Heute ist es eher ein exzessives Ausloten der eigenen Grenzen – beispielsweise auch bei den Extremsportarten, die teilweise ja auch süchtigen Charakter haben und manchmal sogar tödlich ausgehen.

    Aber auch die Trinkversuche enden manchmal tödlich: In Amerika – der Hochburg des so genannten "binge drinking", das heißt "Trinken bis zum Umfallen" – starb ein 20-jähriger Student nach einem Kampftrinken. Aber nicht nur Alkohol ist wieder "in":

    Was wieder im Kommen ist, der Konsum von stimulierenden Medikamenten: Amphetaminen, und auch wieder eine neue Haschischwelle. Das hat nichts mit ideologischen Gründen zu tun, wie vor 20 Jahren. Vielmehr geht es um eine moderne Konsum- und Erlebnishaltung.

    Die Folgen für das Studium sind natürlich fatal:

    Wenn acht Prozent der Studierenden regelmäßig Haschisch nehmen, sind ihre kognitiven Leistungen natürlich beeinträchtigt. 20 Prozent aller Studenten geben ja an, öfter mal mit einem dicken Kopf oder eben gar nicht in die Vorlesung zu gehen.

    In erster Linie ist das natürlich ein Problem der Betroffenen. Dr. Elisabeth Wienemann von der Uni Hannover befürchtet aber auch Spätfolgen:

    Die Hochschule bildet ja künftige Führungskräfte aus. Viele der heute Studierenden gehen in Berufsfelder, wo sie Führungskräfte sind und als Führungskräfte sollten sie mehr über das Suchtgeschehen wissen.

    Aber die Prävention an deutschen Unis ist allenfalls mangelhaft. Zwar hat jede vierte Hochschule eine eigene Suchtberatung, die ist aber meist nur für die Beschäftigten zuständig. Außerdem ist das Thema "Sucht" wie in der ganzen Gesellschaft ein Tabu:

    Man schaut lieber mal weg und ignoriert. An der Uni gibt es kaum spezielle Aktionen. Es gibt zwar vom Studentenwerk eine Suchtbeauftragte, die kümmert sich aber vor allem darum, dass beispielsweise in der Mensa keine Zigaretten- oder Alkoholwerbung betrieben wird.

    Vorbildlich sind da die nordeuropäischen Länder: Hier existiert an den Unis eine Art Netzwerk für Gesundheits-Management. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Suchtprävention. Das kostet natürlich Geld. Aber es gäbe auch billigere Möglichkeiten, die schnell zu verwirklichen sind:

    Es wäre toll, wenn alle Lehrenden an der Hochschule das Know-how hätten und dieses einfließen lassen könnten. Zum Beispiel bei Prüfungsvorbereitungen: Was sind Stresssituationen und wie kann ich mir Unterstützung holen?

    Ob die Studierenden, dass dann auch hören wollen, wird sich herausstellen. Gerade einmal fünf Prozent haben laut Studie schon mal daran gedacht, vielleicht alkoholabhängig zu sein.

    Informationen über das Thema Sucht gibt es im Internet unter www.addiction.de