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Drohanrufe bei Parteimitglied
SPD erstattet Strafanzeige

Sozialdemokraten, die sich kritisch zur großen Koalition geäußert haben, wurden offenbar am Telefon eingeschüchtert - unter der Nummer der Berliner Parteizentrale. Die Parteispitze kann sich die Anrufe nicht erklären und erstattet Strafanzeige.

05.12.2013
    Andrea Nahles
    Andrea Nahles will Aufklärung (dpa / picture alliance / Wolfgang Kumm)
    Als "kriminellen Akt" verurteilt Andrea Nahles das Geschehen. In der SPD gebe es keinen Platz für Drohanrufe, schreibt die Generalsekretärin in einem Brief an einen Parteifreund, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Parteizentrale hat nun eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Berliner Staatsanwaltschaft erstattet.
    Was ist geschehen? Kritische SPD-Mitglieder sollen in den vergangenen Tagen Anrufe von einem Mann erhalten haben, der sich als Mitarbeiter Nahles ausgab. Am Telefon drohte er ihnen Konsequenzen für ihre Karriere an, falls sie bei der Mitgliederbefragung über die große Koalition mit Nein stimmen sollten, wie "stern.de" und "Zeit online" berichteten.
    "Du hast doch schließlich Ambitionen"
    Einer der Betroffenen war Fabian Verch. Der Vorsitzende der SPD Bruchsal hatte sich vor einigen Tagen in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" gegen eine Große Koalition ausgesprochen. Der Anrufer habe sich als Mitarbeiter des Büros von Nahles vorgestellt und ihn aufgefordert, schleunigst öffentlich machen, dass er seine Meinung geändert habe und bei der Mitgliederbefragung für Schwarz-Rot stimme, sagte Verch "stern.de".
    Der Mann habe ihm gesagt: "Du hast doch schließlich auch noch Ambitionen in der Partei." Danach habe er angekündigt, sich am nächsten Tag noch einmal zu melden. Als das nicht geschah, beschwerte sich der Politiker per Mail bei Nahles.
    SPD geht von technischer Manipulation aus
    SPD-Sprecher Tobias Dünow bestätigte nur einen Fall. Den Medienberichten zufolge wurden aber mehrere Juso-Mitglieder am Dienstag unter einer Telefonnummer des Berliner SPD-Bundesvorstandes angerufen. Wer der Mann war und wie ihm dies gelingen konnte, ist bislang völlig unklar.
    In der Parteizentrale wird es für unwahrscheinlich gehalten, dass sich der Anrufer in das Telefonsystem des Willy-Brandt-Hauses gehackt hat. Damit müsste die Nummer, die bei den Anrufen zu sehen war, durch eine andere technische Manipulation auf dem Display erschienen sein.
    Den Berichten zufolge prüft der SPD-Vorstand rechtliche Schritte und behält sich eine Anzeige vor. "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung, wie die Person, die Dich angerufen hat, dies über eine Telefonnummer des Willy-Brandt-Hauses machen konnte", schrieb Nahles in einer E-Mail an Verch. Jemand, der zu solchen Methoden greife, gehöre nicht zur sozialdemokratischen Familie. "Vielmehr ist das meiner Ansicht nach ein krimineller Versuch, der SPD zu schaden."